[292] 668. Das Goldfrächen bei Konsdorf.

A. In dem Walde Goldkaul bei Konsdorf geht ein feines, in weiße Kleider eingehülltes Weibchen um. In ihrem Munde trägt sie einen goldenen Schlüssel, vermittelst dessen sie einen großen Schatz versperrt. Sie muß so lang mit diesem Schlüssel im Munde erscheinen, bis eine beherzte Person, die von jeder schweren Schuld frei ist, mit ihrem eigenen Mund ihr den Schlüssel aus dem Munde nimmt. Ihr Erlöser erhält dann alle hinter Schloß und Riegel wohl verwahrten Schätze.


B. In dem nunmehr verfallenen Schloß, das in uralter Zeit auf Burgkopf bei Konsdorf stand, lebte die verwitwete Burgfrau mit ihrer einzigen Tochter. Diese war gar bösen Gemüts und forderte, noch ehe sie großjährig geworden und weil sie sich vermählen wollte, ihr Erbteil in klingendem Golde. Durch beständiges Keifen und Lästern brachte sie die Mutter so weit, daß diese die Tochter samt ihrer Kiste voll Gold verfluchte.[292] Der Fluch ging in Erfüllung und das Dorf Konsbrück (ehemaliges, nächst Konsdorf gelegenes Dorf) versank mit der bösen Tochter. Dort haust sie nun und wird von einem Drachen bewacht. Um Mitternacht entsteigt die Schattengestalt der unglücklichen Jungfrau bei Vollmondschein der Goldkaul, schwebt von Baum zu Baum und ruft nach Erlösung. Aber nur wer im Stande der Gnade ist, darf es wagen, den Schlüssel der Kiste aus dem Rachen des Drachen zu reißen und so die Jungfrau zu erlösen.


J. Engling, Manuskript, 53


C. Das Goldfrächen ist ein altes Fräulein von Schloß Heringen im Müllerthal, das von ihrer Mutter in einen Felsen, die sogenannte »Goldkaul«, verwünscht worden ist. Das Goldfrächen trägt glänzende Kleider und ihre silberweißen Haare reichen bis auf die Schenkel. Alle sieben Jahre erscheint sie an einem unbestimmten Tage, um erlöst zu werden. Sie hat eine mit Geld angefüllte Kiste, welche mit einem starken Schloß versehen ist. Auf dieser Kiste lauert eine Schlange mit einem goldenen Schlüssel im Maul. Wenn nun irgendein Sonntagskind diesen Schlüssel mit seinem Mund aus dem Maul der Schlange nimmt, so ist das Goldfrächen erlöst und er führt sie zum Lohn mit allen Reichtümern als Braut heim.


Lehrer N. Schmit

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 292-293.
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