[358] 777. Die geschundene Leiche des Schloßherrn von Simmern.

Auf der Burg zu Simmern lebte ein geiziger Schloßherr. Zu diesem kam ein armer Mann und flehte um Korn, damit er Brot für seine Familie habe. Der Schloßherr gab ihm einen Sester Korn unter der Bedingung, daß er nach seinem Tode eine Nacht auf seinem Grabe wache. Nachdem das Korn verzehrt war, erschien der arme Mann wieder vor dem Schloßherrn und erhielt einen zweiten Sester Korn, mußte aber versprechen, eine zweite Nacht bei seinem Grabe Wache zu halten. Auch einen dritten Sester erhielt er für eine dritte Nachtwache am Grabe. Da wurde der Schloßherr vom Schlag gerührt und in der Kirche begraben. Der arme Mann ging zum Pfarrer um denselben über die eingegangene Verpflichtung zu befragen. »Du mußt dein Versprechen halten,« sagte der Pfarrer, gab dem Mann einen Stock in die Hand und machte einen Kreis beim Grabe, den der Mann während der Nacht nicht verlassen sollte.

Da erschienen drei Männer um Mitternacht, öffneten das Grab, zogen den Toten hervor und begannen, ihm die Haut abzuziehen, indem sie bei den Füßen anfingen. Als sie die Haut zum dritten Teile abgezogen hatten, legten sie den Leichnam wieder in die Gruft, deckten alles zu, wie es gewesen war, und verschwanden. In der zweiten Nacht zogen sie die Haut ab bis zur Brust und in der dritten vollendeten sie ihr Werk. Als sie die Haut über den Kopf zogen, fiel dieselbe in den Kreis, in dem sich der Mann befand. »Gib uns die Haut«, riefen die drei, aber erst bei der dritten Aufforderung warf der Mann mit dem Stock die Haut aus dem Kreis. Da sagte der eine der drei Männer: »Jetzt nehme ich die Haut und gehe in das Schloß ›jeizen‹ (schreien) und Lärm machen, dann meinen die Leute, der Tote komme wieder.«

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 358.
Lizenz:
Kategorien: