[366] 796. Der Grauenstein bei Grevenmacher.

Der Grauenstein, früher ein großer Steinblock, jetzt in mehrere kleine zerteilt, liegt auf einer Anhöhe, dicht am Weg von Grevenmacher nach Manternach. Auf dessen Oberfläche sieht man viele von Wind und Regen entstandene Vertiefungen, die Tiertritten mehr oder weniger ähnlich zu sein scheinen. Dieser Grauenstein soll, einer alten Sage zufolge, vom Teufel an diese Stelle gebracht worden sein.

Einst ward dem Satan berichtet, man baue in Trier ein Lusthaus, das ihm besonders geweiht werden sollte. Darüber erfreut, nahm der Böse einen sehr schweren Stein auf eine Hotte, den er der Mosel entlang selbst nach Trier tragen wollte, damit derselbe als Grundstein zu dem neuen Gebäude verwandt würde. In der Gegend von Grevenmacher angekommen, wurde ihm von einem Reisenden mitgeteilt, man habe ihn prellen wollen, denn[366] der neue Bau zu Trier werde nicht ein Lusthaus, sondern eine Kirche und zwar ein Dom. Darüber ergrimmt, trug der gefoppte Teufel den Stein mitten durch die Stadt hinauf auf den Berg, wo er noch heute zu sehen ist. Ehe er von demselben wegging, tanzte er wie wütend darauf. Die auf dem Stein sichtbaren Vertiefungen werden von jedermann als Tritte bezeichnet, die der Teufel beim Tanzen hineingedrückt habe. Weil es dem nächtlichen Wanderer beim Vorübergehen an diesem Steine unwillkürlich graute, nannte man denselben Grauenstein, welchen Namen später der ganze Berg erhielt.

Andere erzählen: Die Teufel sollten ein Haus zu Trier bauen. Ein Teufel ging eine Wette ein, um zwölf Uhr mittags mit einem großen Stein zu Trier zu sein. Als der Teufel auf der Heerstraße am Orte Grauenstein ankam, läutete zu Manternach die Mittagsglocke – zwölf Uhr und noch vier Stunden von Trier entfernt! Er warf den Stein zu Boden und tanzte drauf vor Ärger.

Nach andern sollen die Zeichen auf dem Grauenstein, die man als Spuren von des Teufels Fußtritten ansieht, daher rühren, daß der Teufel auf demselben vor Freude tanzte, als er eine arme Seele bekommen hatte.

Vorzeiten ging das Gerücht, unter dem Grauenstein liege Geld verborgen. Französische Veteranen glaubten das und sprengten den Stein, fanden aber nichts.

Auch spricht man von einer nächtlichen Erscheinung am Grauenstein, dem Grauensteinsmännchen, das dort oft gesehen worden sein soll. Noch heute ist man der Meinung, daß es dort spuke, und empfiehlt den Reisenden, sich nicht zu verspäten, um nicht von dem Grauensteinsmännchen überrascht zu werden.


Mitteilungen des Prof. N. van Werveke und

der Lehrer Wagner und Oswald

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 366-367.
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