XXXI. Die Schullehrerin.

[83] Es war einmal einer namens Gianni; der wollte eine staatlich Angestellte heiraten, weshalb man ihr immer eine Frau, die das[83] Verlöbnis zustandebringen sollte, nachsandte. Zuletzt fand er aus, dass das junge Mädchen in einer Schule sei, wo sie Unterricht erteilte. Nun sandte er ihr durch die Vermittlerin Briefe in Menge; aber sie erfuhr nichts davon.

Eines Tages stellte sich Gianni gegen 11 Uhr bei ihr ein und trat an sie heran; sie fragte ihn: »Wie spät ist's?« »Es fehlen noch drei Minuten an 11 Uhr!« antwortete er. Vittoria entliess darauf die Kinder aus der Schule; dann hielt sie seine Hand fest und sprach zu Gianni: »Was hast du da in deiner Hand?« Er versetzte: »Das ist weiter nichts: eine für dich und eine für mich!« Als dann alle Kinder die Schule verlassen hatten, feuerte er die Pistole auf Vittoria ab. Dann feuerte er auf sich selber und starb zu ihren Füssen. Die Leute sahen das Geschehene, und es gab grosse Aufregung. Man berichtete die Geschichte mit den beiden in der Zeitung und brachte es auch dem Auslande zur Kenntnis. Es entstand folgendes Gedicht über die beiden:

Die Schullehrerin und der feinste Herr von Birchircara (erlebten zusammen folgendes): er gab ihr drei Minuten Zeit und drückte dann die Pistole auf sie ab.

Quelle:
Stumme, Hans: Maltesische Märchen. Gedichte und Rätsel in deutscher Übersetzung, Leipziger Semitistische Studien, Band 1, Heft 5, Leipzig: J.C. Hinrichsche Buchhandlung, 1904, S. 83-84.
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