9. Der betrogene Satan.

[118] Zu Peist kam einmal der leibhaftige Satan eines Abends spät in ein Haus, in welchem eine Gesellschaft junger Burschen beisammen war. Er war anzusehen wie ein Fremder, der Herberge sucht, und gewann bald ihr Zutrauen. Sie luden ihn ein, am Schmause und Spiele mitzuhalten, was ihm ganz recht war, denn das hatte er gewollt. – Alles war fröhlich und guter Dinge, und der Fremde wurde immer zutraulicher. Zuletzt erbot er sich an, die ganze Zeche zu zahlen, wenn der Letzte, der die Stubenthür verlasse, mit Leib und Seele ihm fürder dienen wolle, zudem werde er gegen diese Bedingung Jedem Geld geben, daß er für immer dessen genug habe. –

Die Aeußerung des Fremden machte die Jungen gewaltig stutzig und sie sahen einander erschrocken an. Sie erkannten nun, mit wem sie zu thun hatten, und verwünschten den Augenblick, in dem er zu ihnen gekommen, wußten aber nicht, auf welche Weise wieder von ihm los zu werden; gutwillig ging er nicht und zwingen wollte Keiner ihn, zu gehen. – Das war schrecklich.

Es war aber Einer, der »kleine Peterli« genannt, unter ihnen, der war ein gar pfiffiger Bursche und immer der Erste der Gesellschaft. Was Peterli anzettelte, mußte gerathen, es mochte wollen oder nicht, und sein Wort war das der ganzen Knabenschaft. – Dieser Peterle rief lachend: »Du Grüner, das ist leicht, aber dabei kommst Du gewiß in Schaden, – also das Licht gelöscht, und der Letzte, der die Stube verläßt, geht mit Dir, basta!«

Das Licht wurde gelöscht und der Grüne stellte sich an die Stubenthüre, daß er den Letzten erfasse, der dann ihm gehören sollte.

Der Mond schien so hell und schön in die Stube, es war eine herrliche Nacht, und doch graute den Jungen vor dem Ausgang der fatalen Sache.

Nun richtete Peterle es so ein, daß das Loos ihn traf, der Letzte zu sein, was aber der Böse nicht bemerkte.

Bereits waren die Andern in Sicherheit, und eben wollte der Satan auf ihn losstürzen. Aber Peterle war nicht links, zeigte[119] lächelnd auf den von ihm gebildeten Schatten an der Wand und sagte: »Nu g'mach, döt isch mi Hinderma!«

Satan ließ ihn nun los und wollte über den vermeinten Hintermann sich hermachen, indeß Peterle das Original rettete.

Der Böse, den Betrug alsbald gewahrend, verließ unter Donner und Blitz den Ort und mochte mit den listigen Peistern im Fernern nichts mehr zu thun haben.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 118-120.
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