Das neugebackene Brod.

[31] Einmal ging eine arme Frau durch den Wald. Müde setzte sie einige Augenblicke auf einen Stein sich nieder; sie befand sich in gesegneten Umständen und war lüstern nach einem Stückchen neugebackenen Brodes. In ihrer Heimat, wo man nur einmal jährlich backt und darum das Brod gewöhnlich sehr hart ist, gehörte, wie auch heutzutage, neugebackenes Brod zu den Leckerbissen. – Sei es nun, daß sie ihre Lüsternheit laut werden ließ, sei es, daß eine Diale ihre Gedanken belauschte, als sie sich aufrichtete, um weiter zu gehen, duftete ihr der Geruch von neugebackenem Brode entgegen, und sie erblickte ein solches noch dampfend neben sich im Moose liegen.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 31.
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