16. Die Wetter-Hexen.

[159] Der Meßmer Math. Camenisch in Räzüns sollte einstens in St. Paul dortiger Gemeinde »zum Wetter« läuten, weil das Hochwasser von Cavriu herunter kam, und den Gottesacker zu überschwemmen drohte.[159]

Er klomm den steilen Kirchweg hinan; da vernahm er von der Höhe herab, wie die Hexen auf ihrem »Barlott« (Versammlung, Gesellschaft) mit einander eiferten: seduvrei, seduvrei avon che la piertga da Paul conta (lasset uns fertig machen, bevor die Sau von Paul singt, d.h. die Glocke von St. Paul in Räzüns erschallt).

Camenisch aber ging rüstig vorwärts, und läutete, wodurch er eben das Zerstörungswerk der Hexen unterbrach, und vernichtete.


Ein ander Mal wollten diese Hexen, als sie eben im Maiensäße Tschuncons (Fünf-Eck) oberhalb Räzüns, an der Heinzenberger-Grenze sich aufhielten, einen großen Steinblock, den sie bis dorthin geschleppt hatten, auf die weiter unten liegenden Güter und Ställe hinabrollen, aber auch dieses Mal wurden sie durch das Glockengeläute an ihrem bösen Vorhaben gehindert. Als sie wiederum d'ran wollten, fanden sie den riesigen Stein so weit in die Erde eingesunken oder eingesenkt, daß sie ihre vereinten Kräfte umsonst anwendeten, ihn von der Stelle zu bringen. –

Dieser Stein wird heute noch la Crap dellas Strias (der Hexen-Stein) genannt.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 159-160.
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