74. Die Pferdebohne

[377] Es war einmal ein Mann, der hatte eine Frau und eine Schwiegermutter und ein Feld besät mit Pferdebohnen. Als letztere reif waren, gingen sie alle drei, sie zu schneiden. Sie begannen zu arbeiten, die Jungen plauderten und sahen bald rechts, bald links, aber die arme Alte nahm sich eine Bohne in den Mund, drehte sie immer im Munde herum und arbeitete wie zwei bis gegen Mittag. Nur einmal sagte der Mann zu seiner Frau: »Du, he, wie sollen wir es gut machen, daß wir deine Mutter nach Hause schicken, sie ißt die Bohnen alle. Seit heute früh hat sie immer Bohnen im Mund.« – »Laß nur, wir sagen, sie solle nach Hause gehen, sie habe sich müde genug gemacht, könne kaum etwas zum Abendessen machen und nach dem Ferkel sehen.« So machten sie es. Als sie es der Alten sagten, antwortete diese: »Ich will gehen, ich soll nur diese Bohne ausspucken, ich habe sie seit diesem Morgen im Mund, daß sie ganz geweicht ist.« Als sie sie ausspuckte, war sie so weich, daß sie in zwei zersprang. Als ihr Schwiegersohn sah, daß sie nur eine einzige Bohne verdorben, daß sie aber gearbeitet so viel wie er und seine Frau zusammen, war es ihm so leid, daß er sie nach Hause geschickt, schämte sich aber, sein Wort zurückzunehmen.

Ana Iacob, Bägendorf[377]


Quelle:
Schullerus, Pauline: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal. Bukarest: Kriterion 1977, S. 377-378.
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