317. Das tote Schaf und das Zauberbuch.

[218] In einem Stall auf Golzer war es nicht geheuer. Jedesmal, wenn der Bauer durch die Rischi hinaufstieg, zog es ihn an Haar und Ohren hinauf. Einst fand er in diesem Gaden ein Buch. Er fing an, darin zu lesen, und merkte bald, dass er nun mehr könne als andere Leute. Endlich dachte er, morgen wolle er zur Beicht gehen und alles dem Beichtvater anvertrauen. Als er am Morgen noch in den Gaden ging, fand er den schönsten Bänz (Schaf) tot an. Einen[218] Augenblick dachte er, er wolle zu Hause bleiben und das Tier schinden und in Ordnung bringen; beichten könne er später einmal. Doch besann er sich eines Bessern, warf den Bänz in eine Schrote hinaus und ging zur Kirche. Dem Beichtvater versprach er aufrichtig, er wolle das gefundene Büchlein verbrennen. Wie er nach Hause kam, sprang das Schaf wieder gesund und heil umher. Das Büchlein warf er ins Feuer; aber gemeint hat er auch, es müsse darob der Ofen und das ganze Haus in Fetzen gehen.


Andreas Fedier, 48 J. alt, Golzer.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 218-219.
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