357. Der Hund und die Alraune.

[249] Ein Bauer hatte ein Alrünli, das ist ein Tier wie ein Fröschchen; es hatte ihn reich gemacht. Aber gegen das Ende seines Lebens wurde es ihm angst; denn, wer so einen Geldscheisser vor dem Tode nicht losbekommt, ist des Teufels. Da ging er zu einem Kapuziner und klagte und bekannte ihm. Dieser las ihm tüchtig den Text und meinte, da sei nicht zu helfen. Doch besann er sich und sagte, man könnte noch ein Mittel probieren. Er solle das Alrünli in einen entfernten Winkel seines Landgutes tragen, aber doch innerhalb des Eigentums, und es da sitzen lassen, und, wenn dann ein Hund einmal nach ihm schnappe und es so verjage, dann werde er gerettet sein. Der Reiche folgte und setzte das nun unerwünschte Tier in den äussersten Zopf seiner Matte. Aber nie wollte ein Hund nach ihm schnappen. Der Mann wurde alt und gebrechlich und bekam eine heillose Angst. Endlich tat er, da er sich nicht anders zu helfen wusste, selber einen Hund zu, versprach, ein Kloster zu bauen, wenn er gerettet werde, und trug den Hund in die Nähe der Alraune. Und richtig, der Hund schnellte nach ihr, so dass sie floh. Sein Versprechen hielt der Mann, und nach dem Tode erschien er jenem Kapuziner, dankte ihm und sagte, er könne selig werden.


Fr. Gisler-Arnold, 70 J. alt, Schächental.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 249-250.
Lizenz:
Kategorien: