1479. Der Schatz in der Höhle.

[272] Am Judsfad im Meiental – das sell de wahr sy! – traf ein Geissbub eine ihm bisher unbekannte Höhle an und wanderte darin herum und gelangte nach einiger Zeit zu einer Türe. Jetzt rief eine Stimme, dr Schlissel syg uberobä, und der Bub langte keck darnach und öffnete. Ein grosser Saal weitete sich vor ihm, in dem zwei Männer drei Geldfässer bewachten; das eine war mit Gold, das andere mit Silber und das dritte mit Kupfer gefüllt. Daneben sass ein schwarzer Pudelhund. Die zwei Männer nötigten und baten den Bub, er solle von dem Schatze nehmen, soviel er nur möge; aber sobald er einen Griff tun wollte, spie der Hund Feuer. Endlich nahm er doch einige Krontaler und machte sich davon; den Schlüssel war er so aarig mitzunehmen. Am Abend detzelte (stötzelte) er mit einigen Kameraden und brauchte dabei seine Krontaler. Der Vater bemerkte das und zwang den Finder am folgenden Morgen, ihn zu jener Höhle zu führen. Der tat es, aber der Vater maulte und futterte eistig mit ihm, so dass er endlich aus Täubi den Schlüssel wegwarf. Den aber packte plötzlich der schwarze Pudel und eilte damit der Höhle zu. Schade, sonst hätten der Junge und sein Vater die zwei Schatzhüter erlösen und die drei Geldfässer gewinnen können.


Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 272.
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