1490. Schätze.

[278] »Von Golzer aus«, so hat mir ein Golzner erzählt, »sahen wir auf der entgegengesetzten Talseite eine Gand, wo es mächtig glitzerte. Öfters sagten wir zueinander, da müsse sicher etwas Kostbares liegen, und ein alter Mann erinnerte sich, dass einst ein fahrender Schüler geoffenbart, dass dort ein Schatz verborgen, den ein Geissbub, der ein brandschwarzes Trychelgeissli hüte, zwar finden, aber nicht heben werde. – Nun geschah es eines Tages, dass der Geissbub, der zum Essen kam, ganz ausser Atem war und erzählte, er habe in jener Gand etwas Wunderbares gesehen. Sein Stecken sei ihm in ein Krachenloch hinuntergefallen, und är syg-em nachägstägeret. Der Stock sei immer tiefer gefallen und er ihm nachgestiegen; zuletzt habe er sich auf den Bauch gelegt, um ihn bequemer erwischen zu können. Da habe er in eine weite Höhle hinunter gesehen, und drinnen habe es herrlich von Strahlen geglänzt und geschimmert. Aber es habe ihm angefangen zu fürchten, und daher sei er ohne den Stecken davongelaufen. Weil der Junge wirklich eine brandschwarze Trychelgeiss in der Hirti (Herde) hatte, dachte man sofort an den Schatz, und sie liefen, um mit dem Bub die Höhle zu suchen; aber er fand sie nicht mehr.«


Theresia Gisler, Spiringen.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 278.
Lizenz:
Kategorien: