471. Der feurige Mann und das Maitli im Eggäbergli.

[24] Ein anderes Mal war ein lustiges Maitli ganz allein im Eggäbergli zurückgeblieben, nachdem die Seinen zu Boden gefahren. Es dachte, heute Abend kommen gewiss Ledige herauf, und dann gebe es einen lustigen Abend. Und richtig! Als die Nacht hereingebrochen, hört es jauchzen vom Eggätal her. Die Stimme eines Burschen kommt immer näher, und jauchzend und jodelnd wandert er über den Boden zu unterst im Berge und wendet sich aufwärts gegen das Berghäuschen.[24] Das Maitli hat zuerst eine mächtige Freude: der da jodelt, ist ja der rechte, ist sein Schatz, es kennt ja die Stimme gut genug. Aber merkwürdig, je näher die Stimme kommt, desto weniger gefällt es dem Maitli. Endlich, von banger Ahnung getrieben, läuft es ans Fenster und guckt hinaus und erblickt dicht vor dem Hause einen Mann, der lichterloh brennt. Es, gleitig zur Stube und zum Hause hinaus. Wie es durch die eine Haustüre hinauswitscht, kommt durch die andere Türe, am jenseitigen Ende des Hausganges, der brennende Mann auch schon herein. Das Maitli läuft aus allen Kräften den Berg hinunter in das untere Eggäbergli, rennt in das Haus, in das Stübli und schlüpft gerade zwischen zwei Eheleute in das Bett hinein.


Rosa Brand, Spiringen.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 24-25.
Lizenz:
Kategorien: