636. Der Mann an der Herdstatt.

[109] »Ich sass,« so erzählt ein 60jähriger Mann von Schattdorf, »eines Tages hinter unserm Tischlein in der Stube, als ich auf einmal durch die offene Stubentüre hinaus einen Mann in Hemdsärmeln an der Herdstatt in der Küche stehen sah. Ich sah ihn nur von hinten und kannte ihn deshalb nicht. »Wer ist da draussen?«, fragte ich die andern am Tisch, und diese schauten hinaus, sahen aber niemand. Bald verschwand die Erscheinung. Etwa drei Tage später kam ein junger Mann aus der Nachbarschaft, aus dem Kallenbüel, zu uns, den ich sofort als jenen Mann bei der Herdstatt erkannte, und sagte, sein jüngstes Schwesterchen sei gestorben, ob er nicht unser Tischchen bekommen könnte, um die Leiche darauf zu betten. Wir überliessen es ihm, und sie betteten richtig die Kindsleiche darauf.«


Franz Zgraggen in der Blewi.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 109.
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