966. Abenteuer in der Alp Fiseten.

[323] 1. Ein Gemsjäger übernachtete im Spätherbst in der verlassenen Alphütte. Als er schon im Niste lag, hörte er »Einen« in schweren Kartatschen Tritt für Tritt zur Hütte kommen, eintreten, über die Leiter hinaufsteigen, den Firstraum betreten, dort rumpeln und poltern; hörte, wie der Unheimliche über ihm laut platschend sich zu Boden liess. Und auf einmal fing die Oberdiele über dem Jäger an, sich langsam zu senken. Sie senkte sich bis g'habä über ihm. Und so musste er die ganze Nacht daliegen. Er konnte fast nicht atmen. Am Morgen ging das Gepolter da droben wieder los, und die Decke hob sich langsam. Der Unbekannte in seinen schweren Holzböden machte sich wieder von dannen. Der Jäger aber übernachtete seitdem nie mehr in der Fiseten.


Fr. Nell-Gisler, von Spiringen, 50 J. alt.


2. In der verlassenen Hütte der Alp Fiseten ennet der Märcht übernachteten einst im Spätherbst drei Jäger. Als sie sich in dem breiten »Nischt« niedergelegt und die zentnerschwere, für ein halbes Dorf berechnete Decke geteilt hatten, hörten sie Schritte vor der Hütte, die Türe ging auf und in das kleine niedrige Stübli trat noch »Einer«, den sie nicht kannten, schritt stumm auf ihr Lager zu und legte sich, ebenfalls[323] ohne Gruss und Frage, zu ihnen in's Bett. Nun Übles ist den drei Jägern in jener Nacht nicht geschehen, aber geschlafen haben sie auch nicht.


Zäzilia Gisler-Walker.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 323-324.
Lizenz:
Kategorien: