1520. Spettlä sell mä niä!

[295] Zu den Leuten einer unbekannten Alp kam einst, man weiss nicht woher und weiss nicht, wer es war, ein altes Müetterli und blieb bei ihnen den ganzen Sommer hindurch. Den Älplern war das ganz recht, denn sie hatten kein Weibervolk bei ihnen. Das Müetterli führte ihnen den Haushalt, wusch und flickte das Gewand, kochte das Milchreis und den Nyddläkaffee; dafür konnte das Mannenvolk gemächlicher von seinen Strapazen ausruhen.[295]

Als der Herbst und mit ihm der Tag der Abfahrt angekommen, da stellte sich das Müetterli auch vor die Hütte, und die Männer hätten ganz gut an seinem Gebaren merken können, dass ihm eine kleine Belohnung oder wenigstens Anerkennung seiner Arbeiten angenehm gewesen wäre. Aber sie dankten ihm nicht einmal, ja, der Senn hatte sogar die ganz gemeine Frechheit und liess vor dem Müetterli einen lauten Furz ab. Aber jetzt isch ärwachet! Mit einem Sprung stürzte es sich auf den Undankbaren und zerrieb ihn zu Staub und Asche.

»Jäh, spettlä-n-uder der Fabel trybä, das sell mä nie; das gid-ä nit.«


Franz Herger, Chuori-Franz, Seedorf.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 295-296.
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