1556. Die nächtlichen Schneiderinnen.

[311] Ein Bursche, der z'Stubeten ging, schaute bei einem entlegenen, verlassenen Häuschen, wo er gegen sein Erwarten ein Lichtlein brennen sah, zum Fensterchen hinein. Drinnen standen zwei Schneiderinnen am Tische und zerschnitten Tuch, und da, wo sie es zerrissen, hörte er deutlich den Ton davon – »das heig da g'schränzt!« Jetzt wandte die eine ihren Blick gegen das Fenster, erblickte den g'wundrigen Nachtbub und drohte ihm mit dem Finger und mit einem bösen Blick. Der Bursche fand es geraten, das Weite zu suchen.


Maria Arnold, 50 Jahre alt, Altdorf.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 311-312.
Lizenz:
Kategorien: