24. Der Teufel als Schwager.

[52] Ein Handwerksbursche kam auf seiner Wanderschaft an einem Abend in eine Herberge, und weil er sich schon ein paar Tage hintereinander müde gelaufen hatte, wollte er nun auch wieder ein paar Tage rasten. Er bedachte aber nicht, daß der Beutel die Kosten nicht vertrug, und als der Wirt, der davon Wind bekam, eines Abends sagte: »Guter Freund, Ihr seid wohl jetzt nicht mehr müde, also seid so gut und macht Euch morgen früh auf die Strümpfe, hier ist Eure kleine Rechnung«, – da überlief es den Burschen kalt und heiß, und er bat den Wirt, mit der Rechnung nur wenigstens bis morgen noch zu warten; »Morgen«, sagte er, »ist auch noch ein Tag.«

»Gut«, sagte der Wirt, »aber nehmt Euch in acht vor der Herberge zum schwarzen Turm, dahin bringt man bei uns die Leute ins Quartier, die mehr essen und trinken, als der Beutel Stich hält«

Als aber der Wirt fort war, warf sich der Handwerksbursche aufs Bett und konnte doch vor Angst und Sorgen die ganze Nacht kein Auge zutun. Da trat auf einmal eine schwarze Gestalt zu ihm ans Bett und gab sich sogleich schlecht und recht als den Teufel zu erkennen. Der sagte: »Fürchte dich nicht, mein lieber Geselle, brätst du mir die Wurst, so lösch ich dir den Durst;[52] willst du mir zu einem Schick verhelfen, so will ich dich aus deiner Klemme ziehen.«

»Und das wäre?« fragte der Handwerksbursche. »Nur sieben Jahre«, sagte der Teufel, »sollst du hier in diesem Wirtshaus bleiben, ich will dich frei halten und dir Hülle und Fülle geben, und nachher sollst du's noch besser bekommen und immer Geld haben wie Laub. Dafür sollst du dich aber nie waschen noch kämmen und dir auch Haar und Nägel nie schneiden.«

»Der Dienst ist schon des andern wert«, dachte der Handwerksbursche und ging den Vertrag unverzüglich ein.

Als der Wirt am andern Morgen erschien, erhielt er von dem Handwerksburschen seine Zeche auf Heller und Pfennig ausbezahlt und noch einen Überschuß dazu auf weitere Zeche; und der Handwerksbursche blieb Jahr und Tag in der Herberge sitzen und ließ Geld drauf gehen wie Sand am Meer. Aber er wurde auch wüst wie die Nacht und kein Mensch mochte ihn ansehn. Kam an einem schönen Morgen ein Kaufmann zu dem Wirt; das war sein Nachbar; der hatte drei blitzschöne Töchter; weil er sich aber in seinen Geschäften schlimm verrechnet hatte, und nicht mehr wußte wo aus und ein, so kam er, um dem Wirt seine Not zu klagen. »Hört«, sagte der Wirt, »Euch kann geholfen werden. Da droben in meiner Fremdenstube wohnt schon mehr als sechs Jahre ein sonderbarer Kerl; der läßt wachsen was wächst und sieht aus wie die Sünde; aber er hat Geld wie Heu und läßt sich nichts abgehen; probiert's mit dem; ich hab ohnehin schon lang gemerkt, daß er oft nach Eurem Haus hinüberschielt; wer weiß, ob er's nicht auf eine von Euern Töchtern abgesehen hat.«

Dieser Rat leuchtete dem Kaufmann ein; er ging hinauf zu dem Handwerksburschen und es kam bald zu einem Vertrag zwischen ihnen: daß der Handwerksbursche dem Kaufmann aus den Nöten helfen und der Kaufmann[53] dem Handwerksburschen eine seiner Töchter zur Frau geben müsse. Als sie aber zu den drei Töchtern kamen und der Vater ihnen den Handel auseinandersetzte, lief die älteste davon und rief: »Pfui, Vater; was für einen Greuel bringst du uns ins Haus! Lieber will ich ins Wasser springen, ehe ich den heirate.« Die zweite machte es nicht besser und rief: »Pfui, Vater; was für ein Scheusal bringst du uns ins Haus! Lieber häng' ich mich auf, ehe ich den heirate.« Die dritte und jüngste sprach dagegen: »Es muß doch ein braver Mann sein, Vater, daß er dich retten will, ich nehm' ihn.« Sie hielt ihre Augen immer zu Boden geschlagen und sah ihn gar nicht an; aber er hatte ein großes Wohlgefallen an ihr, und die Hochzeitfeier wurde festgestellt.

Da waren auch die sieben Jahre um, die der Teufel ausbedingt hatte; und als der Hochzeitsmorgen er schien, fuhr eine prächtige Kutsche, von Gold und Edelsteinen funkelnd, bei dem Hause des Kaufmanns vor, und heraus sprang der Handwerksbursche, der jetzt ein junger und feiner reicher Herr geworden war. Da fiel der Braut ein Stein vom Herzen, und des Jubels war kein Ende. In langem Zuge gingen die Hochzeitleute zur Kirche; denn der Kaufmann und der Wirt hatten alle ihre Verwandtschaft dazu eingeladen; nur die beiden älteren Schwestern der glücklichen Braut gingen nicht mit, sondern sie entleibten sich aus Ärger, die eine am Nagel, die andere im Wasser. Und als der Bräutigam aus der Kirche kam, da sah er zum ersten Mal nach sieben Jahren den Teufel wieder, der saß auf einem Dach und lachte zufrieden herunter:


»Weißt, Schwoger, eso cha's cho:

Du hest Eini und i ha Zwo!«[54]


Quelle:
Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau: H.R. Sauerländer, 1869, S. 52-55.
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