Vorbericht.

Man hatte in dem Vorberichte zur ersten Auflage gegenwärtigen Werkes (1805.) erwähnt, dass ich von den übrigen Originalmanuscripten Mozart's, welche nicht in gegenwärtigem Verzeichniss enthalten, also vor dem Jahre 1784 geschrieben sind, ein ähnlich chronologischgeordnetes, thematisches Verzeichniss fertigen und herausgeben wolle.

Diese früheren Werke wurden nun zwar in ein thematisches Verzeichniss zusa iengetragen, allein die vorgehabte Ordnung ihrer Zeitfolge liess sich, nach genauerer Prüfung der Sache, nicht ausführen, da bei weitem nicht alle Manuscripte mit dem Datum ihrer Entstehung versehen waren.

Ich theilte inzwischen dieses Verzeichniss meinem FreundeGerber in Sondershausen in Abschrift mit, und dies veranlasste: dass seiner, als einem bestehenden zweyten Verzeichnisse Mozartscher Manuscripte, sowohl im Gerberschen Tonkünstlerlexikon im Artikel Mozart, als auch in den neuesten Biographieen Mozart's u. an andern Orten, Erwähnung geschah. Da, wie bereits gesagt, dieses Verzeichniss nicht vollständig chronologisch zu ordnen ist, so muss ich dasselbe nach einer anderen Ordnung abfassen, um es herausgeben zu können.

Schade, dass uns von Mozart selbst die näheren Angaben zur Fertigung eines solchen Verzeichnisses fehlen Vielleicht hatte Mozart, bei eigner Anerkennung der Nothwendigkeit desselben, zugleich die Schwierigheil seiner Abfassung eingesehen, und um solcher für seine folgenden Werke im Voraus zu begegnen, sich entschlassen, das gegenwärtige zu gründen.

Noch scheint es bemerkenswerth, dass Mozart beynahe gleichzeitig mit gegenwärtigem Verzeichnisse angefangen hat, über seine Einnahmen und Ausgaben gewissermassen Buch und Rechnung zu führen.

Seine Einahmen, worunter der Ertrag einiger sogenanter musikalischer Academieen, welche Mozart damals gegeben, serner für ertheilten Unterricht an verschiedene Herrschaftliche Personen u. nur weniges Honorar für verkaufte Kompositionen begrysen waren, notirte er aus einem länglichen Stück Papier; sie sangen vom März 1784. an, und gehen bis zum Februar 1785., von wo an deren Notirung seine Gattinn über nahm, aber nur kurze Zeit fortsetzte; die Ausgaben dagegen notirte Mozart in einem kleinen Quartbüchlein, welches früher zu Übungs-Aussätzen in der englischen Sprache besti it war, auch noch verschiedene von ihm ins Englische übersetzte Briefe enthält. Diese Ausgaben fangen ebenfalls vom 1. März 1784. an, u. gehen bis zum 4. Febr. 1785; von da an übernahm deren Eintragung seine Gattin, welche sie jedoch ebenfalls nur ganz kurze Zeit fortsetzte.

Mozart verfuhr in Notirung seiner Ausgaben so pünktliche, dass er auch nicht [3] den unbedeutendsten Posten einzutragen unterliess.

Als ein kleiner Beleg, wie sich auch hier. Mozarts Naivität aussprach mag folgendes dienen:


unterm 1. May 1784. steht notirt:


Vorbericht

1kr.

unterm 27. May 1784.


Vorbericht

34 kr.


und zugleich folgende Melodie mit der Bemerkung: das war schon:


Vorbericht

Mozart mag also wohl herzlich über diese sonderbare Sangweise des Vogels gelacht haben.

Wieder aus gegenwärtigen Catalog und dessen. Abfassung zu kommen, so habe ich die der ersten Auslage hinzugefügte französische Uebersetzung bei gegenwärtiger Ausgabe weggelassen, und aus Achtung für. Mozarts Handschrift Alles verbotènus bei behalten, so auch die genaue. Abtheilung der Seiten. Das Original desselben fuhrt genau folgenden aus einem Schilde der Decke stehenden Titel:


Vorbericht

Schade, ewig Schade, dass sich dieses merkwurdige Verzeichniss mit der unterm 15. Nov. 1794. eingetragenen kleinen Freymaurerkantate endigt, und dass die übrigen, bereits rustrirten 14 Blätter von Mozart unbenutzt bleiben mussten; von welchen herrlichen Werken würden sie nicht ausserdem die Themata zu enthalten bekommen haben! – – –

Ob Mozart seine Werke am Tage wo er sie begonnen, oder wo er solche beendigt hat, in diesem thematischen Katalog ausgenommen, lässt sich wohl nicht genau besti ien, und die Angabe mag oft wohl theils das eine, theils das andere bezeichnen, was sich allenfalls nach der Zeit in welcher die hier notirten Werke folgen, am ersten bestimmen lassen möchte. Diejenigen der in gegenwärtigem Verzeichniss notirten Werke, welche unter einem bestimt angegebenen Tage eingetragen sind, scheinen auch an diesem Tage ihre Entstehung erhalten zu haben, u. es findet sich auf deren Manuscripten selten eine nochmalige dessullsige Bemerkung.

Diejenigen Werke aber, deren Themata ohne diese besondere Angabe eingetragen erschunen, müssen erst nachträgtich eingetragen, oder mögen vielleicht auch von Mozart umgeschrieben worden seyn. Es findet sich nämlich auf dem MS des Pag 16 unter No. 27 angeführten Clavierquartetts aus G moll, folgende wörtliche Bemerkung:


Vorbericht

da solches doch-als um Mozart Julius eingetragen in gegenwürdigem Katalog notirt steht.

[4] Ferner ist zu bemerken, dass Mozart die besti ite Tagesangabe seiner in gegenwärtigem Verzeichniss angeführten Opern aus die Verfertigung ihrer Ouverturen bezogen haben will, welche er theils als erste, theils als letzte Na ier seiner Opern geschrieben hat. Über die Zeit der Beendigung dieses oder jenes Manuscriptes, hat Mozarzt aus der Endseite seiner verschiedenen Partituren nichts bemerkt.

Dass er aber auch früher geschriebene und später umgeänderte Kompositionen hier eingetragen hat, beweisst unter andern die Quartettfuge im C-moll, No. 88. des gegen wärtigen Katalogs, welche hier mit dem kleinen Einteilungs Adagio vermehrt erscheint, noch mehr aber der unter No. 95. angeführte ziemlich allgemein bekannt gewordene Canon: »O: du eselhafter Martin«, welcher hier unterm 21 Sept. 1788, in F dur stehend eingetragen, jedoch mehrere Jahre früher in München komponirt ist, und von welchem mehrere kleine Abweichungen enthaltende Autographien bestehen; so wie ich denn eine dewelben in G dur stehend besitze, wobei Mozart den Namen Martin ausgestrichen, und Jacob darüber gesetzt hat. Wahrscheinlich hatte Mozart diesen Canon als eine spasshafte Komposition mehrmalen benutzt. In jedem Fall erscheint derselbe als eine frühere Komposition; ebenso erscheint das unter No. 144. augeführte in A dur stehende Clarinett-Conzert, welches ohne Angabe dessen Datum angezeigt ist, als eine umgearbeitete Komposition, indem ich von diesem Conzert eine frühere Bearbeitung für das Bassethern und in G dur stehend, besitze.

Von dem berühmten, und in neueren Zeiten so vielfach besprochenen Requiem findet sich, wie ich dies auch bereits an andern Orten schon früher bemerkt habe, keine Notiz im Original des gegenwärtigen Verzeichnisses. Da indessen nach der Versicherung glaubwürdiger Personen, Mozart in den letzten Tagen seines Lebens wirklich an diesem Requiem geschrieben hat, so erscheint zwar dieser Umstand ausser allem Zweifel, ohne jedoch meine imer noch gegründete Vermuthung aufzuheben, dass Mozart zu manchen Nummern dieses Werks eine schon früher angefangene Arbeit benutzt habe.


Offenbach a/m, im Nov.1828.

Ant: André

Quelle:
André, Anton: W. A. Mozart's thematischer Catalog. Offenbach [1828], S. 3-5.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht / Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz. Zwei Erzählungen

Die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht / Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz. Zwei Erzählungen

Zwei satirische Erzählungen über menschliche Schwächen.

76 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon