6.

Leopold Mozart konnte mit dem Erfolg seiner Reise zufrieden sein; das außerordentliche Talent seiner Kinder hatte allgemeine Bewunderung gefunden, Ehrenbezeugungen aller Art waren ihnen im reichen Maße zu Theil geworden, und nachdem er drei Jahre lang mit seiner ganzen Familie auf Reisen gewesen war brachte er noch einen nicht unbeträchtlichen Gewinn mit heim1. Dennoch kam er nicht ohne Besorgniß zurück. Er kannte die Salzburger Verhältnisse und war nicht gewiß ob man ihm dort eine Stellung geben würde, die es ihm möglich machte seine Kinder so zu erziehen wie ihr Talent es verlangte: dies erkannte er als seine erste Pflicht. [68] Wie aufrichtig und ernst aber auch dieses Pflichtgefühl war, so verbot ihm doch auch seine Lebensklugheit ein Pfund in Salzburg zu vergraben, das so vortreffliche Zinsen zu tragen vermochte. Ein Brief, den er kurz vor seiner Heimkehr an seinen Freund Hagenauer schrieb, und in dem man seine Aufrichtigkeit und Vorsicht gleichmäßig erkennt, giebt uns hierüber Aufklärung.

»Es kömmt darauf an« schreibt er »daß ich zu Hause eine Existenz habe, die besonders für meine Kinder zweckgemäß ist. Gott (der für mich bösen Menschen allzugütige Gott) hat meinen Kindern solche Talente gegeben, die, ohne der Schuldigkeit des Vaters zu denken, mich reitzen würden, alles der guten Erziehung derselben aufzuopfern. Jeder Augenblick, den ich verliere, ist auf ewig verloren, und wenn ich jemals gewußt habe, wie kostbar die Zeit für die Jugend ist, so weiß ich es jetzt. Es ist Ihnen bekannt daß meine Kinder zur Arbeit gewöhnt sind: sollten sie aus Entschuldigung, daß eins oder das andere z.B. in der Wohnung und ihrer Gelegenheit sie verhindert, sich an müssige Stunden gewöhnen, so würde mein ganzes Gebäude über den Haufen fallen. Die Gewohnheit ist ein eiserner Pfad, und Sie wissen auch selbst, wie viel mein Wolfgang noch zu lernen hat. Allein, wer weiß, was man in Salzburg mit uns vor hat! Vielleicht begegnet man uns so, daß wir ganz gern unsere Wanderbündel über den Rücken nehmen. Wenigstens bringe ich dem Vaterlande, wenn Gott will, die Kinder wieder. Will man sie nicht, so habe ich keine Schuld. Doch wird man sie nicht umsonst haben.«

Zunächst wurden sie in Salzburg mit neugierigem Erstaunen und mit Bewunderung aufgenommen. Der Erzbischof, welcher an die Wunder des Knaben nicht glauben mochte, ließ ihn, wie Barrington erzählt, eine Woche lang [69] bei sich einschließen ohne daß er Jemand sehen durfte; in dieser Abgeschlossenheit mußte er ein Oratorium componiren, zu welchem er ihm den Text gegeben hatte. Wolfgang vollendete auch so seine Composition, welche Billigung und bei der öffentlichen Aufführung allgemeinen Beifall erhielt.

Einen anderen artigen Zug von Wolfgang erzählte seine Schwester noch in späteren Jahren. Ein vornehmer Herr in Salzburg, der sich mit ihm unterhielt, war in Verlegenheit wie er ihn anreden sollte, Sie schien ihm zu viel für das Kind, Du zu wenig für den kleinen Künstler; er nahm daher zu dem in solchen Fällen beliebten Wir seine Zuflucht. Als er demnach anfing: »Wir sind in Frankreich und England gewesen – wir haben uns bei Hofe vorstellen lassen – wir haben Ehre eingelegt –« unterbrach ihn Mozart lebhaft: »Aber ich erinnere mich nicht, mein Herr, Sie je anderswo als hier in Salzburg gesehen zu haben.«

Der ruhige Aufenthalt von beinahe einem Jahr, welchen L. Mozart mit seinen Kindern in Salzburg machte, wurde auf die stetige Ausbildung im Mechanischen und vielleicht noch mehr in der Composition verwendet. Nach Niemschek studirte der Knabe Emanuel Bach, Hasse und Händel, und neben ihnen die älteren italiänischen Meister mit unablässigem Eifer. Wie weit dieses Studium sich schon damals erstreckte, ist nicht genauer anzugeben; der ernste und tüchtige Sinn des Vaters, der wohl einsah, daß das Genie doppelte Arbeit und Anstrengung bei seiner Ausbildung verlangt und leistet, bürgt dafür daß die Studien des Knaben gründlich und methodisch waren2. [70] Den Erfolg lassen uns die noch vorhandenen Compositionen aus dieser Zeit schätzen.

Die älteste noch vorhandene Vocalcomposition ist ein vierstimmiges Kyrie in F dur 3/4 (André Verzeichniß n. 2), welches die sehr kritzelig geschriebene Notiz trägt Mese à Paris 12 Juni di Wolfgang Mozart 1766. Die vier Singstimmen schreiten fast immer gleichmäßig mit einander fort, doch ist es in den Harmonien nicht uninteressant.

Von mehreren Oratorien die Barringtons Nachricht zufolge Wolfgang damals in Salzburg schrieb3 ist mir eins bekannt geworden4. Es ist eine deutsche Passionscantate, deren Text von derselben Art ist, wie man sie damals gewohnt war5; und da er kurz ist, theile ich ihn hier ganz mit.


Grabmusik.


Die Seel (Basso). Recit.


Wo bin ich? bittrer Schmerz!

Ach! jener Sitz der Liebe

mein Ruh, mein Trost, das Ziel all meiner Triebe

und meines Jesu göttlichs Herz

[71] das regt sich nicht mehr

und ist von Blut und Leben leer.

Hier trieft die Wunde noch von Blut;

verdammte Wuth!

was für ein hartes Eisen

könnt dieses süßeste und allerliebste Herz zerreißen!


Aria6.


Felsen spaltet euren Rachen,

trauert durch ein kläglichs Krachen,

Sterne, Mond und Sonne flieht,

traur, Natur, ich traure mit.

Brüllt, ihr Donner, Blitz und Flammen,

schlaget über dem zusammen,

der durch die verruchte That

dieses Herz verwundet hat.


Der Engel (Soprano). Recit.


Geliebte Seel, was redest du?

Betaure das verwundte Herz;

ich lobe deinen Schmerz,

und willst du zörnen, o so zörne zu.

Doch über wem? ach, erstlich über dich.

Willst du den Mörder finden,

So denk an deine Sünden,

die führten diesen Stich

und leiteten den Speer.

Itzt zörne wie du willst, itzt traure, aber traure mehr.


Aria7.


Betracht dies Herz, und denke nach,

wer hat die Kron gebunden?

von wem sind diese Wunden?

Von dir ist alle diese Schmach.

[72] Sieh, wie es Blut und Wasser weint,

hör, was es dir will sagen

und thränenweise klagen,

wie redlich dieses Herz es meint.

Ergieb dich, hartes Herz,

zerfließ in Reu und Schmerz.


Die Seel (Basso). Recit.8


O Himmel, was ein traurig Licht,

so jetzt zu meiner Qual aus diesen Worten bricht.

So bin ich denn die grausame gewesen, die dieses Herz

verwundet hat,

dies Blut ist meine That,

o Schmerz!

zerbrich mir das beklemmte Herz.


Duetto9.


Die Seel.


Jesu, was hab ich gethan?

durch mich hast du diese Wunden,

durch mich Tod und Kreuz gefunden,

auch den letzten Tropfen Blut

sucht' im Herzen meine Wuth,

ach, was habe ich gethan?


Der Engel.


Schau dies Herz nur reuvoll an,

aber auch durch diese Wunden

hast du Heil und Gnad gefunden;

auch den letzten Tropfen Blut

giebt die Liebe dir zu Gut!


Die Seel.


Dies soll itzt mein Vorsatz sein,

liebstes Herz, dich will ich lieben,

nimmer will ich dich betrüben,

ach verzeih es göttlichs Herz!


Der Engel.


Es verzeihet deinem Schmerz10.


[73] Die Composition zeichnet sich nicht etwa durch hervortretende Züge eines außerordentlichen Genies aus, sondern entspricht in Inhalt und Form ganz der damals üblichen Weise; ebensowenig aber verräth sie etwas Knabenhaftes, das sich in Ungleichheit und Unsicherheit zeigen würde, sondern eine vollkommene Sicherheit im Ausdruck und in der Form. Die Arien sind nach damaligem Brauch in zwei Theilen, von denen der erste wiederholt wird; in dem Duett singt erst jede Stimme ihre Strophe allein, dann beide zusammen. Die Stimmführung ist nicht ungeschickt, eigentliche contrapunktische Behandlung aber nicht angewendet, auch nicht, wo wie in der Baßarie der Begleitung eine fortgehende rauschende Figur gegeben ist. Nur in der ersten Arie sind der Singstimme reichliche Passagen gegeben, worauf der Text nach damaliger Auffassung berechnet war, sonst sind die Melodien einfach und dem Ausdruck des Textes ganz angemessen, namentlich die zweite Arie hat eine einfache Cantilene, welche zwar etwas lamentabel aber doch recht schön ist; weniger treten die Melodien des Duetts hervor. Bemerkenswerth sind aber die Recitative durch den richtigen Ausdruck des Gefühls und selbst ihre individuelle Charakteristik. Man sieht hier, wo nicht eine bestimmt vorgeschriebene Form beengend und beschränkend einwirkte, noch deutlicher, daß das jugendliche Gemüth des Künstlers wirklich ergriffen wurde und daß er sein inneres Gefühl wahrhaft auszudrücken, nicht bloß eine angelernte Form zu erfüllen bestrebt war. Ebenso tritt auch hier wieder der Zug zu dramatischer Charakteristik hervor.

Verhältnißmäßig viel weniger ist dies der Fall in der »lateinischen Comödie« Apollo et Hyacinthus, welche zu einer [74] Aufführung für die Universität Salzburg am 13. Mai 1767 componirt wurde. Die alte Sage ist in diesem Gedicht mit einiger Freiheit ziemlich nach der Weise einer italiänischen Oper zugerichtet, so daß von einer eigentlich dramatischen Handlung nicht eben die Rede ist, sondern einzelne Situationen herbeigeführt werden, die zu langen Arien und Duetts Veranlassung geben; alles in hergebrachter Art und Form. Diesem hat sich auch der lateinische Text anbequemen müssen, der, wie einige Proben zeigen werden, nicht incorrect aber recht geschmacklos und im Einzelnen ganz den italiänischen Operntexten nachgebildet ist. Es treten fünf Personen darin aufHyacinthus (Sopran), Zephyrus (Alt), Apollo (Alt),Oebalus (Tenor) und seine Tochter Melia (Sopran)11.

Nach einer kurzen Ouverture in zwei Theilen von einfacher aber bestimmter Gliederung beginnt die Handlung mit einem Recitativ zwischen Hyacinthus und Zephyrus, der seine Liebe zu Melia und seine Eifersucht auf Apollo verräth; Oebalus und Melia erscheinen um Apollo ein Opfer zu bringen, welcher in einem Chorgesang angerufen wird12. Das Opfer wird nicht angenommen, ein Blitz zerstört alles, und den bestürzten Oebalus sucht Hyacinthus in einer Arie damit zu beruhigen, daß es die Götter nicht immer so ernsthaft meinten13[75] . Nun erscheint Apollo und bittet um Aufnahme bei Oebalus, da ihn Jupiter verbannt habe; nachdem man sich gegenseitig die erlesensten Artigkeiten gesagt hat, dankt Apollo in einer Arie, auf welche dann ein Chor folgt14. Hierauf meldet Oebalus seiner Tochter daß Apollo sie zur Gemahlin begehre; sie willigt freudig ein und spricht ihr Entzücken in einer passagenreichen Arie aus15. Allein nun tritt Zephyrus [76] mit der Meldung auf, Hyacinthus sei vom Apollo erschlagen. Melia erklärt darauf, sie könne ihn nicht heirathen, Oebalus will ihn verbannen und Zephyrus drückt in einer Arie die Hoffnungen aus, welche er hieraus für sich schöpft. Da kommt Apollo, überhäuft ihn mit Vorwürfen und läßt ihn durch die Winde entführen; Melia macht ihm, durch diese neue Gewaltthat empört, heftige Vorwürfe, und in einem Duett weist sie ihn gänzlich ab und heißt ihn fortgehen, während er über seine Liebe und ihre Härte klagt. Nachdem sie abgegangen, wird Hyacinthus hereingetragen und berichtet sterbend in einem begleiteten Recitativ daß Zephyrus sein Mörder sei, worauf denn Oebalus Gelegenheit findet in einer Arie gebührend zu wüthen. Als ihm nun Melia berichtet daß Zephyrus getödtet und Apollo von ihr verbannt worden sei, wird sie von ihm eines Besseren belehrt und fürchtet nun den Zorn des beleidigten Gottes, was zu einem Duett Veranlassung giebt. Apollo aber erscheint, verwandelt Hyacinthus in eine Blume, versichert Oebalus und Melia, die um Verzeihung flehen, seiner Huld und vermählt sich Melia. In einem Schlußterzett sprechen sie dann ihre allseitige Zufriedenheit aus.

Im Ganzen zeigt die Composition nicht nur die gleiche Sicherheit in der Form wie die frühere, sondern in mancher Hinsicht einen Fortschritt. Die Musikstücke sind meist breiter angelegt und durchgeführt16, in der Behandlung der Stimmen ist eine größere Selbständigkeit bemerkbar und es zeigen sich die Ansätze imitatorischer Schreibweise, z.B. in dem Duett zwischen Melia und Oebalus, und zu dem ersten Chor, [77] der in den Singstimmen harmonisch gehalten ist, haben die Geigen eine imitirende Begleitungsfigur. Uebrigens aber haben der Text, vielleicht auch die Sprache17, sowie die Aufgabe ein glänzendes Musikstück zu liefern, ihren Einfluß nicht verläugnet, die Musik ist vorwiegend steif und kalt, mitunter geschmacklos. Zwar was uns jetzt so erscheint, besonders die langen Passagen, mit denen die Arien geschmückt sind, der Zuschnitt der pompösen oder galanten Melodien in denselben, hat wahrscheinlich damals am meisten Beifall gefunden, und die allerdings staunenswerthe Sicherheit und Fertigkeit in der Behandlung derselben mag derzeit vielen als ein Beweis originaler Productionskraft gegolten haben, die wir grade hierin nicht finden können. Ganz fehlen solche Beweise auch hier nicht und zwar zeigt sich eigenthümliches Talent an den Stellen, die eine einfache Empfindung ausdrücken, was gewiß charakteristisch[78] für einen jugendlichen Künstler ist, der das wahr und eigenthümlich aussprach, was ihn unmittelbar berührte. So ist gleich im ersten Chor ein kleines Solo (G-dur 3/4), welches in seiner ausdrucksvollen Einfachheit fast an ähnliche Sachen bei Gluck erinnert. Dann findet steh in dem Duett zwischen Melia und Oebalus eine lange, gut geführte Cantilene, welche durchaus nicht ohne Schönheit und Ausdruck ist und auch durch eine eigenthümliche Instrumentation gehoben wird. Die erste Violine gedämpft führt die Melodie, die zweite Violine und der Baß begleiten pizzicato, 2 Bratschen coll' arco, zu denen noch 2 Hörner treten. Aus der sonst sehr einfachen Orchesterbegleitung – außer dem Streichquartett sind zwei Oboen und zwei Hörner angewendet – hebt sich diese Zusammenstellung der Instrumente schon sehr bedeutend hervor, obgleich sie nicht etwa von Mozart erfunden ist, der überhaupt die gewöhnten Formen und Mittel nicht überschritt. Am meisten dramatischer Charakter spricht steh in dem Duett zwischen Melia und Apollo aus, dem einzigen Musikstück, in welchem eine bewegte Situation und contrastirende Stimmungen zur Darstellung kommen. Das hat denn auch auf die Compontion eingewirkt, welche in der That nicht ohne dramatische Lebendigkeit ist. Die Recitative sind hier nicht, wie in der Passionscantate, durch charakteristischen Ausdruck ausgezeichnet, sondern zwar sehr fließend und gewandt aber ganz in der gewöhnlichen Weise des Recitativo secco in italiänischen Opern behandelt. Zum Theil ist das wohl durch den Text veranlaßt, der ihn nicht in gleicher Weise zu einem lebhaften Ausdruck der Empfindung anregte, noch mehr aber trug wohl die Einsicht oder das Gefühl dazu bei, daß dem Dialog einer Oper nicht der accentuirte Ausdruck des Gefühls zukomme wie der gesteigerten lyrischen Betrachtung einer Cantate.

Fußnoten

1 Wem es Vergnügen macht der kann aus den verschiedenen Angaben L. Mozarts noch theilweise zusammenrechnen, wieviel er einnahm und verbrauchte. An Pretiosen und Bijouterien hatten die Kinder soviel geschenkt bekommen daß sie damit hätten einen Handel anlegen können.


2 Die Angabe daß Eberlin, welcher seit 1750 in Salzburg Kapellmeister war und als gründlicher Kirchencomponist in Ansehen stand, dem Knaben Unterricht ertheilt habe, kann nicht richtig sein, da Eberlin schon 1763 starb.


3 In Andrés thematischem Verzeichniß ist no. 1 ein Oratorium angeführt, nach L. Mozarts eigenhändiger Bemerkung composto nel mese di Marzo 1766. Es wäre also bei dem Aufenthalt in Amsterdam componirt, wobei allerdings der deutsche Text auffallend ist. Es beginnt nach der Ouvertüre mit einem Recitativ »Die löblich und gerechte Bitte« und enthält mehrere Arien mit und ohne Recitative und zum Schluß ein Terzett. So berichtet eine handschriftliche Notiz Andrés – denn das Oratorium selbst ist nicht mehr in der Sammlung –, der auch bemerkt die Handschrift sei mit der gleich anzuführenden Cemposition so genau übereinstimmend, daß er glaube sie gehören beide in dieselbe Zeit. Dann hätte also L. Mozart 1766 durch ein Versehen statt 1767 geschrieben.


4 André themat. Verz. 3. Von L. Mozart ist darauf geschrieben 1767. Die Schrift ist ganz knabenhaft.


5 Eine feste männliche Hand hat hie und da den Text verbessert, der also wohl von einem Salzburger Localpoeten herrührt.


6 Allegro, in D dur, abwechselnd mit D moll; außer dem Streichquartett mit 2 Hörnern begleitet.


7 Andante, in G moll; mit zwei Violinen, zwei Bratschen und Baß begleitet.


8 Dies Recitativ ist begleitet. Aus Versehen hat Mozart es anfangs im Sopranschlüssel geschrieben und dabei bemerkt NB muß in Baß gesetzt werden.


9 Andante, in Es dur; mit Streichquartett und zwei Hörnern.


10 Nach Andrés Anmerkung war noch ein vierstimmiger Schlußchor da, der seiner Noten- und Textschrift nach erst in späteren Jahren von Mozart – wahrscheinlich für eine wiederholte Aufführung – hinzugefügt sein könne; diesen fand ich nicht mehr vor.


11 Zu Nutz und Frommen der studirenden Jugend ist Melia die Geliebte des Apollon und Zephyrus, und Hyacinthus eine wenig motivirte Nebenperson geworden; auch schließt das Stück mit einer standesmäßigen Vermählung.


12

Chor.


Numen o Latonium

audi vota supplicum,

qui ter digno te honore

certant sancte colere.

Nos benigno tu favore

subditos prosequere!


13

Aria.


Saepe terrent numina,

surgunt et minantur,

fingunt bella

quae nos angunt,

mittunt tela

quae non tangunt;

at post ficta nubila

rident et iocantur.

Et amore

et tremore

gentes stringunt subditas,

nunc amando

nunc minando

salva stat auctoritas.


14 Ich bin nicht ganz sicher, ob dieser Chor fehlt, oder ob der erste Chor wiederholt wurde.


15

Aria.


Laetari

iocari

fruique divinis honoribus stat,

dum hymen optimus

taedis et floribus

grata

beata

connubia iungit et gaudia dat?

Iam diva vocabor,

si numen amabo,

per astra vagabor

et nubes calcabo;

et urbes et regna devoveant se,

et Fauni adorent et Satyri me.


16 Die Arien sind in zwei Theilen, deren ersterer nach dem zweiten wiederholt wird. Der zweite ist regelmäßig durch Tempo, Tact und Tonart, die aber immer eine nahe verwandte bleibt, unterschieden.


17 Im Schreiben des Textes macht Mozart mitunter Fehler, woraus man siebt, daß er im Lateinischen nicht ganz sicher war. – Ein kleines Billet vom Jahr 1769, das im städtischen Museum zu Salzburg aufbewahrt wird, zeigt daß er damals eifrig damit beschäftigt war. Ich theile es wörtlich mit:


Freundin!


Ich bitte um verzeihung, daß ich mir die freyheit nehme, ihnen mit etlichen zeilen zu plagen; aber weil sie gestern sagten, sie können alle sachen verstehen, ich mag ihnen lateinisch herschreiben was ich will, so hat mich der vorwiz überwunden, ihnen allerhand lateinische worte zeilen herzuschreiben, haben sie die gütte für mich, daß wenn sie selbige worte aufgeleset, so schicken sie durch ein Hagenauermensch die antwort zu mir, dan unser mandel kann nicht warten. (aber sie müsen mir auch mit einem brief antwortten).

Cuperem scire, de qua causa, à quam plurimis adolescentibus ottium usque adeo aestimetur, ut ipsi se nec verbis, nec verberibus, ab hoc sinant abduci.


Wolfgang

Mozart.


Quelle:
Jahn, Otto: W.A. Mozart. Band 1, Leipzig: Breitkopf und Härtel, 1856, S. 1.
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