28.

Wir haben gesehen, welche außerordentliche Anlage zum Violinspiel Mozart schon in seiner frühesten Jugend an den Tag legte (S. 33) und bei seinem Eifer wie bei der gewissenhaften Sorgfalt seines Vaters versteht es sich von selbst, daß dieselbe mit regelmäßigem Fleiß ausgebildet wurde. Auf seiner ersten Kunstreise ließ er sich auch auf der Violine hören, und zu Anfang der ersten italiänischen Reise trat er noch als Geiger auf (S. 188); indessen mochten seine Leistungen für sein damaliges Alter doch nicht bedeutend genug erscheinen, wir erfahren später daß er zwar regelmäßig sein Studium fortsetzte, aber nicht mehr öffentlich spielte1. In Salzburg legte ihm dann seine Stellung die Pflicht auf zwar nicht als Solospieler aber doch als Geiger in den Hofconcerten mitzuwirken, und der Vater fand daß es eine Keckheit von Wolfgang war, als dieser während ihres Aufenthalts in Wien im Jahr 1773 in einem Kloster, wo man sie zum Amt und zum Speisen eingeladen hatte, weil die Orgel nicht gut war, sich eine Violine geben ließ und ein Concert auf derselben vortrug2. Seit der Zeit aber legte er sich mit mehr Nachdruck auf das Violinspiel und bildete sich auch hier zum Virtuosen aus, mehr wohl auf den Antrieb des Vaters als aus eigener Neigung, denn sowie ihm das Violinspielen bei Hofe eine unangenehme Last war3, so scheint er auch ebensowenig [600] Trieb zum Violinspiel als Vertrauen in seine Leistungen gehabt zu haben4. Indessen übte er sich regelmäßig und mit Fleiß, so daß der Vater, als er abgereist war, ihm schrieb (6. Oct. 1777): »So oft ich nach Hause gehe, wandelt mir eine kleine Melankoley zu, denn, wenn ich mich unserem Hause nähere, glaube ich immer, ich müsse Dich Violin spielen hören.« Seit dem Jahre 1774 tritt auch in den Compositionen für Violine immer mehr der Charakter der Bravur hervor und sie geben den Maßstab für die technische Ausbildung Mozarts ab. Er hatte zu wetteifern mit dem als Sologeiger angestellten Brunetti, welchem der Erzbischof schon als Italiäner den Vorzug gab, obgleich er nach dem Urtheil Leop. Mozarts seinem Sohne nachstand5, und der, als der unbequeme Nebenbuhler Salzburg verlassen hatte, seinen Leistungen selbst alle Gerechtigkeit widerfahren ließ6.

[601] Nachdem Mozart im September 1777 von Salzburg fortgegangen war, ließ er sich in München und Augsburg auf der Violine, ebenso wie auf dem Klavier und der Orgel hören, allein er berichtet selbst nicht ohne Verwunderung daß es so gut gehe, und nicht ohne einige Ironie über seine Erfolge als Geiger7. Später hören diese Nachrichten auf, der Vater vermuthet auch mit Bekümmerniß, daß Wolfgang die Violine vernachlässige8, und so wird es auch wohl gewesen sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß er wieder in Salzburg angelangt auch wieder die Violine gespielt habe; seitdem er sich in Wien aufhielt hat er Virtuosität auf diesem Instrument nie geltend gemacht. Bekanntlich pflegte er in späteren Jahren, wenn er an einem Quartett oder sonst sich als Mitspieler betheiligte, mit Vorliebe die Bratsche zu wählen.

Bedeutsam für Mozarts Leistungen auf diesem Gebiet sind natürlich vorzüglich die Violinconcerte, welche er ohne Zweifel zunächst für seinen eigenen Gebrauch geschrieben hat. Wie wir es auch sonst gesehen haben, faßte er, als er sich daran machte, die Sache gleich gründlich an um sich durch die Continuität der Arbeit ganz fest zu setzen, und componirte im Jahr 1775 fünf Concerte für die Violine (87–91). Dies sind nicht etwa kleine, rasch hingeworfene Versuche, sondern [602] sorgfältig ausgeführte Arbeiten von erheblichem Umfang. Sie bestehen aus drei Sätzen, Allegro, Andante oder Adagio und Rondo.

Der erste Satz, welcher der am meisten ausgeführte ist, erinnert in seiner Structur begreiflicherweise noch mehr an die der Arie als der entsprechende der Symphonie. Schon die bestimmte Abwechslung zwischen Tutti- und Solosätzen, von denen jene die Hauptmotive nachdrücklich hervorheben und dadurch die Grundlage für die freiere Behandlung der Solostimme abgeben, weist darauf hin; die reichere Ausschmückung der Solopartie, der Passagen und Cadenzen nicht fehlen dürfen, ist ebenfalls eine analoge, und selbst in der gesammten Haltung und Färbung scheint mir die Eigenthümlichkeit der seriosheroischen Arie noch deutlich wahrnehmbar. Allein die Structur ist viel enger geschlossen und lebendiger gegliedert, die Passagen sind nicht willkührliche bloß dazwischen geschobene Zuthat, sondern wachsen aus den Hauptmotiven hervor, umspielen und verbinden sie. Der ganze Satz zerfällt gewöhnlich in drei Hauptabschnitte, von denen der mittlere der Durchführung in der Symphonie entspricht; er geht in eine andere Tonart über und verarbeitet eins oder mehrere Motive, freier als in der Symphonie geschieht, überwiegend durch Wechsel der Modulation und Modificirung des Passagenwerks; von da aus wird dann die Wiederholung des ersten Theils bewirkt. Im Einzelnen ist hier reiche Abwechslung, wozu namentlich die verschiedene Art, in welcher die Solostimme und das begleitende Orchester sich am Ganzen betheiligen, Veranlassung giebt; hier namentlich unterscheidet sich der Künstler und Componist vom Virtuosen. Die einzelnen Solostellen pflegen nicht sehr weit ausgesponnen zu sein, sondern Solo und Tutti wechseln rasch und öfter mit einander.

Der Mittelsatz ist einfach gehalten und es ist wesentlich [603] auf gesangreichen und geschmackvollen Vortrag der Cantilene abgesehen; Verzierungen sind dabei allerdings nicht vermieden – wie sie denn ja auch an sich jenen Haupterfordernissen keineswegs widersprechen –, aber sie werden nicht zur Hauptsache. Der Charakter derselben ist meistens ein anmuthiger leichterer, es ist eine gehaltene, aber doch heitere Stimmung welche sich darin ausspricht, und im ganzen Zuschnitt haben sie etwas romanzenartiges9, doch findet sich auch ein eigentliches, breiter angelegtes Adagio (89)10.

Der letzte Satz hat regelmäßig die Form des Rondo, wo denn die Solostimme besonders in den verbindenden Mittelsätzen sich freier ergeht; auch ist hier, wo die Stimmung leicht und heiter, die Form locker und lose ist, der Passage mehr Spielraum gegeben. Es ist nicht ungewöhnlich, daß im Rondo Sätze in verschiedenem Tact und Tempo mit einander wechseln, wie 90 ein Andantino grazioso 2/4, und Allegro mà non troppo 6/8 alterniren; allein eine weniger häufige Erscheinung ist es, wenn das Rondo durch einen ihm völlig fremden, in sich selbständigen Satz von verschiedenem Charakter unterbrochen wird (89. 90). Beidemal ist dies ein einfaches Andante 4/4 von so entschieden ausgesprochenem Volkston, daß man annehmen möchte, es sei ein wirkliches Volkslied hier aufgenommen und mit Laune und Behagen dargestellt. Die Wirkung ist überraschend und sehr angenehm.11

[604] Eine Erweiterung finden wir in der Concertante für Violine und Bratsche12 als Soloinstrumente mit Begleitung des Orchesters (94). Sie ist gewiß nicht vor 1776 oder 1777 geschrieben, vielleicht erst 1780, wie man an der Reise und Vollendung in der Conception der einzelnen Motive und Figuren abnehmen kann, an der Kraft und dem Wohllaut, welche durch die Behandlung des Orchesters an sich und in seiner Verbindung mit den Prinzipalstimmen erzeugt wird, an der Feinheit und Sicherheit, mit welcher die Gliederung des Ganzen, die modulatorischen Uebergänge bewerkstelligt und kleine Figuren und Wendungen am rechten Fleck verwendet sind, um das Ganze lebendig zu gestalten. Die Form der drei Sätze ist die gewöhnliche, aber sie sind breiter angelegt und durchgeführt. Damit die beiden Soloinstrumente sich angemessen entfalten konnten, war eine stärkere Grundlage und ein weiterer Rahmen erforderlich, daher die Tuttisätze großer und bedeutender sind; dies erforderte dann der gleichmäßigen Haltung wegen auch eine kräftigere und selbständigere Betheiligung des Orchesters an den Solostellen. Dadurch hat das Ganze einen mehr symphonistischen Charakter bekommen, dem die Soloinstrumente einen besonderen Glanz verleihen. Diese sind in ihrem Verhältniß zu einander im Ganzen einfach behandelt. Sie concertiren meistens in der Weise daß sie sich ablösen, entweder ganze Phrasen nach einander wiederholen, mitunter in verschiedener Tonlage, oder sich in dieselben theilen; wo sie zusammengehen, geschieht es meistens in Terzen oder Sexten, selten – namentlich in einem imitirenden Motiv des zweiten und dritten Satzes – tritt ein wirklich [605] zweistimmiger Satz ein, in welchem beide Stimmen sich mit einander frei und selbständig bewegen.

In dieser Beziehung ist das schon im Jahr 1773 componirte Concertone (95) kunstreicher angelegt und durchgeführt. In diesem treten dem Orchester zunächst zwei Soloviolinen gegenüber, dann schließt sich diesem als Soloinstrument in ähnlicher Weise die Oboe an13 und auch das Violoncell, obgleich nicht völlig in gleichem Maaße concertirend, ist als Soloinstrument behandelt. Die Form der drei Sätze ist die gewöhnliche des Concerts, der Mittelsatz ist, obgleich er seinem Charakter nach romanzenartig ist, weiter ausgeführt als sonst gewöhnlich, um den Soloinstrumenten Raum zu gewähren14. Der letzte Satz istTempo di Menuetto überschrieben; die Form des Menuetts mit mehreren Trios liegt zu Grunde und ist mit einiger Freiheit behandelt so daß sie dem Rondo nahe steht15. Auch hier hat das Ganze durch die kräftige und selbständige Behandlung des Orchesters sowohl in den Tuttisätzen als bei den Solostellen den Charakter einer Symphonie. Die Solostimmen aber sind, schon weil ihrer vier sind, die [606] nicht regelmäßig hinter einander dasselbe wiederholen, oder mit einander gehen, mit größerer Abwechslung gruppirt. Bald wechseln die Violinen mit einander, bald tritt die Oboe zu ihnen oder beiden entgegen, bald stehen Oboe und Violoncello den beiden Geigen gegenüber, oder auch alle vier bewegen sich selbständig neben einander. Um diese Mannigfaltigkeit klar und übersichtlich zu halten, bedurfte es einer strengeren und im Detail kunstreich gefügten Structur. Namentlich im ersten Allegro sind daher die Motive meist so gebaut, daß sie imitatorisch behandelt werden können, oder daß ein Wechsel der Instrumente bei den verschiedenen Gliedern einer Phrase durch die Anlage derselben bedingt ist; das Kommen und Gehen der Instrumente, ihr Ineinandergreifen, das gegenseitige Ablösen und Aufnehmen ist kein zufälliges sondern ein bestimmt motivirtes, und da der Antheil, welchen das Orchester daran nimmt, mit derselben Kunst eingeleitet ist, so ist das Ganze zu einem lebendigen Organismus gegliedert. Nicht so streng ist die Behandlung der beiden letzten Sätze, in welchen das Princip der Abwechslung vorherrscht und das einer kunstreichen Verschlingung nur hier und da vorübergebend angewendet ist. Dieser Kunst in der Gliederung des Ganzen und der sauberen Ausführung entspricht hier noch nicht vollkommen Kraft und Reichthum der Erfindung, welche weder die Ausgiebigkeit und Fülle, noch die Reinheit und Weichheit der Schönheit zeigt, wie sie in nicht viel späteren Werken Mozarts steh offenbart.

Ueber die eigentlich technische Behandlung der Violine steht mir kein Urtheil zu; ein kundiger Beurtheiler sagt mir, daß im Verhältniß zu der jetzigen Technik die Schwierigkeiten auch der Solopartien gering sind, daß sich aber durchweg die genaueste Bekanntschaft mit der Eigenthümlichkeit des Instruments zeigt, wie man sie sich nur mit der Geige in der Hand [607] erwerben kann, daß alles bequem und gut zu spielen ist und manche reizend klingende Züge zum Vorschein kommen, wie sie nur einer mit der Natur des Instruments völlig Vertrauter erfinden kann. Nicht ohne Interesse ist es auch für die Vorstellung, welche wir uns von Mozart als Violinspieler machen können, zu hören, wie er über andere Geiger urtheilte, daher wird sein Bericht über Fränzl16, welchen er in Manheim hörte, hier am Ort sein »Ich hatte das Vergnügen« schreibt er dem Vater (22. Nov. 1777) »den Hrn. Fränzl auf der Violine ein Concert spielen zu hören. Er gefällt mir sehr. Sie wissen, daß ich kein großer Liebhaber von Schwierigkeiten bin17. Er spielt schwer, aber man kennt nicht daß es schwer ist; man glaubt, man kann es gleich nachmachen, und das ist das Wahre. Er hat auch einen sehr schönen runden Ton, es fehlt keine Note, man hört Alles, es ist Alles marquirt, er hat ein schönes Staccato in einem Bogen, sowohl hinauf als herab, und den doppelten Triller habe ich noch nie so gehört [608] wie von ihm. Mit einem Wort, er ist meinetwegen kein Hexenmeister, aber ein sehr solider Geiger.«

Es ist bekannt daß Mozart schon in der frühesten Jugend durch sein, nicht allein für das kindliche Alter außerordentliches Klavierspiel, bald auch als Orgelspieler die ungetheilte Bewunderung erregte, und daß ihm in reiferen Jahren und bis an seinen Tod auf beiden Instrumenten von Niemand, auf einem derselben von Wenigen der erste Rang bestritten wurde. Indessen von seinen Leistungen als Virtuos – soweit es überhaupt möglich ist von dem Eigenthümlichen dieser im Moment verklingenden Schöpfungen einer besonderen künstlerischen Begabung Eindruck und Vorstellung festzuhalten – wird es besser sein später zu reden, wo eigene und fremde Zeugnisse uns zu Hülfe kommen. Hier wäre der Ort von seinen Studien auf diesem Gebiet zu reden18; allein die Zeit der öffentlichen Etuden war noch nicht gekommen, man übte sich im Stillen und machte davon kein Aufhebens. So erfahren wir denn auch nur gelegentlich daß er viel und fleißig Klavier gespielt habe, was freilich keines Nachweises bedarf19.

Hier haben wir also nur seine Compositionen für Klavier in Betracht zu ziehen, und da ist es auf den ersten Blick [609] auffallend, daß deren so wenige bekannt sind. Mag von diesen auch manches nicht aufbewahrt sein, anderes ohne daß die Zeit der Entstehung bekannt ist unter den späteren Sammlungen sich finden: immer bleibt die Thatsache bestehen, daß Mozart seit jenen Versuchen der Knabenzeit20 während der Jahre seines Salzburger Aufenthalts, in denen er sich allseitig als Componist ausbildete, verhältnißmäßig wenig für Klavier schrieb. Man kann daraus schließen daß es wenig äußere Veranlassung für ihn gab sich mit eigenen Klaviercompositionen hören zu lassen21; in den Hofconcerten scheint das Klavier als Soloinstrument nicht zugelassen zu sein, Concerte zu geben war in Salzburg, wie wir von Mozart einmal gelegentlich erfahren, nicht ersprießlich, und in kleineren Kreisen zeigte er sich wohl besonders im Phantasiren oder Präambuliren. Eine Veranlassung zu Compositionen bot ihm aber der Umstand daß er in den vornehmen Häusern Salzburgs namentlich den Damen Unterricht im Klavierspiel gab; in der That erfahren wir von den meisten Compositionen dieser Zeit, daß sie für bestimmte Personen geschrieben waren, was den Maaßstab für die Beurtheilung, namentlich der vorauszusetzenden Fertigkeit etwas unsicherer macht.

Zu den frühesten Klaviercompositionen, die sicher nachweislich sind, gehören die Variationen über einen Menuett [610] von Fischer22, Bravurstücke für jene Zeit, in denen mancherlei Schwierigkeiten nach damaliger Art gehäuft sind. Er ließ sie sich im Jahr 1774 nach München bringen um dort damit zu paradiren (Beil. V, 53) und auch auf der Reise nach Paris hören wir, daß er seine Zuflucht zu den Fischervariationen nimmt, wenn er in galanter Gesellschaft etwas vorspielen soll23; ein Beweis daß er nicht viele Compositionen der Art vorräthig hatte.

Auch Sonaten für das Klavier waren damals schon geschrieben24, indessen sind die sechs Sonaten, welche Mozart auf der Pariser Reise 1777 öfter erwähnt, wohl erst später und nicht lange vor dieser Reise componirt25. Heute [611] wird mancher lächeln, wenn er sieht daß Mozart diese Sonaten schwer nannte26, die jetzt beim Unterricht für die Jugend gebraucht werden. Indessen ist dadurch kein geringes Lob ausgesprochen daß diese Compositionen nach achtzig Jahren noch geeignet sind durch die zweckmäßige Behandlung des Instruments, durch die gesunde Frische der Erfindung und die Abrundung der künstlerischen Form den Grund zu der musikalischen Bildung der Jugend unserer Zeit zu legen. Von welcher Lebenskraft der künstlerischen Production legt diese Erscheinung Zeugniß ab! Und auch diesen Jugendübungen gegenüber gilt das bekannte Wort, daß Grotius den Terenz in anderer Weise lese als die Schulknaben. Wer ein Kunstwerk als solches zu würdigen, wer künstlerisch aufzufassen und zu genießen fähig ist, der wird auch in diesen für uns so einfachen Sonaten, unbeirrt durch die großen Leistungen, welche auf diesem Gebiet alles Frühere in Schatten gestellt haben, die wesentlichen Bedingungen eines in sich vortrefflichen Kunstwerks erfüllt sehen und sich ihrer als solcher erfreuen27.

Aus dem August 1776 rührt ein Trio für Klavier, Violine [612] und Violoncello28 her, das wir ebenfalls in den Briefen als ein gern gespieltes erwähnt finden29. Es zeigt, wie alle Compositionen dieser Zeit Ausführlichkeit und Abrundung in der Behandlung der Form, Reise und Tüchtigkeit der Conception, die auch neben einer von innen kommenden Lebendigkeit den Hauch zarter Schönheit nicht vermissen läßt, die manchmal in kleinen Wendungen überraschend hervortritt. Das Klavier ist entschieden das Hauptinstrument, neben demselben steht die Geige, obwohl im Ganzen einfacher behandelt, doch durchaus selbständig, dagegen ist das Violoncello noch nicht zu seinem Recht gekommen; es tritt nur als Baß auf, zwar nicht so daß es nur den des Klaviers verstärkt, sondern in eigenthümlicher Weise, oft sehr wirksam und aus der Natur des Instruments heraus, aber diese eng gesteckten Grenzen überschreitet es noch nicht.

In demselben und im folgenden Jahr schrieb er mehrere Concerte fürs Klavier (103–106). Von mehreren wissen wir daß sie für Damen »die Litzau, die Jenomy«, die Gräfinnen Lodron, wahrscheinlich seine Schülerinnen, bestimmt waren, wie er sie auch später anderen Schülerinnen einstudirte. Es ist aber nicht zufällig, daß wir ihn in diesen Jahren so eifrig mit Solocompositionen für Klavier wie Violine beschäftigt finden. Die Composition ging Hand in Hand mit seiner eigenen Ausbildung zum Virtuosen, wie wir denn auch in der Steigerung der technischen Schwierigkeiten einen [613] Fortschritt wahrnehmen können. Eine Kunstreise, um sich in der Welt zu produciren und zu lernen, war längst sein Wunsch und wurde mehr und mehr eine Nothwendigkeit, wenn er nicht in Salzburg sitzen bleiben sollte. Für eine solche Reise, auf der er sich nicht allein als Kirchen- und Operncomponist zeigen konnte, waren virtuosenmäßige Leistungen und ein Vorrath dazu geeigneter Compositionen die nöthige Vorbedingung: der umsichtige, mit der Welt bekannte Vater trug bewußte Sorge dafür, daß Wolfgang sich mit Allem ausrüste, was den Erfolg einer Kunstreise sichern konnte.

Unter diesen Concerten, welche sich der Form und Behandlung nach im Wesentlichen den Violinconcerten anschließen, ist besonders das letzte vom Januar 1777 (105) durch die eigenthümliche Freiheit, mit welcher die Form behandelt ist, durch die Größe der Anlage und einen Ausdruck der Leidenschaftlichkeit merkwürdig. In allen diesen Eigenschaften zeigt es sich dem großen Divertimento in B-dur (55) nahe verwandt, welches in derselben Zeit geschrieben ist. Gleich der Eingang ist überraschend, indem das Klavier schon in den ersten Tacten mit eingreift, was für den entschlossenen Charakter dieses Satzes sehr bezeichnend ist. Nicht minder eigenthümlich wird dann das eigentliche Solo eingeleitet, indem das Klavier in die letzte allmählich verklingende Schlußphrase des Tuttisatzes mit einem mehrere Tacte währenden Triller einfällt, aus welchem dann das Motiv hervorgeht; dieselbe Wendung ist nachher auch zum Schluß des ersten Satzes benutzt worden. Der Mittelsatz ist zwar als Andantino bezeichnet, er hat aber den Ausdruck eines tief erregten, schmerzlichen Gefühls, wodurch es auch motivirt wird daß die Cantilene wiederholt einen recitativartigen Charakter annimmt – in einer schönen Steigerung greift auch die Geige imitirend ein – und am Ende vollkommen [614] recitativisch abschließt30. In dem letzten Rondo (Presto), – welches, obgleich es in seiner gleichmäßig anhaltenden raschen Bewegung eine tüchtige Aufgabe für ausdauernde Volubilität der Finger ist, einen ungleich bedeutenderen Charakter hat als man gewöhnlich in den Schlußsätzen findet – begegnet uns wieder eine schon bei den Violinconcerten beobachtete Freiheit der Form. Die Wiederkehr des Themas wird durch eine lange, ausgeschriebene Cadenz eingeleitet; als darauf zum zweitenmal eine neue Cadenz eintritt, leitet sie nicht ins Thema über, sondern in ein Menuetto Cantabile, welches ziemlich lange mit Begleitung des Orchesters festgehalten und variirt wird, in einer Weise, welche mehr und mehr den Charakter einer freien Phantasie annimmt und zuletzt wieder in eine Cadenz ausläuft, die dann ins Thema überleitet31, welches nun von Neuem durchgearbeitet und zu einem glänzenden Schluß geführt wird.

Eine Steigerung der Solokräfte begegnet uns auch hier in dem für die Gräfinnen Lodron im Februar 1776 geschriebenen [615] Concert für drei Klaviere (106). Eine streng contrapunktisch durchgeführte Selbständigkeit der drei Soloinstrumente, wie wir sie in den Bachschen Concerten finden, darf man hier nicht erwarten; aber es giebt sich eine große Geschicklichkeit und Freiheit und ein seiner Sinn kund für die Klangwirkungen, welche durch die verschiedenen Combinationen der Instrumente, durch Verdoppelungen, Verstärkung der Melodie oder des Basses, durch die Lage der Begleitung, auch durch das Abwechseln der Instrumente hervorgebracht wird. Im ersten Satz ist am meisten darauf gesehen, daß alle drei Klaviere in ziemlich gleicher und jedes in eigenthümlicher Weise zusammenwirken, obgleich auch hier schon das dritte Klavier den beiden andern gegenüber nicht ganz ebenbürtig erscheint; noch mehr aber tritt es in den beiden letzten Sätzen zurück, wo es mehr und mehr auf die Rolle der Begleitung angewiesen wird, so daß es im Finale sich auch nicht mehr an den Cadenzen betheiligt32. Der Charakter des Concerts ist lebhaft und heiter; das Ganze ist mit einem, hier sehr wohl angebrachten leichten Humor behandelt, der seinen Spaß darin findet, die drei Spieler in Bewegung zu setzen, und dadurch diese wie die Zuhörer zu unterhalten33.

Die Betheiligung des Orchesters bei diesem Concert ist eine durchaus selbständige. Auch hier sind die Partien der Tutti und des Accompagnements nicht vollständig geschieden, so daß das Orchester in jenen herrscht, in diesen dient, sondern jeder Satz ist ein Ganzes, mit Einsicht so gegliedert, [616] daß Orchester und Klavier einander gegenseitig fördern und tragen, und erst durch ihr Zusammenwirken das Kunstwerk zu Stande kommt.

Was die Behandlung des Klaviers anlangt, so sind die Hauptforderungen, welche Mozart an den Klavierspieler stellt, leicht zu fassen. Vor Allem ist es einfacher und gesangreicher Vortrag der Melodie, Klarheit und Nettigkeit der Verzierungen – welche, durch die Beschaffenheit der damaligen Klaviere bedingt, damals häufiger waren, aber den wesentlichen Charakter der Melodie erkennen lassen mußten –, Fertigkeit und Ausdauer in laufenden Passagen und im Triller. Viele Aufgaben der Technik, welche schon die nächste Zeit stellte, z.B. Octaven-Terzen-Sextengänge kommen noch gar nicht, oder mäßig vor. Beschränkt ist auch der Gebrauch der linken Hand; Geläufigkeit wird ihr vorherrschend nur in Begleitungsfiguren, selten in eigentlichen Passagen zugemuthet, dagegen wohl Selbständigkeit in Vortrag eigner Melodie. – Was der Componist mit diesen Mitteln einer noch beschränkten Technik zu leisten vermochte, das liegt uns klar erkennbar vor; das Leben, welches der Virtuos seinen Werken durch die Genialität der Ausführung zu verleihen vermochte, läßt sich durch keine Verrachtung über seine technischen Mittel wieder hervorrufen.

Fußnoten

1 Leop. Mozart schreibt seiner Frau (Rom 2. Mai 1770): »Du willst wissen, ob Wolfgang noch singt und geigt. Er geigt, aber nicht öffentlich.« Vgl. Beil. V, 23.


2 Brief 12. Aug. 1774.


3 Als es sich später um die Rückkehr nach Salzburg handelt, stellt ihm der Vater namentlich vor, wie anders seine Stellung in dieser Beziehung sein werde. »Vormahls« schreibt er ihm (24. Sept. 1778) »warst Du eigentlich nichts als Geiger und das als Concertmeister; nun bist Du Concertmeister und Hoforganist und die Hauptsache ist das Accompagnement beim Klavier. Das Violinspielen bei der ersten Sinfonie wirst Du wohl auch als Liebhaber, so wie der Erzbischof selbst und itzt alle Cavaliers die mitspielen Dir nicht zur Schande rechnen. – Das thut man zur Unterhaltung, und ich wette darauf, daß, ehe Du Deine Compositionen verhudeln läßt, Du greiffest selber zu.«


4 »Du weißt selbst nicht, wie gut Du Violin spielst,« schreibt ihm der Vater (18. Oct. 1777) »wenn Du nur Dir Ehre geben und mit Figur, Herzhaftigkeit und Geist spielen willst, ja, so als wärest Du der erste Violinspieler in Europa.« Wolfgang hatte ihm nämlich geschrieben (München 6. Oct. 1777), er habe seine Cassation aus B-dur gespielt; »da schaute Alles groß darein, ich spielte als wenn ich der größte Geiger in Europa wäre.«


5 Brunetti mußte im Theater ein Concert spielen, schreibt Leop. Mozart (6. Oct. 1777), »das war das Deine mit dem Straßburger«; er spielte es recht gut, nur in den beiden Allegro ging es zuweilen falsch, und einmal hätte er sich bald in eine Cadenz verstiegen.


6 »Brunetti lobt Dich nun erschrecklich«, schreibt der Vater (9. Oct. 1777) »und da ich letzlich sagte, Du spieltest doch auch passabilmente die Violin, schrie er laut: Cosa? cazzo! se suonava tutto! questo era del Principe un puntiglio mal inteso, col suo proprio danno


7 Von Augsburg schreibt er (24. Oct. 1777): »Ich machte eine Sinfonie und spielte auf der Violine das Concert ex B von Wanhall mit allgemeinem Applauso. – Auf die Nacht beim Souper spielte ich das Straßburger Concert. Es ging wie Oehl, Alles lobte den schönen reinen Ton.«


8 »Du wirst wohl auf der Violin, seit Du in München warst, Dich gar nicht geübt haben? Das wäre mir sehr leid« (9. Oct. 1777). »Die Violin hängt am Nagel, das bilde mir schon ein« (27. Nov. 1777).


9 Das für Brunetti componirte Adagio (92) hält gewissermaßen die Mitte; es ist ernsthafter im Ausdruck und breiter in der Anlage als die romanzenartigen Andantes, aber im Ganzen doch mehr zierlich und anmuthig.


10 Das Andante in 88 hat durch den polonaisenartigen Rhythmus einen eigenthümlichen Charakter.


11 Ich vermuthe daß die obige Bezeichnung des Concerts »mit dem Straßburger« sich auf einen solchen Satz gründet, kann aber darüber nichts Näheres nachweisen. Der Straßburger Tanz, der bloß in anmuthigen Verschlingungen der Arme und in zierlichen Stellungen des Körpers bestand, wurde von einzelnen, meist sehr jugendlichen Paaren im Cirkel der Walzenden ausgeführt (Car. Pichler Zeitbilder S. 149).


12 Das Stück geht aus Es dur; die Bratsche ist in D dur geschrieben und soll um einen halben Ton höher gestimmt werden, sowohl um ihr einen helleren Klang zu geben als um die Spielart zu erleichtern.


13 Für den ausgezeichneten Oboisten Gius. Ferlendi aus Brescia, der 1775 in die Kapelle in Salzburg eintrat, schrieb Mozart ein Oboenconcert, das nicht erhalten zu sein scheint. Mozart erzählt seinem Vater (4. Nov. 1777), er habe es dem Oboisten Ramm in Manheim geschenkt, der darüber vor Freuden närrisch sei, und später (14. Febr. 1778), daß derselbe es dort, wo es einen großen Lärm mache, bereits fünfmal gespielt habe. – Auch ein Concert für Fagott hat Mozart im Jahre 1774 geschrieben.


14 Das Violoncell hat hier, auch wo es nicht concertirend auftritt, durchgehend eine Begleitungsfigur selbständig auszuführen.


15 Auch im zweiten Violinconcert (88) hat das Rondo einen ähnlichen Charakter, ohne daß dortTempo di Menuetto angegeben ist, welches beim Rondo des Klavierconcerts in C (104), des Tripelconcerts (106) und des Klaviertrios in B nicht fehlt.


16 Ignaz Fränzl, geb. in Manheim 1730, seit 1750 in der churfürstlichen Kapelle, war als Violinspieler berühmt.


17 Als kleiner Knabe hatte Mozart, wie sein Vater ihm später erzählt (7. Dec. 1780), in Mainz dem Violinspieler Esser, der viele Kunststückchen machte, gesagt, er spiele gut, mache aber zu viel und solle lieber spielen, wie es geschrieben stehe. Er kam nach Salzburg, wo Leop. Mozart von ihm berichtet: »Esser ist ein lustiger alter närrischer Kerl. Er spielt aber (wenn er ernstlich spielt) mit der sichersten und erstaunlichsten Execution und hat aber auch ein schönes Adagio, das wenig starke Allegrospieler haben. Wenn er nun aber ins Spaßmachen kommt, dann spielt er auf der G-Saite allein mit der größten Fertigkeit. Mit einem Bleistifthölzl macht er auf die Saite schlagend Stücke mit erstaunlicher Geschwindigkeit und Genauigkeit. Die Viola d'amour spielt er charmant. Und was mich rührte und als eine anscheinende Kinderey frappirte war sein Pfeifen mit dem Munde, wo er Recitativ und Arie trotz jedem Sänger mit aller Expression, Schleifen, Stoßen, Triller etc. kurz zum Verwundern pfeift und sich selbst mit der Violine pizzicato accompagnirt.«


18 Zu diesen kann man wohl eine noch vorhandene Arbeit rechnen, die der Handschrift nach eher vor als nach 1770 gemacht worden ist (André Verz. 218):Tre Sonate del Sgr. Giovanni Bach ridotte in Concerti del Sgr. Amadeo Wolfgango Mozart. Es sind drei nicht sehr bedeutende Klaviersonaten von Johann – nicht Sebastian, sondern ChristianBach (S. 56f.), mit Quartettbegleitung. Diese wird Mozart zugesetzt haben; wie viel sonst er selbst dabei gethan hat, kann ich, da mir die Originale nicht bekannt sind, nicht angeben.


19 Es mag, da wir so wenig vom Detail der Studien kennen, bemerkt werden daß Leop. Mozart seiner Tochter schreibt, sie werde in München einen Flügel finden, auf dem sie fleißig die Sonaten von Paradies und Bach und das Concert von Lucchesi spielen müsse (16. Dec. 1774).


20 Es waren die vier Hefte Klaviersonaten aus den Jahren 1764, 1765, 1766 (S. 52f. 60f. 64f.) und vier Klavierconcerte, welche im April, Juni, Juli und August 1767 componirt wurden (André Verz. 192–195), wahrscheinlich für den bevorstehenden Aufenthalt in Wien.


21 Es stimmt mit allen übrigen Erscheinungen wohl überein, daß er im December 1773 nach seiner Rückkehr aus Wien ein Concert für das Klavier componirte (102 vgl. S. 238), sowie er dort zu der in Salzburg weniger gepflegten Kammermusik angeregt worden war; dann tritt auch hier wieder eine Pause ein.


22 Sie finden sich Oeuvres II S. 80ff.


23 In Paris bei der Duchesse de Chabot, wo er eine ihn wenig befriedigende Aufnahme fand, fing er die Fischerschen Variationen an, spielte die Hälfte und stand auf (1. Mai 1778). In Manheim ließ er für Herrn v. Gemmingen unter anderen Compositionen auch diese Variationen abschreiben (24. März 1778), und die sechs leichtesten von denselben überreichte er dem natürlichen Sohn des Churfürsten Karl Theodor (29. Nov. 1777).


24 Leop. Mozart schreibt (München 21. Dec. 1774), Nannerl solle des Wolfgangs geschriebene Sonaten mitbringen. Möglich daß zwei sehr bekannte Sonaten, welche als Sonata I (André Verz. 234. Oeuvres I, 1) und Sonata III (André Verz. 235. Oeuvres I, 3) bezeichnet sind, in diese Zeit gehören, da sie, was sonst nicht mehr vorkommt, im C-Schlüssel geschrieben sind. Von der zweiten Sonate in A moll (Oeuvres I, 6) war nur der Schluß erhalten.


25 »Heute habe ich alle meine sechs Sonaten beim Cannabich gespielt« schreibt er aus Manheim (4. Nov. 1777), und schon früher aus Augsburg (Oct. 1777): »Ich habe hier und in München schon alle meine Sonaten recht oft auswendig gespielt. Die fünfte in G habe ich in der vornehmen Bauernstub-Academie gespielt. Die letzte ex D kommt auf die Pianoforte vom Stein unvergleichlich heraus.« Diese letzte Sonate ex D wird in einem anderen Brief (Augsburg 24. Oct. 1777) als die Sonate »fürn Dürnitz« bezeichnet; sie waren also auf Bestellung gemacht. Aus diesen Andeutungen geht hervor, welche Sonaten gemeint sind: Oeuvres III, 3. 4. 2. 5. 6. I, 5, die in dieser Ordnung im Originalmanuscript (André Verz. 236) – dessen erster Bogen auf dem bekannten kleinen Papier geschrieben ist – als 6 Sonaten zusammen stehen.


26 Mozart schreibt seinem Vater von seiner lieben Mlle. Weber (Manheim 2. Febr. 1778): »Stellen Sie sich vor, sie hat meine schweren Sonaten, langsam aber ohne eine Note zu fehlen prima vista gespielt. Ich will bey meiner Ehre meine Sonaten lieber von ihr als vom Vogler spielen hören.«


27 Sie bestehen nach alter Weise aus drei Sätzen. Eine Abweichung von der gewöhnlichen Regel zeigen die vierte, welche aus einem langen Adagio, zwei Menuetts (deren zweites anstatt eines Trio ist) und Allegro besteht, und die letzte, in der auf das erste Allegro ein Rondeau en Polonaise – ähnlich wie im Violinconcert 88 – und zum Schluß Variationen folgen.


28 André Verz. 225. »Divertimento à 3, Cembalo Violino e Violoncello del Sgr. Caval. Amadeo Wolfgango Mozart nel Agosto 1776 in Salisburgo.« Es findet sich Oeuvres XII, 3.


29 Wolfgang schreibt aus München (6. Oct. 1777): »Dann spielte ich das Trio von mir; das war gar schön accompagnirt [von Dubreil]; im Adagio hab ich 6 Tact seine Rolle spielen müssen.« Leopold Mozart berichtet ihm (26. Jan. 1778), Janitsch und Reicha hatten der Nannerl sein Trio ex B accompagnirt, und recht vortrefflich.


30 Jedermann wird sich dabei an den Schluß des Adagio in Beethovens C-dur Concert erinnern, wie ja auch dem Eingang seines Es-dur Concerts ein ähnlicher Gedanke wie dem Mozartschen zu Grunde liegt.


31 Dittersdorf erzählt (Selbstbiogr. S. 47f.) wie zu seiner Zeit die Sitte aufgekommen sei an die Stelle der Cadenzen oder Capricci, in welchen der Virtuos seine Fertigkeit zeigte, eine freie Phantasie einzuschalten, in welcher man in ein einfaches Thema überging, das nach allen Regeln der Kunst einigemal variirt wurde. Offenbar beruht die Einführung eines neuen Themas hier wie in den Violinconcerten auf eben jener Sitte, nur daß hier ausgeführt ist, was auch der freien Phantasie überlassen blieb. – Die von Mozart selbst ausgearbeiteten Cadenzen zum Concertone, zur Concertante und zum Tripelconcert zeigen ganz die auch später übliche Weise eins oder mehrere Hauptmotive des Satzes frei zu behandeln, glänzend mit Passagen zu umgeben und diese namentlich als die Handhabe einer reichen modulatorischen Abwechslung zu verwenden. Uebrigens wird der Anfang der Cadenz regelmäßig auf den Quartsextenaccord gebauet, der meistens ebenso wie in der Arie (S. 301) herbeigeführt wird.


32 Mozart konnte daher ohne allzuviel aufzugeben dies Concert auch für zwei Klaviere bearbeiten; die so geänderten Solostimmen sind von seiner Hand geschrieben noch vorhanden.


33 Mozart scheint selbst Freude an diesem Concert gehabt zu haben und berichtet seinem Vater mit einiger Genugthuung, daß es ihm gelungen sei sowohl in Augsburg (24. Octbr. 1777) als in Manheim (24. März 1778) dasselbe zur Aufführung zu bringen.


Quelle:
Jahn, Otto: W.A. Mozart. Band 1, Leipzig: Breitkopf und Härtel, 1856, S. 1.
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