5.

Am 30. März langten die Reisenden in Florenz an. Hier war ihnen durch österreichische Empfehlungen die beste Aufnahme bereitet. Der kaiserliche Gesandte Graf Rosenberg meldete sogleich ihre Ankunft bei Hofe, wo sie vom Großherzog Leopold ungemein gnädig empfangen wurden; er erinnerte steh ihrer von dem früheren Aufenthalt in Wien her und erkundigte sich auch nach der Nannerl. Am zweiten April ließ Wolfgang sich bei Hofe hören, Nardini, der berühmte Violinist, accompagnirte und der Marquis von Ligniville, Director der Musik am Hofe von Toscana, ein gründlicher Contrapunktist, obgleich er nur Dilettant war1, stellte den jungen Künstler auf die Probe. Er mußte die schwersten Fugen vom Blatt spielen und erhielt die verwickeltsten Themata zur Ausführung; die Bewunderung war um so größer da er die [197] schwierigsten Aufgaben mit einer Leichtigkeit löste »wie man ein Stück Brod ißt.« In Florenz trafen sie ihren alten Bekannten aus London, den Sänger Manzuoli, und es gereichte Wolfgang zu großer Freude als er hörte, daß man von Mailand aus mit ihm in Unterhandlung stand, um ihn für seine Oper zu engagiren. Eine zärtliche Freundschaft stiftete er aber mit einem vierzehnjährigen Engländer Thomas Linley2, welcher sich als Schüler bei Nardini aufhielt und bereits so Außerordentliches als Violinspieler leistete daß man ihn seinem Lehrer nahe stellte. Die beiden Knaben lernten sich bei Sgra. Maddalena Morelli, welche unter dem Namen Corilla als Improvisatrice und auf dem Capitol gekrönte Dichterin berühmt war3, kennen und waren während der wenigen Tage, die Mozarts sich in Florenz aufhielten, unzertrennlich, indem sie unermüdlich mit einander wetteiferten. Endlich brachte Tommasino, wie Linley in Italien hieß, zum Abschied, der beiden Knaben bittre Thränen kostete, noch ein Gedicht an Wolfgang, das Corilla ihm verfaßt hatte4.

Ungern trennten sie sich von einer Stadt, von der L. Mozart seiner Frau schrieb »ich wollte, daß du Florenz selbst und [198] die ganze Gegend und Lage der Stadt sehen könntest: du würdest sagen, daß man hier leben und sterben soll.« Allein die Zeit drängte, wenn sie in Rom zu den Feierlichkeiten der Charwoche eintreffen sollten. Am Mittag des Charmittwochs kamen sie dort an, noch zeitig genug um in die Sirtinische Capelle zu eilen und das Miserere von Allegri zu hören5. Und hier legte Wolfgang jene berühmte Probe seinen Gehörs, scharfer Auffassung und treuen Gedächtnisses ab.

»Du weißt« schreibt L. Mozart »daß das hiesige berühmte Miserere so hoch geachtet ist, daß den Musicis der Kapelle unter der Excommunication verboten ist eine Stimme davon aus der Capelle wegzutragen, zu copiren oder Jemanden zu geben6. Allein wir haben es schon. Wolfgang hat es schon [199] aufgeschrieben und wir würden es in diesem Briefe nach Salzburg geschickt haben, wenn nicht unsere Gegenwart es zu machen nothwendig wäre. Die Art der Production muß mehr dabei thun als die Composition selbst7. Wir indessen wollen es auch nicht in andere Hände lassen, dieses Geheimniß, ut non incurramus mediate vel immediate in censuram ecclesiae.« Bei der wiederholten Aufführung am Charfreitag nahm Wolfgang sein Manuscript mit in die Capelle und verbesserte im Hut einige Stellen, wo ihm sein Gedächtniß nicht ganz treu gewesen war. Die Sache wurde dennoch in Rom bekannt und machte natürlich großes Aufsehen; als Wolfgang veranlaßt wurde in einer Gesellschaft in Gegenwart des päbstlichen Sängers Christofori dasselbe vorzutragen und dieser die genaue Uebereinstimmung anerkannte, war das Erstaunen außerordentlich.

Zunächst suchten sie an allen Feierlichkeiten der Char- und Osterwoche Theil zu nehmen. »Unsere gute Kleidung« schreibt L. Mozart »die deutsche Sprache und meine gewöhnliche Freiheit, mit welcher ich meinen Bedienten in deutscher Sprache den geharnischten Schweizern zurufen ließ, daß sie Platz machen sollten, halfen uns aller Orten bald durch.« Er war es wohl zufrieden, daß man Wolfgang für einen deutschen Cavalier oder gar Prinzen, ihn für dessen Hofmeister hielt. Bei der Tafel der Cardinäle stand Wolfgang neben dem Sessel des Cardinal Pallavicini und erregte dessen Aufmerksamkeit, [200] so daß er ihn um seinen Namen fragte. Als er ihn erfahren, sagte er erstaunt: »Ei, sind Sie der berühmte Knabe, von dem mir so Vieles geschrieben worden ist?« unterhielt sich freundlich mit ihm, lobte sein Italiänisch und radebrechte sogar etwas Deutsch mit ihm.

Nachdem die kirchlichen Festlichkeiten vorüber waren, singen sie an ihre zwanzig Empfehlungsbriefe abzugeben und der Empfang von Seiten der vornehmen Familien, der Chigi, Barberini, Bracciano, Altemps, wie das Erstaunen über Wolfgangs Leistungen war wie wir es schon kennen, nur meinte L. Mozart, je tiefer sie in Italien hineinkämen, desto lebhafter werde die Bewunderung. Eine Gesellschaft, eine Akademie, in der Wolfgang sich hören lassen mußte, drängte die andere; daneben war er auch für steh fleißig mit Componiren, wir wissen von einer Arie und einer Symphonie, die er hier schrieb8, auch schickte er einen Contretanz nach Salzburg mit einer genauen Anweisung für die Ausführung9.

Am 8. Mai verließen sie Rom, wo ihnen der Aufenthalt [201] auch dadurch sehr angenehm gemacht worden war, daß sie eine Wohnung im Hause des auf einer Reise abwesenden päbstlichen Couriers Ustinghi erhalten hatten, in welcher sie, von dessen Frau und Tochter mit aller ersinnlichen Aufmerksamkeit behandelt, sich behaglich und wie heimisch fühlten. Die Reise nach Neapel machten sie in Gesellschaft von vier Augustinermönchen, was ihnen den Vortheil verschaffte Mittags und Nachts in den am Wege liegenden Klöstern gastliche Aufnahme zu finden, ja sogar an der Einkleidungsfeier einer Nonne als Gäste im Kloster Theil zu nehmen.

Neapel, wo sie von Mitte Mai bis Mitte Juni blieben, übte auch auf unsere Reisenden den unwiderstehlichen Zauber der reizenden Natur aus. Sie waren von Wien aus gut bei Hof empfohlen; die Königin Caroline, die Wolfgang erst kürzlich in Wien gesehen hatte, empfing sie aufs gnädigste und grüßte sie freundlich, so oft sie ihnen begegnete; zum Spielen bei Hofe kam es aber nicht, denn der König, obgleich nicht unmusikalisch, hatte bekanntlich für Nichts Interesse, das einige Bildung voraussetzte. Der allmächtige Minister Tanucci stellte ihnen seinen Haushofmeister zu Diensten um ihnen alle Seltenheiten zu zeigen. Der Adel folgte natürlich diesem Beispiel; unter den Gönnern Wolfgangs finden wir auch die alte Fürstin Belmonte, die Beschützerin Metastasios10 und den Musikern interessant, weil der Tenorist Raff sie durch seinen Gesang von einer tiefen Melancholie geheilt hatte. Der Sammelplatz der Künstler und Gelehrten war das Haus des englischen Gesandten Will. Hamilton, mit dem Mozarts noch von London her bekannt waren. Seine Gemahlin galt für die beste Klavierspielerin in Neapel11; nicht ohne ein [202] Gefühl des Triumphs schreibt L. Mozart daß sie gezittert habe, als sie vor dem vierzehnjährigen Wolfgang spielen sollte. Unter so günstigen Umständen gelang es auch ein glänzend besuchtes öffentliches Concert zu Stande zu bringen, das eine gute Einnahme lieferte, die ihnen doppelt willkommen war, da sie eine längere Zeit hindurch keine Einnahme zu erwarten hatten. Charakteristisch für die Neapolitaner ist die Anecdote, daß als Wolfgang im Conservatorio alla pietà spielte, die Fertigkeit seiner linken Hand die Zuhörer auf den Gedanken brachte, in einem Ring den er an der Hand trug stecke ein Zauber; bis er ihn abzog und nun die Verwunderung wie der Beifall kein Ende nahm.

Auch für das musikalische Interesse war die Zeit ihres Aufenthaltes in Neapel günstig. Außer den vortrefflichen Vorstellungen der komischen Oper im teatro nuovo begannen mit dem Namenstage des Königs am 30. Mai die Vorstellungen der großen Oper in S. Carlo, für welche Jomelli, Caffaro und Ciccio di Majo engagirt waren; als erste Sängerin glänzte die de Amicis, als erster Sänger Aprile. Jomelli, der im Jahr 1768 aus Stuttgart nach Neapel zurückgekehrt war, versuchte damals zuerst mit der Oper Armida die Gunst seiner Landsleute wiederzugewinnen12. Wolfgang fand sie schön, aber zu gescheut und zu altväterisch [203] für das Theater (Beil. V, 17). Das war wohl das allgemeine Urtheil im Publicum; es ist bekannt, daß man in Neapel mit steigendem Unwillen über Jomellis Gelehrsamkeit und Herbigkeit seine Opern aufnahm und die dritte Ifigenia in Aulide durchfallen ließ. Persönlich fanden sie Jomelli, was man ihm nicht immer nachrühmte, höflich und freundlich. Bei ihm lernten sie auch den Impresario Amadori kennen, der Wolfgang eine scrittura für S. Carlo anbot, was aber wegen der für Mailand bereits übernommenen Oper so wenig angenommen werden konnte als ähnliche Anerbietungen, die man ihm auch schon in Bologna und Rom gemacht hatte.

Am 25. Juni fuhren sie mit Extrapost nach Rom zurück. Unterwegs wurde durch die Schuld eines brutalen Postillions der Wagen umgeworfen; Leopold rettete seinen Sohn vor der Gefahr hinauszustürzen, er selbst trug eine nicht unerhebliche Beschädigung davon. Von der anstrengenden Reise – sie fuhren ohne sich unterwegs auszuruhen in sieben und zwanzig Stunden nach Rom – war Wolfgang so ermüdet daß er, nachdem er kaum ein wenig gegessen hatte, auf dem Stuhl fest einschlief und vom Vater entkleidet und ins Bett gebracht werden mußte ohne daß er aufwachte.

Der Aufenthalt in Rom, wo sie die Girandola, die Erleuchtung der Peterskirche, die Ueberreichung des neapolitanischen Tributs und ähnliche Herrlichkeiten bewunderten, brachte Wolfgang eine neue Auszeichnung, indem der Pabst ihm in einer Audienz am 8. Juli das Ordenskreuz vom goldenen Sporn verlieh, »das nämliche was Gluck hat«, wie der [204] Vater nicht ohne Stolz meldet13. »Du kannst Dir einbilden wie ich lache« schreibt er »wenn ich allezeit zu ihm Signor Cavaliere sagen höre.« Auf Wolfgang machte diese Ehre offenbar keinen großen Eindruck; zwar schrieb er in den nächsten Jahren auf seine Compositionen gewöhnlich »Del Sign. Cavaliere W.A. Mozart«, auch trug er auf seiner Reise nach Paris in Augsburg dem Rath seines Vaters gemäß das Kreuz – nicht ohne Unannehmlichkeit, wie wir sehen werden –, allein später ließ er es ganz fallen und man hat nie vom Ritter Mozart gehört. Es ist charakteristisch daß Gluck, der dasselbe Kreuz trug, auf seinen Charakter als Ritter hielt. Er hatte auch darin Aehnlichkeit mit Klopstock, daß er die höhere Mission des schaffenden Künstlers auch äußerlich anerkannt wissen wollte; und da Fürsten und Adliche derzeit im Wesentlichen das Publicum bildeten mit dem die Künstler verkehrten, setzte er Werth darauf zum Trotz der Kluft, welche Adliche und Bürgerliche schied, nicht nur ihnen den Stolz des Künstlers zu beweisen sondern wie sie als vornehmer Herr zu leben. Mozart fehlte es weder als Mann noch als Künstler an Selbstgefühl – wir werden sehen daß er es bei mehr als einer Prüfung bewährte –, aber um irgendwelche Prätension [205] an äußere Stellung zu machen war er zu einfach und zu sehr Musiker.

Am 10. Juli verließen sie Rom, und reisten über Cività Castellana, wo Wolfgang die Orgel spielte, Loretto und Sinigaglia nach Bologna. Hier langten sie am 20. Juli an, mit der Absicht so lange einen ruhigen Aufenthalt zu nehmen bis Wolfgangs Anwesenheit in Mailand zum Vollenden und Einstudiren der Oper nöthig sein würde. Auf die freundliche Einladung des Grafen Pallavicini brachten sie den heißen Monat August als seine Gäste auf einem Landgut in der Nähe von Bologna sehr bequem und angenehm zu. In der Stadt verkehrten sie besonders mit dem Padre Martini sehr viel14 und es ist wohl anzunehmen, daß die Rücksicht auf diesen Verkehr und den guten Eindruck den es machen würde, wenn Wolfgang unter seinen Augen längere Zeit arbeitete, einigen Einfluß auf die Wahl dieses Aufenthaltsortes gehabt [206] hat. Wolfgang war denn auch fleißig im Componiren; er schreibt seiner Schwester von vier italiänischen Symphonien, fünf bis sechs Arien und einer Mottette, die er geschrieben habe15, und Ende September fing er auch an die Recitative seiner Oper zu machen. Während dieses Aufenthalts machten sie auch die Bekanntschaft des derzeit berühmten Operncomponisten Misliweczeck16, welcher dort ein Oratorium für Padua vollendete um dann nach Böhmen zurückzukehren17. »Er ist ein Ehrenmann« schreibt L. Mozart »und wir haben vollkommene Freundschaft mit einander gemacht.« Wolfgang sollte aber Bologna nicht verlassen ohne noch einer besonderen Ehre gewürdigt zu werden.

Die im Jahr 1666 gestiftete accademia filarmonica in Bologna, deren feierliche Aufführung sie am 13. August mit [207] angehört hatten18, beschloß Wolfgang nach abgehaltener Prüfung unter ihre Mitglieder aufzunehmen19. Leopold beschreibt uns den Vorgang folgendermaßen. »Wolfgang mußte den 9. October Nachmittags um vier Uhr im akademischen Saale erscheinen. Da gab ihm der Princeps academiae und die zwei Censoren (die alle alte Kapellmeister sind) in Gegenwart aller Mitglieder eine Antiphona aus demAntiphonarium vor, die er in einem Nebenzimmer, wohin ihn der Pedell führte und die Thüre zuschloß, vierstimmig setzen mußte. Nachdem er sie fertig hatte, wurde sie von den Censoren und allen Kapellmeistern und Compositoren untersucht und votirt durch schwarze und weiße Kugeln. Da nun alle Kugeln weiß waren, so wurde er gerufen. Alle klatschten bei seinem Eintritt mit den Händen und wünschten ihm Glück, nachdem ihm vorher der Princeps im Namen der Gesellschaft die Aufnahme angekündigt hatte. Er bedankte sich und damit war es vorbei. [208] Ich war unterdessen mit meinem Begleiter auf einer anderen Seite des Saals eingesperrt in der akademischen Bibliothek. Alle wunderten sich daß er es so geschwind fertig hatte, da Manche drei Stunden mit einer Antiphona von drei Zeilen zugebracht haben. Du mußt aber wissen daß es nichts Leichtes ist, indem diese Art der Composition viele Sachen ausschließt, die man nicht darin machen darf, wie man ihm vorhergesagt hatte20. Er hatte es in einer halben Stunde fertig. Das Patent brachte uns der Pedell ins Haus«21.

Fußnoten

1 Er hatte das Salve regina als dreistimmigen Canon componirt und zierlich stechen lassen um es an Freunde zu verschenken, Burney Reisen I S. 189; ein in gleicher Weise componirtes Stabat mater erwähnt Fotis; vielleicht ist ein von Mozarts Hand covirtes dreistimmiges Stabat mater in 9 Sätzen, welche canonisch mit verschieden vertheilten Stimmen behandelt sind, das André in seinem handschriftlichen Verzeichniß anführt, eben dieses Werk. Unter den Mozartschen Handschriften befindet sich ein Heftchen (André Verz. 23), mit einem Kyrie, Christe undKyrie, jedes als Canon ad unisonum für 5 Sopranstimmen componirt, das der Schrift nach in diese Zeit zu gehören scheint. André vermuthet daß diese Sätze nach dem Muster jener Compositionen von Ligniville in Florenz geschrieben seien. Die von Mozart abgeschriebenen 9 Sätze eines dreistimmigen Stabat mater sind allerdings nach dem von Ligniville copirt, wie ich mich durch Vergleichung der 1767 in Florenz gestochenen Ausgabe desselben überzeugt habe, die mir Hr. D. Lindner zur Einsicht mitgetheilt hat.


2 Thomas Linley, der Sohn eines englischen Componisten, war 1756 in Bath geboren. Nachdem er 1772 aus Florenz nach England zurückgekehrt war, erregte er als Virtuos und Componist die größten Hoffnungen, welchen ein frühzeitiger Tod – er ertrank bei einer Wasserfahrt – im Jahr 1778 ein Ende machte.


3 Vgl. Barthold Die geschichtl. Persönl. in Casanovas Memoiren II S. 177.


4 Burney Reise I S. 185f. »Vom Tomasino und dem kleinen Mozart spricht man in ganz Italien als von zwei Genies, die die größte Hoffnung geben.« Holmes erzählt, daß Mozart, wenn er später in Wien mit Engländern zusammentraf, stets Linleys gedachte, und daß dessen Bruder Ozias Linley einen italiänischen Brief von Mozart an Thomas Linley aufbewahrt habe.


5 Das Miserere (der fünfzigste Psalm) von Dom. Allegri, der zwischen 1629 und 1640 Mitglied der päbstlichen Capelle war, componirt, abwechselnd für fünf- und vierstimmigen Cher mit einem neunstimmigen Schlußchor, wurde regelmäßig am Mittwoch und Freitag der Charwoche gesungen; am Gründonnerstag wechselte man mit dem Miserere von Anerio, Naldini und Scarlatti, bis 1714 das Miserere von Bai jene verdrängte. Seit 1821 wird das Miserere von Allegri nur einmal gesungen und eins von Baini als das dritte aufgeführt. Baini mem. stor. crit. II p. 195ff. Kandler G. Pierluigi da Palästrina S. 96ff.


6 So sagte man wenigstens; allein Burney erzählt nicht allein daß auf Befehl des Pabstes Abschriften für Kaiser Leopold, den König von Portugal und Padre Martini gemacht worden seien, sondern auch daß der päbstliche Kapellmeister Santarelli ihm eine Abschrift sämmtlicher Gesange der Charwoche mittheilte (Reise I S. 202f. 208ff.), nach welcher er sie 1771 in London drucken ließ, worauf sie in Leipzig und Paris wiederholt sind. Auch in Florenz, wo man das Allegrische Miserere sang, wurde ihm eine Abschrift angeboten (I S. 182); ungenaue, nach dem Gedächtniß gemachte Aufzeichnungen kamen ihm mehrfach vor. Diesen bestimmten Angaben gegenüber kann man die Behauptung Bainis (Cäcilia II S. 69ff.) kaum anders als für übertrieben halten, daß es nie eine Partitur oder Abschrift des Miserere gegeben habe, da es bloß durch mündliche Traditton der Sänger überliefert worden sei und dem Capellmeister seine Amtspflicht verboten habe, eine Partitur auszuarbeiten oder gar mitzutheilen. Allein die von ihm gegebenen Aufschlüsse machen es begreiflich, warum das Miserere nicht genau so gedruckt ist, wie es jetzt gesungen wird.


7 Wie viel der auf alter Tradition und dem sorgfältigsten Studium beruhende Vortrag der päbstlichen Sänger zu der Wirkung des Miserere beiträgt, weiß Jeder der den Aufführungen der Charwoche in der Sixtina beigewohnt hat.


8 André Verzeichn. 110. Die Arie (ebend. 66) Se ardire e speranza, welche Wolfgang (Beil. V, 10) erwähnt ist aus Metastasios Demofoonte (A. I sc. 13); ebenso die ebenfalls in Rom im selben Jahr componirte Arie (André Verz. 67) Se tutti i mali miei (A. II, sc. 6).


9 »Wolfgang befindet sich gut und schickt einen Contretranz. Er wünscht daß Hr. Cyrillus Hofmann die Schritte dazu componiren möchte, und zwar möchte er, daß, wenn die zwei Violinen als Vorsänger spielen, auch nur zwei Personen vortanzen, und dann allezeit, so oft die Musik mit allen Instrumenten eintritt, die ganze Compagnie zusammentanze. Am schönsten wäre es, wenn es mit fünf Paaren getanzt würde. Das erste Paar fängt das erste Solo an, das zweite tanzt das zweite und so fort, weil fünf Solo und fünf Tutti sind.« Auch in den Briefen an die Schwester ist von der Tanzmusik und dem verschiedenen Charakter derselben in Italien und Deutschland öfter die Rede, sowie er sich auch neue Menuetten von Haydn schicken ließ (Beil. V, 8. 14. 26).


10 Metastasio opp. post. III p. 258.


11 Dies bestätigt auch Burney Reise I S. 241. Uebrigens ist hier die erste Gemahlin Hamiltons gemeint, nicht die berüchtigte Pantomime Lady Emma Hamilton.


12 Nur aus einem Versehen kann Fétis die Aufführung der Armida ins Jahr 1771 setzen; auch den Demofoonte hörte Burney 4. Nov. 1770 (Reise I S. 252). Ueber diesen schreibt L. Mozart am 22. Dec. 1770 von Mailand aus, daß »des Herrn Jomelli zweite Oper in Neapel jetzt so a terra gegangen ist, daß man gar eine andere dafür einsetzen will. Dies ist nun ein so berühmter Meister, aus dem die Italiäner einen so erschrecklichen Lärm machen. Es war aber auch ein wenig närrisch, daß er in einem Jahre zwei Opern auf dem nämlichen Theater zu schreiben unternommen, um so mehr, als er hat merken müssen, daß seine erste Oper keinen großen Beifall hatte.«


13 Dittersdorf, der es auch erhielt, handelt genauer davon in seiner Selbstbiographie S. 84f.: »Dieser Orden wird in Rom ausgetheilt und die Mitglieder desselben führen den Titel Comites Palatini Romani. Sie erhalten ein auf Pergament geschriebenes und durch ein großes Insiegel bestätigtes Diplom. Auch genießen sie in Rom, wie in allen päbstlichen Staaten alle Freiheiten des Adels und können frei und ungehindert in den päbstlichen Palast eintreten, haben auch daselbst den Rang, den an anderen regierenden Höfen die Kammerherren haben. Ihr Ordenszeichen ist ein gelb emaillirtes in Gold gefaßtes Kreuz in Gestalt wie das der Malteser-Ritter. Sie tragen dasselbe sowie jene um den Hals an einem ponceaufarbenen Bande, auch etwas kleiner und manchmal ganz von Gold an einem rothen Bande im Knopfloch an der Brust.«


14 »Meine Violinschule hat Pater Martino jetzt durch Euch erhalten. Wir sind die besten Freunde zusammen. Jetzt ist der zweite Theil seines Werkes fertig. Ich bringe beide Theile nach Hause. Wir sind täglich bei ihm und halten musikalisch-historische Unterredungen.« (Brief 6. Oct. 1770.) Das Zeugniß welches er Wolfgang ausstellte, lautet so:


Bologna li 12 Oct. 1770.


Attesto io infra scritto, come avendo avuto sotto degli occhi alcuni composizioni musicali di vario stile, e avendo più volte ascoltato suonare il Cembalo, il Violino, e cantare il Sign. Cav. Amadeo Wolfgango Mozart di Salisburgo, Maestro di Musica della Camera di Sua Altezza l'Eccelso Principe Arcivescovo Salisb. in età di anni circa 14, con mia singolare ammirazione e l'ho ritrovato versatissimo in ognuna delle accennate qualità di Musica, avendo fatta la prova sopra tutto nel suono di Cembalo con dargli varj soggetti all' improvviso, il quali con tutta maestria ha condotti con qualunque condizione, che richiede l'Arte. In fedi di che ho scritta e sottoscritta la presente di mia mano.


P. Giambatista Martini

minor Conventuale.


15 Unter dem Mozartschen Nachlaß bei André (Verzeichn. 9) befindet sich ein dreistimmiges Miserere für Alt, Tenor und Baß mit beziffertem Continuo das die Ueberschrift del Sigr. Caval. W.A. Mozart in Bologna 1770 trägt. Es ist offenbar unter dem Einfluß des in Rom gehörten sixtinischen Miserere geschrieben, meist harmonisch, mit einzelnen kleinen imitatorischen Eintritten, einfach und recht schön. Die drei letzten Sätze Quoniam, Benigne, Tunc acceptabis sind aber von anderer Hand auf einem Blatt verschiedenen Papiers geschrieben und offenbar auch nicht von Mozart componirt; der Satz ist herber und einfacher. Es wäre wohl denkbar daß diese Blatter eine Frucht und ein Andenken des musikalischen Verkehrs mit Padre Martini sind.


16 Joseph Misliweczeck, der Sohn eines Müllers in der Nähe von Prag, wurde 1737 geboren. Nach dem Tode seines Vaters widmete er sich der Musik und ging, nachdem er seine Studien in Prag ge macht hatte, nach Italien, wo er, besonders in Neapel, mit seinen Opern Glück machte und gewöhnlich il Boemo genannt wurde. Er starb 1781 in Rom.


17 Burney traf ihn im Jahr 1772, da er eben aus Italien zurückgekehrt war, in Wien (Reise II S. 271).


18 Burney, der ebenfalls zugegen war, beschreibt die Feierlichkeit ausführlich (Reise I S. 166ff.). Die einzelnen Sätze der Messe wie der Vesper waren von Mitgliedern der Gesellschaft componirt, deren jeder seine Composition dirigirte, im Ganzen zehn. Er fügt dann hinzu (a.a.O. S. 170): »Ich muß meinen musikalischen Lesern nicht verschweigen, daß ich bei diesen Musiken Herrn Mozart und seinen Sohn, den kleinen Deutschen gefunden habe, dessen frühzeitige und stets übernatürliche Talente uns vor einigen Jahren zu London in Erstaunen setzten, als er kaum über seine Kinderjahre hinaus war. Seit seiner Ankunft in Italien ist er zu Rom und Neapel sehr bewundert worden.«


19 Es war dies ein gewisses Ehrenzeugniß, welches ausgezeichneten Componisten gern ausgestellt wurde; auch war es für Kirchencomponisten nicht ohne Bedeutung, da Benedict XIV in einer Bulle vom Jahr 1749 der philharmonischen Gesellschaft eine Art von Oberaufsicht gegeben hatte, so daß nur von derselben anerkannte Mitglieder Kapellmeister an Kirchen in Bologna werden konnten, und an anderen Kirchen des päbstlichen Gebietes vertrat diese Mitgliedschaft die Stelle jeder Prüfung; vgl. Gretry Mém. I p. 91. Das Breve findet sich bei Tognetti Discorso sui progressi della musica. Bologne 1818.


20 S. Beilage VII.


21 Daß Patent lautet:


Princeps caeterique academici philharmonici omnibus et singulis praesentes litteras lecturis felicitatem.

Quamvis ipsa virtus sibi suisque sectatoribus gloriosum comparet nomen, attamen pro maiori eiusdem maiestate publicam in notitiam decuit propagari. Hinc est quod huiusce nostrae philharmonicae academiae existimationi et incremento consulere singulorumque academicorum scientiam et profectum patefacere intendentes testamur Domin. Wolfgangum Amadeum Mozart e Salisburgo sub die 9 Mensis Octobris anni 1770 inter academiae nostrae magistros compositores adscriptum fuisse. Tanti igitur coacademici virtutem et merita perenni benevolentiae monumento prosequentes hasce patentes litteras subscriptas nostrique consessus sigillo impresso obsignatas dedimus.

Bononiae ex nostra residentia die 10 mensis Octobris anni 1770


Princeps Petronius Lanzi

Aloysius Xav. Ferri

a secretis.

Camplonerius

Cajetanus Croci.


Registr. in libro Campl. G. pag. 147.


Quelle:
Jahn, Otto: W.A. Mozart. Band 1, Leipzig: Breitkopf und Härtel, 1856, S. 1.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Lessing, Gotthold Ephraim

Miß Sara Sampson. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Miß Sara Sampson. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Die tugendhafte Sara Sampson macht die Bekanntschaft des Lebemannes Mellefont, der sie entführt und sie heiraten will. Sara gerät in schwere Gewissenskonflikte und schließlich wird sie Opfer der intriganten Marwood, der Ex-Geliebten Mellefonts. Das erste deutsche bürgerliche Trauerspiel ist bereits bei seiner Uraufführung 1755 in Frankfurt an der Oder ein großer Publikumserfolg.

78 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon