§. 7.

[57] Wenn nun der Lehrling unter genauer Beobachtung der itzt gegebenen Regeln die Musikleiter, oder das sogenannte musikalische A, b, c, abzuspielen angefangen hat; so muß er so lang damit fortfahren, bis er es rein und ohne allen Fehler weg zu geigen im Stande ist. Hier stecket wirklich der gröste Fehler, der sowohl von Meistern als Schülern begangen wird. Die ersten haben oft die Gedult nicht die Zeit abzuwarten; oder sie lassen sich von dem Discipel verführen, welcher alles gethan zu haben glaubet, wenn er nur bald ein paar Menuete herabkratzen kann. Ja vielmal wünschen die Eltern, oder andere des Anfängers Vorgesetzte nur bald ein dergleichen unzeitiges Tänzel zu hören, und glauben alsdann Wunder, wie gut das Lehrgeld verwendet worden. Allein, wie sehr betrügt man sich! Wer sich nicht gleich Anfangs die Lage der Töne durch öfteres Abspielen des A, b, c, rechtschaffen bekannt machet, und wer nicht durch fleißiges Abspielen der Musikleiter es dahin bringet, daß ihm die Ausdehnung und Zurückziehung der Finger so, wie es ieder Ton erfordert, schon so zu reden, natürlich kömmt, der wird allezeit in Gefahr laufen falsch und ungewiß zu greifen.

Quelle:
Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Wien (1922), S. 57.
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