104. Mozarteum.

[158] Paris 29. Mai 1778.

Ich befinde mich Gott Lob und Dank so ganz erträglich; übrigens weiß ich aber oft nicht, ist es gehaut oder gestochen, – mir ist weder kalt noch warm, – finde an nichts viel Freude; was mich aber am meisten aufrichtet und guten Muths erhält, ist der Gedanke, daß Sie liebster Papa und meine liebe Schwester sich gut befinden, – daß ich ein ehrlicher Deutscher bin und daß ich, wenn ich schon allzeit nicht reden darf, doch wenigstens denken darf, was ich will; das ist aber auch das einzige. Gestern war ich das zweite Mal beim Hrn. Graf von Sickingen churfürstlich pfälzischem Gesandten (denn ich habe schon einmal mit Hrn. Wendling und Raaff dort gespeist), welcher, ich weiß nicht, ob ich es schon geschrieben habe, ein charmanter Herr, passionirter Liebhaber und Kenner der Musik ist. Da habe ich ganz allein bei ihm 8 Stunden zugebracht, da waren wir Vormittag und Nachmittag bis 10 Uhr Abends immer beim Clavier, allerlei Musik durchgemacht, belobet, bewundert, recensirt, raisonnirt und kritisirt. Er hat so beiläufig gegen 30 Spartiten von Opern.

Nun muß ich Ihnen sagen, daß ich die Ehre gehabt habe, Ihre Violinschule französisch übersetzt zu sehen, ich glaube es sind schon wenigstens 8 Jahre, daß es übersetzt ist. Ich war just in dem Musikladen, um ein Oeuvre Sonaten von Schobert für eine Scolarin zu kaufen; ich werde aber nächstens hingehen und es besser betrachten, um Ihnen ausführlicher davon schreiben zu können, die Zeit war mir nämlich zu kurz.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 158.
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