141. Mozarteum.

[263] Wien 17. März 1781.

Gestern als den 16. bin ich Lob und Dank ganz mutterselig allein in einer Postchaise hier angekommen. Die Stunde hätte ich bald vergessen, morgens um 9 Uhr; ich kam Donnerstag den 15. müde wie ein Hund Abends um 7 Uhr in St. Pölten an, legte mich bis 2 Uhr Nachts schlafen und fuhr dann gerade bis nach Wien. – Dieses schreib ich wo? – im Mesmerischen Garten auf der Landstraße [vgl. S. 5]. Die alte gnädige Frau ist nicht zu Hause, aber die gewesene Frl. Franzl nunmehr Fr. v. Lensch. Hören Sie, ich hätte sie bei meiner Ehre fast nicht mehr gekannt, so dick und fett ist sie! Sie hat drei Kinder, zwei Fräulein und einen jungen Herrn. Die Fräulein heißt Nannerl, hat vier Jahr, und man sollte schwören sie hätte sechs, der junge Herr drei, und man schwört er wäre schon sieben alt, – und das Kind dreiviertel Jahr hielt man gewiß für zwei Jahre, so stark und kräftig sind sie[263] an Wachsthum. – Nun vom Erzbischof. Ich hab ein charmantes Zimmer im nämlichen Hause wo der Erzbischof logirt; Brunetti und Ceccarelli logiren in einem andern Hause, – che distinzione! – Mein Nachbar ist Hr. v. Kleinmayrn, welcher bei meiner Ankunft mich mit allen Höflichkeiten überhäufte; er ist auch in der That ein charmanter Mann. Um 11 Uhr zu Mittag – leider für mich ein bischen zu früh – gehen wir schon zu Tische, da speisen die 2 Herrn Herrn Leib- und Seel-Kammerdiener, Hr. Controleur, Hr. Zetti, der Zuckerbäcker, 2 Herrn Köche, Ceccarelli, Brunetti und – meine Wenigkeit. NB. die 2 Herrn Leibkammerdiener sitzen oben an. Ich habe doch wenigstens die Ehre vor den Köchen zu sitzen. Nu – ich denke halt ich bin in Salzburg. Bei Tische werden grobe einfältige Späße gemacht: mit mir macht keiner Späße, weil ich kein Wort rede, und wenn ich was reden muß, so ist es allezeit mit der größten Seriosität. So wie ich abgespeist habe, so gehe ich meines Wegs. Abends haben wir keine Tafel, sondern jeder bekommt 3 Ducaten, – da kann einer weit springen. Der Hr. Erzbischof hat die Güte und glorirt sich mit seinen Leuten, raubt ihnen ihre Verdienste und zahlt sie nicht dafür. – Gestern um 4 Uhr haben wir schon Musik gehabt; da waren ganz gewiß 20 Personen von der größten Noblesse da. Ceccarelli hat schon beim Palfi singen müssen. Heute müssen wir zum Fürst Gallizin, der gestern auch da war. – Jetzt will ich nur abwarten ob ich nichts bekomme. Bekomme ich nichts, so gehe ich zum Erzbischof und sage es ihm ganz gerade; wenn er nicht will daß ich was verdienen soll, so soll er mich bezahlen daß ich nicht von meinem Gelde leben muß. Nun muß ich schließen, denn im Vorbeigehen geb ich den Brief auf die Post, und muß gleich zum Fürst Gallizin.

P.S. Bei den Fischerischen war ich, – die Freude kann ich nicht beschreiben, die diese Leute gehabt haben. Das ganze Haus empfiehlt sich. Nun, ich höre in Salzburg giebt es Academien? Da verliere ich ja entsetzlich! Adieu.

Meine Adresse: im deutschen Hause Singerstraße.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 263-264.
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