157. Mozarteum.

[292] Wien 9. Juni 1781.

Nun hat es der Herr Graf Arco recht gut gemacht! – Das ist also die Art die Leute zu bereden, sie an sich zu[292] ziehen, – daß man aus angeborner Dummheit die Bittschriften nicht annimmt, aus Manglung des Muths und aus Liebe zur Fuchsschwänzerei dem Herrn gar kein Wort sagt, Jemand vier Wochen herumzieht und endlich, da derjenige gezwungen ist die Bittschrift selbst zu überreichen, anstatt ihm wenigstens den Zutritt zu verstatten, ihn zur Thür hinaus schmeist und einen Tritt in den Hintern gibt! Das ist also der Graf, dem es (nach Ihrem letzten Schreiben) so sehr vom Herzen geht, – das ist also der Hof wo ich dienen – an welchem man Jemand, der um etwas schriftlich einkommen will, anstatt daß man ihm die Uebergebung zu Wege bringt, ihn also behandelt? – das geschah in den Antichambre; mithin war kein anderes Mittel als sich losreißen und laufen – denn ich wollte für die fürstlichen Zimmer den Respect nicht verlieren, wenn ich ihn schon der Arco verloren hatte. Ich habe drei Memoriale gemacht; habe sie fünfmal übergeben, und sind mir allezeit zurückgeschlagen worden. Ich habe sie ganz gut verwahrt, und wer sie lesen will, kann sie lesen und sich überzeugen daß nicht das geringste Anzügliche darin sei. Endlich da ich Abends das Memorial durch Hrn. v. Kleinmayrn zurückgesandt bekam (denn er ist hier dazu bestellt) und als den andern Tag darauf wäre die Abreise des Erzbischofs, so war ich vor Zorn ganz außer mir; – wegreisen konnte ich ihn so nicht lassen, und – da ich von Arco gewußt (wenigstens sagte er mirs so) daß er nichts darum wisse, mithin wie böse könnte der Erzbischof nicht auf mich sein, so lange hier zu sein und dann auf den letzten Augenblick erst mit einer solchen Bittschrift zu kommen. Ich machte also ein anderes Memorial, worin ich ihm entdeckte, daß ich schon bereits vier Wochen eine Bittschrift in Bereitschaft hätte, und da ich mich, wüßte nicht warum, so lange damit herum gezogen sähe, so sei ich nun genöthigt sie ihm selbst und zwar auf den letzten Augenblick zu überreichen. Für dies Memorial bekam ich die Entlassung meiner Dienst auf die schönste Art von der Welt. Denn wer weiß ob es nicht auf Befehl des Erzbischofs geschehen ist? – Herr v. Kleinmayrn wenn er einen ehrlichen Mann noch so fortspielen will, und die Bedienten des Erzbischofs sind Zeugen, daß sein Befehl ist[293] vollzogen worden. Ich brauche nun gar keine Bittschrift mehr nachzuschicken, die Sache ist nun geendigt. Ich will von der ganzen Affaire nichts mehr schreiben, und wenn mir der Erzbischof nun 1200 Fl. Besoldung gäbe, so ging ich nicht nach einer solchen Behandlung. Wie leicht wäre ich nicht zu bereden gewesen! Aber mit Art, nicht mit Stolz und Grobheit. Dem Graf Arco habe ich sagen lassen: ich habe nichts mit ihm zu reden, – weil er mich das erstemal so angefahren, und wie einen Spitzbuben ausgemacht hat, welches ihm nicht zusteht. Und – bei Gott! wie ich schon geschrieben habe, ich wäre das Letztemal auch nicht hingegangen, hätte er mir nicht dazu sagen lassen, er hätte einen Brief von Ihnen; nun das Letztemal. Was geht es ihn an wenn ich meine Entlassung haben will? – Und denkt er wirklich so gut für mich, so soll er mit Gründen Jemand zureden – oder die Sache gehen lassen wie sie geht. Aber nicht mit Flegel und Bursche herum werfen, und einen bei der Thüre durch einen Tritt im – hinauswerfen; doch ich habe vergessen daß es vielleicht hochfürstlicher Befehl waqr.

Auf Ihren Brief will ich nur ganz kurz antworten. Denn ich bin der ganzen Sache so müde, daß ich gar nichts mehr davon zu hören wünschte. – Nach der ganzen Ursache warum ich quittirte (die Sie wohl wissen) würde es keinem Vater einfallen, über seinen Sohn darüber böse zu sein; viel mehr wenn er es nicht gethan hätte. Desto weniger, da Sie wußten daß ich schon ohne alle Ursache dazu Lust hatte. – Und Ernst kann es Ihnen unmöglich sein, Sie müssen sich wegen dem Hof also verhalten. Doch bitte ich Sie mein bester Vater nicht zu viel zu kriechen, denn der Erzbischof kann Ihnen nichts thun. Thät er's doch! – Ich wünschte es fast. Das wäre wirklich eine That, eine neue That, die ihm beim Kaiser vollends den Garaus machen würde; denn der Kaiser kann ihn nicht allein nicht leiden, sondern er haßt ihn. Wenn Sie nach einer solchen Behandlung nach Wien gehen und dem Kaiser die Geschichte erzählen, so erhalten Sie wenigstens die nämliche Gage von ihm, den in solchen Fällen ist der Kaiser zu verehren. Daß Sie mich mit Madame Lange [Aloysia] in Comparaison setzen, macht mich ganz erstaunen, und den[294] ganzen Tag war ich darüber betrübt. – Dieses Mädchen saß ihren Eltern auf dem Hals, als sie sich noch nichts verdienen konnte. – Kaum kam die Zeit wo sie sich gegen ihre Eltern dankbar bezeugen konnte (n.b. der Vater starb noch ehe sie einen Kreuzer hier eingenommen), so verließ sie ihre arme Mutter, henkte sich an einen Comödianten, heirathet ihn – und ihre Mutter hat nicht so viel – von ihr.67 Gott! – Meine einzige Absicht ist weiß Gott Ihnen und uns allen zu helfen. Muß ich es Ihnen denn 100mal schreiben, daß ich Ihnen hier mehr nütze bin als in Salzburg! – Ich bitte Sie mein liebster bester Vater, schreiben Sie mir keine solchen Briefe mehr ich beschwöre Sie, denn sie nützen nichts als mir den Kopf warm und das Herz und Gemüth unruhig zu machen. – Und ich – der nun immer zu componiren habe, brauche einen heitern Kopf und ruhiges Gemüth. – Der Kaiser ist nicht hier. Graf Rosenberg ist nicht hier. Letzterer hat dem Schröder (dem vornehmen Acteur) Commission gegeben, um ein gutes Opernbuch umzusehen und mir es zu schreiben zu geben.

Der Hr. von Zetti ist wider Vermuthen aus Befehl so in aller Frühe abgereist, daß ich das Portrait, die Bänder für meine Schwester und das Bewußte erst morgen 8 Tag mit dem Postwagen abschicken kann. –

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Uebrigens erzählt Lange in seiner Selbstbiographie S. 16, daß er seiner Schwiegermutter jährlich 700 Gulden ausgesetzt habe.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 292-295.
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