212. Mozarteum.

[391] Wien 21. Dez. 1782.

So groß meine Sehnsucht war nach drei Wochen Stillschweigen endlich wieder einen Brief von Ihnen zu lesen, so sehr betroffen war ich über den Inhalt als ich ihn las; – kurzum, wir haben uns Beide in gleich ängstlicher Lage befunden! Sie müssen wissen daß ich auf Ihr letztes Schreiben den 4. Dezember geantwortet habe, folglich in acht Tagen Antwort erwartet habe. Es kam nichts; – gut ich glaubte Sie hätten eben nicht Zeit gehabt und weil ich so ein wenig etwas – Angenehmes für uns – in Ihrem Brief las, so dachten wir fast, Sie kämen schon! – Den folgenden Posttag war wieder nichts für mich da, – ich wollte ungeachtet dessen schreiben, wurde aber unvermuthet zur Gräfin Thun gerufen und folglich verhindert; nun fing unsere Angst an! Wir trösteten uns aber mit diesem, daß doch Jemand von Ihnen wenigstens geschrieben haben würde; nun endlich kam heute Ihr Brief, woraus ich sehe, daß Sie mein letztes Schreiben nicht erhalten haben; auf der Post ist es mir nicht glaublich daß er kann verloren gegangen sein; es muß also die Magd das Geld in Sack gesteckt haben! – aber bei Gott ich wollte lieber einer solchen Canaille 6 Kreuzer schenken, als so mal à propos meinen Brief zu verlieren; – und allezeit ist es doch nicht möglich daß man selbst gehen kann. Wir haben nun aber eine andere Magd, und dieser habe ich schon eine ganze Predigt deswegen gemacht. – Was mich am meisten dabei ärgert, ist daß Sie beide so viel dabei ausgestanden und daß ich mich nicht alles mehr so genau erinnere, was ich geschrieben. Das weiß ich daß ich denselben Abend zum Gallizin in die Academie gegangen; – daß ich Ihnen unter andern geschrieben daß mein armes Weiberl sich unterdessen mit einem kleinen Silhouetten-Portrait von[391] Ihnen begnügen muß, welches sie immer bei sich im Sack trägt und des Tages wohl 20mal küßt; – und daß wenn Sie eine Gelegenheit finden, Sie die Güte haben möchten, mir die neue Sinfonie, die ich Ihnen für den Hafner geschrieben, zu schicken. Wenn ich sie nur bis die Fasten habe, denn ich möchte sie gerne in meiner Academie machen. Daß Sie vielleicht begierig zu wissen wären, was denn das für ein kleines Silhouetten-Portrait sei? – Ja? und daß ich aber auch gerne wissen möchte, was Sie denn so Nothwendiges mit mir sprechen wollten? – und wegen dem Frühjahr! – Das ist alles was ich mich erinnere; – verdammt sei das Mensch! denn ich kann nicht wissen ob nicht doch etwas darin gestanden, welches mir eben nicht lieb wäre, wenn es in andere Hände käme. Ich glaube aber nicht und hoffe es nicht und bin nur vergnügt und zufrieden, daß Sie sich beide gesund befinden. Meine Frau und ich befinden uns Gott Lob und Dank recht gut.

Ist es wahr daß der Erzbischof nach dem neuen Jahr nach Wien kommt? – Die Gräfin Litzow ist schon 3 Wochen hier und ich hab es erst gestern erfahren; Prinz Gallizin hat es mir gesagt. Ich bin auf alle seine Concerte engagirt, werde allzeit mit seiner Equipage abgeholt und nach Haus geführt und dort auf die nobelste Art von der Welt tractirt. – Den 10. ist meine Oper wieder mit allem Beifall und zwar zum 14. Male aufgeführt worden und war so voll wie das erste Mal – oder vielmehr wie – allzeit. Graf Rosenberg hat mich beim Gallizin selbst angeredet, ich möchte doch eine wälsche Oper schreiben. Ich habe schon Commission gegeben um von Italien die neuesten Opere buffe Bücheln zur Wahl zu bekommen, habe aber noch nichts erhalten. An Ignaz Hagenauer habe deßwegen selbst geschrieben. Auf Ostern kommen wälsche Sänger und Sängerinnen hierher. Ich bitte Sie, schicken Sie mir doch die Adresse an Lugiati nach Verona [S. 125], ich möchte es auf dieser Seite auch probiren.

Letzthin ist eine neue Oper oder vielmehr eine Comödie mit Arietten vom Umlauf aufgeführt worden, betitelt »Welche ist die beste Nation?« – Ein elendes Stück, welches ich hätte schreiben, aber nicht angenommen habe, mit dem Zusatze,[392] daß wer es schreibt ohne es ganz abändern zu lassen, Gefahr läuft ausgepfiffen zu werden. Und wäre es nicht Umlauf gewesen, so wäre es gewiß ausgepfiffen worden; so ist es aber nur ausgezischt worden. Es war aber kein Wunder, denn auch mit der schönsten Musik würde man es nicht aushalten können; so ist aber zum Ueberfluß die Musik auch dabei so schlecht, daß ich nicht weiß ob der Poet oder Componist den Preis des Elends davon tragen wird. Es ist schandenhalber das 2. Mal noch gegeben worden, glaube aber es wird nun punctum satis sein. –

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 391-393.
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