255. Oesterr. Blätter für Lit. und Kunst.106

[456] Sie haben Recht, liebster Freund, wenn Sie mich keiner Antwort würdigen! – Meine Zudringlichkeit ist zu groß. – Nur bitte ich Sie meine Umstände von allen Seiten zu betrachten, meine wahre Freundschaft und Zutrauen zu Ihnen zu bedauern und zu verzeihen! – Wollen und können Sie mich aber aus einer augenblicklichen Verlegenheit reißen,[456] so thun Sie es Gott zu Liebe; – was Sie immer entbehren können, wird mir angenehm sein. – Vergessen Sie ganz meine Zudringlichkeit, wenn es Ihnen möglich ist, und verzeihen Sie mir. Morgen Freitag hat mich Graf Haddick [Feldmarschall] gebeten ihm des Stadlers Quintett [das Clarinettenquintett] und das Trio, so ich für Sie geschrieben, hören zu lassen; ich bin so frei Sie dazu einzuladen. Häring wird es spielen. – Ich würde selbst zu Ihnen gekommen sein, um mündlich mit Ihnen zu sprechen, allein mein Kopf ist wegen rheumatischen Schmerzen ganz eingebunden, welche mir meine Lage noch fühlbarer machen. – Noch einmal, helfen Sie mir nach Ihrer Möglichkeit nur für diesen Augenblick – und verzeihen Sie mir.

Ewig ganz Ihr Mozart.107

Um nun der steten Bedrängniß ein für allemal ein Ende zu machen, verfaßte Mozart nach dem Regierungsantritt des Kaisers Leopold II. ein Gesuch um eine zweite Hofcapellmeisterstelle. Das äußerst flüchtig geschriebene, vielfältig corrigirte Concept desselben befindet sich im Mozarteum. Es ist wahrscheinlich an den damaligen Erzherzog (nachherigen Kaiser) Franz während der Zeit gerichtet, da Leopold II. noch nicht zum Kaiser gekrönt war. Daß es abgegeben worden, ersieht man aus dem gleichzeitigen Brief an Puchberg; Erfolg aber hat es nicht gehabt.

106

1853, Nr. 9, S. 51. Nach dem Autograph, das damals in Händen des Kunsthändlers Bormann in Wien war, veröffentlicht von Ed. Hanslick.

107

Darunter hat Puchberg notirt: »Den 8. April 1790 Fl. 25 in Bankozetteln geschickt.«

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 456-457.
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