265. Originalabschrift bei Frau Hofapotheker Hilz in Salzburg.

[467] Liebstes bestes Weibchen!

Deinen Brief vom 7. sammt Quittung über die richtige Bezahlung habe ich richtig erhalten; nur hätte ich zu Deinem Besten gewunschen, daß Du einen Zeugen mit hättest unterschreiben lassen, denn wenn N.N. nicht ehrlich seyn will, so kann er Dir heute oder morgen noch im Betreff der Aechtheit und des Gewichtes einige Ungelegenheiten machen;[467] da blos Ohrfeige steht, so kann er Dir unvermuthet eine gerichtliche Forderung über eine derbe oder tüchtige oder gar aggio Ohrfeige überschicken, was willst Du dann machen? Da soll dann augenblicklich bezahlt werden, wenn man oft nicht kann! – Mein Rath wäre Dich mit Deinem Gegner gütlich zu vergleichen, und ihm lieber ein paar derbe, 3 tüchtige und eine aggio Ohrfeige zu geben, auch mehrere noch, so im Falle er nicht zufrieden seyn sollte; denn ich sage, mit Gutem läßt sich alles richten, ein großmüthig und sanftmüthiges Betragen hat schon öfters die ärgsten Feinde versöhnt, und solltest Du dermalen nicht in der Lage seyn, die Bezahlung ganz zu übernehmen, so hast Du ja Bekanntschaft; ich zweifle gar nicht, daß wenn Du darum ersuchest, die N. die baare Auszahlung wenn nicht ganz doch wenigstens zum Theil übernehmen wird.

Liebstes Weibchen, ich hoffe Du wirst mein gestriges Schreiben richtig erhalten haben; nun kommt die Zeit, die glückliche Zeit unseres Wiedersehens immer näher. Habe Geduld; nur muntre Dich soviel möglich auf. Du hast mich durch Dein gestriges Schreiben ganz niedergeschlagen, so daß ich fast wieder den Entschluß faßte, unverrichteter Sache hinaus zu fahren, und was hätten wir dann davon? – daß ich gleich wieder herein müßte, oder daß ich anstatt vergnügt, in Aengsten leben müßte! In ein paar Tagen muß die Geschichte ein Ende nehmen. L. hat es mir zu ernstlich und feyerlich versprochen; dann bin ich gleich bei Dir. Wenn Du aber willst, so schicke ich Dir das benöthigte Geld, Du zahlst alles und kommst herein! – mir ist es gewiß recht; nur finde ich daß Baden in dieser schönen Zeit noch sehr angenehm für Dich seyn kann, und nützlich für Deine Gesundheit, die prächtigen Spaziergänge betreffend. – Dieses mußt Du am besten fühlen; – findest Du daß Dir die Luft und Motion gut anschlägt, so bleibe noch, – ich komme dann Dich abzuholen, oder Dir zu Gefallen auch etliche Tage zu bleiben; – oder wie gesagt wenn Du willst, so kannst Du morgen herein; schreibe es mir aufrichtig. – Nun lebe recht wohl, liebste Stanzi Marini. Ich küsse Dich millionenmal und bin ewig Dein

Mozart.

Wien, den 8. July 1791.[468]

In diesen Tagen war die Composition der Zauberflöte, die Mozart im Frühjahr aus Freundschaft für den heruntergekommenen Theaterunternehmer Schikaneder [s. ob. S. 233 u.a.] unentgeldlich übernommen hatte, schon so weit vorgeschritten, daß er das Werk als im Wesentlichen fertig in sein Verzeichniß eintragen und die Proben nach der Partitur beginnen lassen konnte. Während dieser eifrigen Thätigkeit erhielt er obendrein und zwar auf eine etwas geheimnißvolle Weise die Bestellung eines Requiems um ein Honorar von 100 (nach Andern 50) Ducaten, die bald darauf ausgezahlt wurden. Auch an diese Arbeit machte er sich sofort mit allem Eifer sowohl damit er sein Versprechen, seinem lieben Weibchen zu Gefallen möglichst viel zu arbeiten und Geld zu verdienen redlich halte, als aus einem angebornen Trieb zu dieser Art Composition, der durch die besonderen Umstände seines Lebens, vor Allem durch seine stets zunehmende Neigung zum Ernst, ja zur Melancholie noch gewachsen war. Allein auch darin sollte er bald gestört werden. Denn um Mitte August beriefen ihn die Böhmischen Stände zur Feier der Krönung Kaiser Leopolds II. in ihre Hauptstadt, damit er die Festoper La Clemenza di Tito componire. Mozart reiste in Begleitung Constanzens sofort ab, und noch während der Reise schrieb er an dieser Musik, die in 19 Tagen fertig und einstudirt war. Mitte September kehrte er dann nach Wien zurück, und in diese Tage ernstester Arbeit an der Zauberflöte, deren bedeutendste Nummern gegen Ende Septembers fertig wurden und deren freimaurerischer Text Mozart ganz besonders lebhaft beschäftigte, fällt nach meiner Ansicht das folgende Billet, das kein Datum hat. Es trägt die Adresse: A monsieur monsieur de Hofdämel, chez lui, und ist eben wegen dieses Namens, nicht wegen seines Inhaltes, interessant. Denn Hofdämmel ist der Name jener unglücklichen Frau, die eine Schülerin Mozarts war und von ihrem eigenen Manne in einem Anfalle der Eifersucht mit einem Rasirmesser an Hals und Gesicht schwer verwundet wurde. Der Mann hatte sich nach diesem Mordversuch selbst entleibt, und ein böses Gerücht, dem auch Jahn in seinem Werke III, 175 folgte, bezeichnete Mozart als die mehr oder weniger schuldige Veranlassung zu dieser[469] schrecklichen That. Allein den eifrigen Nachforschungen des Herrn von Köchel ist es glücklicherweise gelungen, aus den gerichtlichen Acten mit völliger Bestimmtheit darzuthun, daß der Herr Hofdämmel sich erst am 10. Dezember 1791, also 5 Tage nach dem Tode Mozarts entleibt hat, und O. Jahn hat darnach in der A.M.Z. Neue Folge 1863, Nr. 10 seine Erzählung widerrufen resp. berichtigt. Ueber das Verhältniß Mozarts zu diesem Herrn Hofdämmel war bisher nicht das Geringste bekannt und das nachfolgende bisher nicht veröffentlichte Billet, von dem mir der Herr Besitzer bereitwilligst eine Pause mitgetheilt hat, beweist auch nur, daß beide Männer nahe mit einander befreundet waren und daß Hofdämmel im Begriff stand, ebenfalls in den Freimaurerorden einzutreten, wobei offenbar Mozart, der den Orden sehr schätzte, mitthätig war. Denn auf etwas anderes können sich die letzten Worte des Billets nicht wohl beziehen. Die 100 Ducaten, von denen darin die Rede ist, sind vermuthlich das Honorar für den Titus, das die Böhmischen Stände zu zahlen hatten. Und seinen Freund Puchberg sollte Mozart wohl jetzt nicht mehr angehen mögen.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 467-470.
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