78. Mozarteum.

[96] Mannheim 22. Nov. 1777.

Das Erste ist, daß ich Sie benachrichtige, daß mein wahrheitsvoller Brief an Hrn. Herzog in Augsburg Puncto Schmalzii sehr guten Effect gemacht hat. Er hat mir einen sehr höflichen Brief zurück geschrieben und seinen Verdruß darüber bezeugt, daß ich von detto Hrn. Butter so spröde bin empfangen worden. Er hat mir neuerdings einen versiegelirten Brief an detto Hrn. Milch geschickt, nebst einer[96] Anweisung auf 150 Fl. an detto Hrn. Käß. Sie müssen wissen, daß ich, obwohl ich den Hrn. Herzog ein einziges Mal gesprochen, doch nicht hab unterlassen können, ihn im Briefe zu bitten, er möchte mir doch eine Anweisung an Hrn. Schmalz oder Butter, Milch, Käß oder an wen er nur wollte, schicken. A ça, dieser Spaß hatte doch gerathen; man darf nicht anklopfen und condoliren.

Heut den 21. Vormittag haben wir Ihren Brief vom 17. Erhalten; ich war nicht zu Haus, sondern bei Cannabich, wo der Mr. Wendling ein Concert probirt hat, zu welchem ich ihm die Instrumente gesetzt habe. Heute um 6 Uhr war die Galla-Academie. Ich hatte das Vergnügen, den Hrn. Fränzl (welcher eine Schwester von der Mad. Cannabich hat) auf der Violine ein Concert spielen zu hören. Er gefällt mir sehr; Sie wissen, daß ich kein großer Liebhaber von Schwierigkeiten bin. Er spielt schwer, aber man kennt nicht, daß es schwer ist, man glaubt man kann es gleich nachmachen, und das ist das wahre. Er hat auch einen sehr schönen runden Ton, er fehlt keine Note, man hört alles; es ist alles marquirt. Er hat ein schönes Staccato in einem Bogen, so wohl hinauf als herab; und den doppelten Triller habe ich noch nie so gehört wie von ihm. Mit einem Wort: er ist meinthalben kein Hexenmeister, aber ein sehr solider Geiger.

Wenn ich mir nur das verfluchte Querschreiben abgewöhnen könnte.

Mir ist sehr leid, daß ich nicht bei dem traurigen Zufall für die Mad. Adlgasserin zu Salzburg war, damit ich sie hätte trösten können; denn das kann ich! – voraus bei einer so schönen Frau, wie die Mad. Nadlstraßerin.30 Was Sie wegen Mannheim schreiben, weiß ich alles schon, – doch ich mag niemals gern etwas vor der Zeit schreiben; es wird sich alles geben; vielleicht kann ich Ihnen im zukünftigen Brief etwas sehr Gutes für Sie, aber nur Gutes für mich, oder etwas sehr Schlechtes in Ihren Augen, aber etwas Passables in meinen Augen, vielleicht aber auch etwas Passables für[97] Sie, und aber sehr gut, lieb und werth für mich schreiben! Das ist ziemlich orakel-mässig, nicht wahr? – – es ist dunkel, aber doch zu verstehn.

An Hrn. Bullinger meine Empfehlung, und ich schäme mich, so oft ich einen Brief von Ihnen bekomme; denn es steht gemeiniglich etwas von ihm selbst geschrieben darin; und wenn ich hernach bedenke, daß ich ihm, der mein bester und wahrer Freund ist und von dem ich so viel Höflichkeit und Güte genossen habe, noch niemals geschrieben habe! – Doch – ich entschuldige mich nicht! – Nein! sondern ich bitte ihn, er möchte mich, er selbst, so viel es nur möglich ist bei sich entschuldigen, mit der Versicherung, daß ich ihm, so bald ich einmal ruhig sein kann, schreiben werde. Bis dato war ich es noch nie; denn sobald ich noch weiß, daß ich gewisser als nicht und wahrscheinlicher Weise einen Ort verlassen muß, so habe ich keine ruhige Stunde; und obwohl ich jetzt doch ein wenig Hoffnung habe, so bin ich doch nicht ruhig, bis ich nicht weiß woran ich bin. Etwas von dem Orakel muß geschehen. – Ich glaube, es wird entweder das Mittlere oder das Letzte geschehen. – Das ist mir nun eins; denn das ist alleweil ein Ding. – –

Das habe ich Ihnen ja hoffentlich geschrieben, daß die große Oper vom Holzbauer deutsch ist! – Wo nicht, so habe ichs halt jetzt geschrieben. Sie war betitelt »Günther von Schwarzburg« und nicht der Edelveste Hr. Günther, Bader und Rathsherr von Salzburg. Künftigen Carneval wird »Rosamunde« gegeben, eine neu componirte Poesie des Hrn. Wieland, nebst neuer componirter Musik des Hrn. Schweitzer. Beide werden hieher kommen. Ich hab schon etwas von der Oper gesehen und auf dem Clavier gespielt, aber ich will noch nichts davon sagen. – Die Scheibe, die Sie mir als Bestgeber haben malen lassen, ist kostbar und die Verse sind unvergleichlich.31 Nun bleibt mir nichts zu schreiben übrig als daß ich allerseits eine recht angenehme[98] Ruhe wünsche, und daß Sie halt alle recht gut schlafen, bis ich Sie mit diesem gegenwärtigen Brief aufwecke. Adieu, ich küsse dem Papa 100000000mal die Hände, und meine Schwester, den lieben Polester, umarme ich von Herzen, mit Schmerzen, ein wenig oder gar nicht, und bin dero gehorsamster Sohn, laufen Sie doch nicht davon

Wolfgang Amade Mozart,

Ritter des goldenen Spornes und sobald ich heirath des doppelten Hornes, Mitglied der großen Academie von Verona,

Bologna, oui mon ami!

Der Vater hatte zu wissen verlangt, warum sie mit solcher Eile nach Mannheim gereist seien. Die Mutter schreibt, der Fürst Taxis sei nicht mehr in Donaueschingen; auch in Hohenaltheim sei er nicht zu treffen gewesen; der Bischof von Würzburg sei zur Zeit in Bamberg. Von Würzburg aus hätten sie den Spessart passiren müssen; da seien sie lieber direct nach Mannheim gegangen. Darauf fährt Wolfgang fort:

30

Adlgasser war Organist am Dom und seine Frau galt für sehr dumm. Vgl. unten den Brief vom 22. August 1781.

31

Zum Bölzl-Schießen, das ein Kreis von Salzburger Freunden alle Woche ausübte. Die Scheibe stellte »den traurigen Abschied von den zwey in Thränen zerfließenden Personen des Wolfgang und des Bäsle« dar.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 96-99.
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