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[134] Mannheim 22. Febr. 1778.
Ich bin jetzt schon zwei Tage zu Hause geblieben und habe Antispasmotisch und Schwarzpulver und Hollerblüthenthee zum Schwitzen eingenommen, weil ich Katarrh, Schnupfen, Kopfweh, Halsweh, Augenweh und Ohrenweh gehabt habe. Nun ist es aber Gott sei Dank wieder besser, und morgen hoffe ich wieder auszugehen, weil Sonntag ist. Ich habe Ihren Brief vom 16. sammt den 2 offenen Präsentationsschreiben für Paris richtig erhalten. Daß Ihnen meine französische Arie [vgl. Nr. 92] gefallen hat, freuet mich. Ich bitte um Verzeihung, wenn ich Ihnen diesmal nicht viel schreibe, allein ich kann nicht, ich fürchte ich möchte meine Kopfweh wieder bekommen; und überdies bin ich heute gar nicht aufgelegt dazu – – – Man kann auch nicht Alles schreiben, was man denkt – – wenigstens ich nicht. Lieber sagen als schreiben. Aus dem letzten Brief werden Sie alles gehört haben, wie es an sich ist. Ich bitte alles von mir zu glauben was Sie[134] wollen, nur nichts Schlechtes. Es gibt Leute die glauben, es sey unmöglich ein armes Mädel zu lieben, ohne schlechte Absichten dabey zu haben; und das schöne Wort Maitresse ist halt gar zu schön! – – Ich bin kein Brunetti [Salzburgischer Violinist] und kein Misliweczeck! Ich bin ein Mozart, aber ein junger und gutdenkender Mozart. Mithin werden Sie mir, hoffe ich, verzeihen, wenn ich bisweilen im Eifer ausschweife – weil ich doch so sagen muß, obwohl ich lieber gesagt hätte, wenn ich natürlich schreibe. Ich hätte viel über diesen Stoff zu schreiben, allein ich kann nicht; es ist mir unmöglich: ich habe unter so vielen Fehlern auch diesen, daß ich immer glaube, meine Freunde die mich kennen, kennen mich! – mithin braucht es nicht viel Worte. Und kennen sie mich nicht, o, wo könnte ich dann Worte genug hernehmen! Übel genug wenn man Worte und Briefe dazu braucht. Das ist Alles nicht auf Sie geschrieben, mein lieber Papa. Nein! Sie kennen mich zu gut, und Sie sind zu brav dazu, um den Leuten gleich die Ehre abzuschneiden! – Ich meine nur die – – Die wissen daß ich sie meine: Leute die so glauben. –
Ich habe mich entschlossen heute zu Hause zu bleiben, obwohl Sonntag ist, weil es gar so schneit. Denn morgen muß ich ausgehen, weil unsere Hausnymphe, die Mademoiselle Pierron, meine hochzuverehrende Scolarin, bei der alle Montag gewöhnlichen französischen Academie das hochgräfliche Litzauische Concert herunterhaspeln wird. Ich werde mir auch zu meiner größten Prostitution etwas zum Hacken geben lassen und werde sehen, daß ich es so prima fista herklimpern kann; denn ich bin ein geborner Holztapler und kann nichts als ein wenig Clavier klimpern!
Nun bitte ich daß ich zu schreiben aufhören darf, denn ich bin heut gar nicht zum Briefschreiben aufgelegt, sondern mehr zum Componiren. Ich bitte Sie nochmal, vergessen Sie nicht was ich Sie in den vorhergehenden Briefen gebeten habe, wegen der Cadenzen und ausgesetzten Aria cantabile etc. Ich bin Ihnen im Voraus verbunden, daß Sie so geschwind die verlangten Arien haben schreiben lassen; das zeugt doch daß Sie Vertrauen auf mich haben und mir glauben, wenn ich Ihnen etwas anempfehle.
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Mozarts Briefe
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