IV.

Leipzig. 1840.

(Koncert-Reisen 1840–1847. Fortsetzung.)

Rob. Schumann. Felix Mendelssohn.

Koncerte in Wien, Prag. Die musikalischen Traditionen Leipzigs. Frühere und damalige Beziehungen Liszt's zu Mendelssohn und Schumann. In Dresden. In Leipzig. Gehässigkeit; kühle Aufnahme. Liszt's zwei Symphoniesätze Beethoven's. Freibillete. Mendelssohn's Fest zu Ehren Liszt's. Sein 2. und 3. Koncert. Schumann über Liszt. Leipzigs negirende Stellung – die »Allgemeine Musik-Zeitung«. Weber's Koncertstück. Spätere Beziehungen zwischen Liszt, Mendelssohn, Schumann. – Übertragungen.


Nachdem Liszt seinen Heimatsort wieder betreten und hiermit seinem vaterländischen Besuch den Schluß hinzugefügt hatte, kehrte er wieder nach Wien zurück, wo er die erwähnte zweite Serie seiner Koncerte – unter ihnen eines zur Unterstützung des Ordens der barmherzigen Schwestern und ein anderes für den Fonds des Bürgerhospitals – abhielt.

Alsdann trat er über Prag und Dresden seine Reise nach Leipzig an. In Prag blieb er, in Folge dringender Einladungen, während der ersten Hälfte des März. Auch in dieser Stadt fielen die Einnahmen mehrerer Koncerte den Kassen von Wohlthätigkeitsanstalten zu: dem Elisabethinerhospital und der Blindenanstalt.

Die Aufnahme und Wirkung seines Spiels war hier dieselbe, wie in den andern Städten. Insbesondere gewann er sich durch Beethoven's Cismoll-Sonate, die beiden von ihm übertragenen Sätze der »Pastoral-Symphonie« desselben Meisters, Hummels Septuor, durch mehrere Klavierstücke Chopin's und des in Prag geborenen Moscheles, seine Uebertragungen Schubert'scher Lieder, der »Tell«-Ouverture und »Soiréen« von Rossini u.a. die lebhaftesten Sympathien. In diesem Augenblick trugen sie den[54] Charakter eines wilden Fanatismus, der im Koncertsaal tumultuarisch genug dem Künstler seine Gaben abverlangte. Dieser hatte den Vortrag einer Komposition beendet und dem Dacapo-Ruf nachgebend sie wiederholt. Kaum aber hatte er die Schlußtöne erreicht, als ein zügelloses Lärmen losbrach und die Stimmen wirr durcheinander riefen, die einen: »Wilhelm Tell!«, die anderen: »Erlkönig!«, dazwischen: »Beethoven!« – »Hummel!«. Es herrschte eine solche Aufregung, daß der Künstler mit seiner Zuhörerschaft debattiren mußte, um die Ruhe zum Vortrag eines Stückes zu gewinnen. Als sie mit ihren Anforderungen kein Ende fand, setzte er sich an den Flügel und spielte anstatt einer freiwilligen Gabe die programmmäßige Nummer: den »Hexameron«. Dem Beifallssturm wollte er durch Wiederholung dieses Variationenwerkes eben danken, als der Tumult von neuem losbrach. »Ave Maria!« rief es hier – »Erlkönig!« dort – »Nein! nein! –: Wilhelm Tell!« demonstrirten Andere. Die Parteien im Publikum drohten thätlich zu werden. Da griff der Künstler ein, indem er bereits gereizt ihm zurief: »Und meine Intention ist, den Hexameron zu spielen!« Und er spielte ihn. Lautlose Stille herrschte im Saal; es schien, als habe man den Ruf zur Ordnung verstanden. Doch abermals begann die Raserei, aus der: »das Ave Maria« am deutlichsten vernehmbar war. Theils ärgerlich, theils die Unersättlichen neckend, intonirte Liszt seinen Galop chromatique. Plötzlich aber, als wolle er alle Parteien versöhnen, bog er mit einer unbeschreiblichen Grazie zum »Ave Maria« über. – Das laute Entzücken herrschte noch im Saale, als der Künstler längst aus ihm geschlüpft war. –

Listz's Uebertragung für Klavier:


Hussitenlied

(1840 bei Joh. Hofmann in Prag)


fällt jenen Tagen zu und ist von dessen Verleger veranlaßt.

Seine Route nach Leipzig führte Liszt über Dresden, den quasi Vorort der nordischen Musik-Metropole, die der des deutschsprechenden Südens, Wien, entgegen stand, wie der Norden dem Süden. In Wien bildete die Musik gleichsam eine Lebensingredienz jeder Gesellschaftsschichte. Dem Wiener sitzt sie im Blut. Sein südliches Naturell mit der leicht erregten Phantasie ist dem[55] Stimmungsleben offen, ja braucht es wie die Luft zum Athmen, was musikalisch so viel heißt, als mit Sang und Klang den Tag durchschreiten. Und wie sein Naturell der Stimmungen bedarf, so erfaßt er auch unmittelbar die Musik mit dem Herzen. Im deutschen Norden dagegen war sie 1840 noch keineswegs Gemeingut Aller. Das Bedürfniß nach Musik ist hier mehr ein Erziehungsresultat als angeboren, bedingt von der Natur, um nicht zu sagen, vom allgemeinen Gefühlsorganismus. Man steht ihr mehr mittelbar und reflektionsversetzt gegenüber. In Leipzig nahm man mit kühlerem Sinn als in Wien die Kunstleistungen – die der producirenden wie der reproducirenden Kunst – auf und schätzte und lehnte sie mit einer gewissen Vornehmheit ab, die sich mit Bewußtsein und Sicherheit auf bewährtem Boden bewegte und wenig Beziehung zu dem aufkommenden, über Klassicität und Restauration hinausgehenden Fortschritt der Tonkunst in sich barg.

Dabei stand Leipzig auf seinen musikalischen Traditionen, wie Wien auf den seinigen. Diese gaben dem musikalischen Leben beider Städte Charakter und Richtung. Dort war es der Genius des Dreigestirns Haydn-Mozart-Beethoven, an welche sie sich knüpften, hier war es der des größten und scharfsinnigsten Kontrapunktisten und Organisten, den die Welt je getragen: Johann Sebastian Bach's, sowie eine stattliche Reihe tüchtiger Organisten, welche gegen zwei Jahrhunderte hindurch einander in der Kantorei zu St. Thomas abgelöst hatten. Während sie aber in Wien den Kunstsinn im vollen Fluß mit dem fortschreitenden Kunstleben erhielten, standen jene in Leipzig diesem Fluß mehr entgegen und gaben seinem Kunsttreiben das Gepräge eines engkonservativen, mehr aus dem Organistenthum als aus weltlich-klassischem Geist hervorgegangenen Charakters. Es scheint darum ganz folgerichtig, daß die Leipziger, obenan die Kritik, den konservativ-künstlerischen Scharfsinn des Regelrechten betonten, während die Wiener, ihrer Tradition gemäß, das freiere Walten der künstlerischen Phantasie bevorzugten.

Allerdings regten sich damals auch in Leipzig Stimmen, welche die beengenden Mauern der Tradition zu durchbrechen suchten und dem Neuen in der Kunst mit Entschiedenheit das Wort redeten. Robert Schumann sandte die Davidler gegen die Philister. Aber diese kleine Heilsarmee wandte sich gegen das Stereotype und die Schablone in der Kunst als solcher, nicht gegen das Leipziger[56] Kunstleben selbst. Dieses war kaum von ihm beeinflußt. Auch nicht von seinen Kompositionen. Der neue Ton, den er hier angeschlagen, der Ton subjektiver Poesie, verhallte noch unverstanden. Was hätte in jener Zeit überhaupt dieser Romantiker mit seinen phantastischen Klavierstücken und tief poetischen Liedern dem musikalischen Leipzig sein können? Neben Mendelssohn, der auf den Traditionen dieser Stadt stehend, dieselben in Symphonie und Oratorium mit modernem Empfinden zu verbinden gewußt? Mendelssohn's Glanz verdunkelte zur Zeit alles, selbst den mehr als Ebenbürtigen. Doch muß die Gerechtigkeit sagen, daß Schumann auch ohne jenen Glücklicheren schwerlich mit dem öffentlichen Kunstleben dieser Stadt in tiefe Berührung gekommen wäre oder von umgestaltendem Einfluß auf dasselbe hätte werden können. Denn seine Natur stand dem nach Außen thätigen Leben geradezu entgegen; zudem lebte er in jenen Jahren, wo der Sinn hierfür noch am lebendigsten in ihm war, ausschließlich seinen literarischen Arbeiten, seinem ganz besonders reich fließenden Liederquell, dem Traum und dem Ringen um Clara. Erst später, und nach hartem Kampfe, sollte der Genius Schumanns seine Würdigung finden. Er, wie Mendelssohn, beide waren zu bedeutend, um mit der Kritik und den Anschauungen des damaligen Leipzig auf gleichem Fuß stehen zu können, obwohl Leipzigs Musikurtheil in der musikalischen Welt eine höchste Instanz damals behauptete.

Als nun Liszt, von Schumann eingeladen, hier erwartet wurde, war man keineswegs gleichgültig. Die Pester Vorgänge hatten ihn zu einer Persönlichkeit gestempelt, die ihrer Natur nach auf höherem und breiterem Boden sich bewegte als die Virtuosen, die im Gewandhaus ein- und auszogen. Man war haltungsvoll gespannt. Echte Künstlerfreude dagegen wartete seiner seitens Schumann's und Mendelssohn's.

Mit Beiden stand er bereits in Beziehung. Mit Mendelssohn schon seit dem Winter 1831/32, als dieser in Paris bei den dortigen musikalischen Kreisen sich einführte. Sie begegneten sich damals mit Chopin, der erst seit Kurzem in Paris weilte, und Ferd. Hiller, dem intimen Freund Mendelssohn's, fast täglich. War es nicht in einem Salon, so war es auf den Boulevards. Hier ließ der jugendliche Uebermuth des vielverheißenden Musikerquartetts, alle vier anfangs der zwanziger Lebensjahre stehend, zeitweise ein so homerisches Gelächter ertönen, daß Wohlerzogenen[57] heiß dabei wurde. Liszt und Mendelssohn faßten eine aufrichtige Bewunderung für einander: Liszt für den Komponisten, der, noch so jung, schon so vollendete Formen schuf; Mendelssohn für den Virtuosen, dessen Leistungen alles Denkbare hinter sich ließen. Hiller erzählt, daß Felix eines Tages aufgeregt in sein Zimmer gestürzt sei und ihm zugerufen habe:

»Da habe ich ein Wunder erlebt, ein wahres Wunder!«

›Und was?‹ – frug Hiller.

»Ist das nicht ein Wunder? – Ich war mit Liszt bei Erard und legte ihm das Manuskript meines Koncertes1 vor – und er spielte es, es ist kaum leserlich, mit der größten Vollendung vom Blatt – man kann es gar nicht schöner spielen, als er es gespielt hat – es war wunderbar!«

Nicht minder eingenommen war Liszt von Mendelssohn's Kompositionen, deren mehrere – das Hmoll-Quartett, das Gmoll-Koncert, die Ouverture zum »Sommernachtstraum« – in Künstlerkreisen, sowie auch in einem von Habeneck im Konservatorium dirigirten Koncert zur Aufführung kamen. Insbesondere zog Liszt die Ouverture an, für welche man in Paris noch keine Stimmung finden konnte. Ihre Aufnahme stand seitens der Musiker einem Fiasko näher als einem Erfolg; ja, die Orchestermusiker zeigten sich bei der Probe widerspenstig und einige – Hoboist und Paukenschläger – demonstrirten durch Nichtkommen. Die Frage, ob die Tonmalerei, ob der Sommernachtsspuk als ein musikalisches Objekt berechtigt sei, ward heftig discutirt. Der junge Liszt stand auf Seite der Ouverture und vertheidigte sie auf das hartnäckigste.

Nachdem Mendelssohn Paris verlassen, blieben die Beziehungen zwischen Beiden fortbestehen. Hiller war der Vermittler. Zuerst in Paris, dann (1838) in Mailand2. Mendelssohn's Briefe an Hiller vergessen selten den Gruß an Liszt, und dieser brachte jedem neuen Werke Mendelssohn's warme Theilnahme entgegen. Als im November 1839 der »Paulus« in Wien seine erste Aufführung erleben sollte, war Liszt in San Rossore. »Mendelssohn's ›Paulus‹ kommt in Wien zur Aufführung – da muß ich auch dabei sein!« hatte er nach Paris geschrieben3.[58]

Doch hörte er erst jetzt Bruchstücke desselben, von Mendelssohn auf seinen Wunsch ihm vorgeführt.

Mit Robert Schumann hatte Liszt noch keine persönliche Begegnung gehabt. Allein mit dem Instinkt des Genies hatten Beide im Jünglingssturm und Drang sich an ihren Kunstäußerungen erkannt und eine aufrichtige Sympathie für einander gefaßt. Sie läßt sich bis 1834 zurückverfolgen. In diesem Jahr lernte Liszt die Abegg-Variationen Schu mann's kennen, wohl das erste Werk dieses Komponisten, das ihm in die Hände kam.4 Ueber die Fismoll-Sonate äußerte er 1837 gegen Berlioz5, sie sei »die logische Fortsetzung der Werke Webers, Beethovens und Schubert's.« Im Spätherbst 18376 sandte ihm Schlesinger aus Paris ein Packet Musikalien nach Bellaggio, darunter Schumann's »Impromptu« opus 5, Sonate opus 11 und »Klavierkoncert ohne Orchester« opus 14. Sie ließen ihm über die Bedeutung ihres Urhebers keinen Zweifel. In dem Essay: »Compositions de Mr. Robert Schumann«,7 von der pariser Gazette musicale noch im selben Jahr8 publicirt, gab er jener Ansicht Ausdruck –; die erste Propaganda, die der deutsche Komponist in Frankreich erfuhr, das hervorragendste, was in jener Zeit überhaupt über ihn geschrieben worden ist. Schumann war dieser Aufsatz nicht fremd. »A propos«, schrieb er an Clara nach Wien9[59] – 22. Dec. 1837 – »Liszt hat einen großen, recht richtigen Artikel über mich in der französischen Zeitung geschrieben; der Aufsatz hat mich sehr gefreut und überrascht. Siehst Du Liszt in Wien, so grüße ihn dafür mit einem recht schönen Blick.«

In dieser Zeit lernte Liszt10 durch Fischhof und Clara noch andere Manuskripte Schumann's kennen. Auch die »Kinderscenen.« »Unser genialer Schumann« – schrieb hierauf Liszt an Berlioz11 – »hat bezaubernde Kinderscenen geschrieben! Schumann ist ein seelenvoller Dichter und ein großer Musiker« – ein Ausspruch, der, so kurz er war, doch den Punkt der Sache traf.

Schumann's Aufmerksamkeit hatte sich jedoch schon vor diesem Zeitpunkt Liszt zugewandt, wie die »Neue Zeitschrift f.M.« seit ihrem Bestehen bestätigt. Das Studium der Liszt'schen Klavier-Partitur der »Sinfonie fantastique« von Berlioz mochte sie vertieft haben. Die »Lucie«-Fantasie war ihm ebenfalls bekannt. »Die Phantasie von Liszt war das Außerordentlichste, was ich je von Dir gehört«, schrieb er an Clara im April 183812. Die damaligen Wiener Berichte über Liszt und was von Italien über ihn herüber klang, das alles mochte Schumann's Wunsch nach einer persönlichen Begegnung bis zum Verlangen steigern. Seine Briefe an Josef Fischhof (1837–1839) fragen oftmals: »Kommt er? wann? was wissen Sie von ihm?« Als er Liszt's unvorhergesehenen Besuch Wiens (1838) erfuhr, übersandte er ihm ein Manuskript: »Gruß an Franz Liszt in Deutschland«. Die zweite seiner Novelleten. Und endlich schrieb er ihm in der »N. Zeitschrift f.M.« unterm 8. Juni 1838:


An Herrn Franz Liszt!


Auf ein Blatt mehr im Lorbeerkranz kommt es einem Sieggewohnten nicht an. Indeß möchte man die Bescheidenheit des Feldherrn tadeln, der den Ruhm seiner Siege nur auf einen einzigen Ort beschränkte. Herr Liszt ist so nahe an Norddeutschland; er komme zu uns. Mit offenen Armen wird man ihn empfangen und festhalten, so lange es Liebe und Bewunderung vermögen. Dies im Namen unserer Freunde und Aller.


Florestan und Eusebius.[60]


Aber erst jetzt, nach beinahe zwei Jahren, standen sich die beiden Künstler zum ersten Mal persönlich gegenüber. Wie Freunde, die sich längst gekannt. »Mit Liszt bin ich fast den ganzen Tag zusammen«, berichtete Schumann an Clara unterm 18. März13. »Er sagte mir gestern, ›mir ist's, als kennte ich Sie schon zwanzig Jahre‹ – mir geht es auch so. Wir sind schon recht grob gegen einander und ich hab's oft Ursach, da er gar zu launenhaft und verzogen ist durch Wien.« In welcher Form aber Schumann »grob« war, das bleibt dahingestellt, da seine Schweigsamkeit bereits einen großen Höhepunkt erreicht hatte. Er konnte Stunde um Stunde schweigsam neben einem Freunde sitzen, endlich aufstehen, ihn träumerisch ansehen und die Hand ihm drückend sagen: »Nun haben wir uns wieder einmal recht ausgesprochen.«14 Wenige Künstler standen, musikbesessen, so konstant unter dem Zwang ihrer Phantasie, wie er.

Schumann war Liszt nach Dresden entgegengereist, wo dieser am 15. März sein erstes Koncert gab; in Leipzig am 17. März. Er wechselte zwischen beiden Städten. In Dresden war sein künstlerischer Erfolg ein überwältigender. »Mit ihm ist die Reihe der Künstler neuromantischer Schule abgeschlossen!« rief pathetisch ein Berichterstatter.15 Ein anderer wollte zwei Typen der Humanität aus seinen Vorträgen heraushören: die Intelligenz und die Liebe.16 Schumann aber schrieb17 mit der Goldfeder des Genies:


»Der Saal war glänzend und von den Vornehmsten der Gesellschaft, auch von mehreren Mitgliedern der königlichen Familie besucht. Alle Blicke hafteten an der Thür, wo der Künstler eintreten mußte. Zwar sein Bild ist vielfach verbreitet und Kriehuber's, der sein Jupiterprofil am schärfsten gefaßt, ein höchst treffliches; aber der Jupiterjüngling selbst[61] interessirt doch immer noch ganz anders. – So rief ihm denn die ganze Versammlung bei seinem Eintritt begeistert zu, worauf er anfing zu spielen. – Nun rührte der Dämon seine Kräfte; als ob er das Publikum prüfen wollte, spielte er erst gleichsam mit ihm, gab ihm dann Tiefsinnigeres zu hören, bis er es mit seiner Kunst, gleichsam jeden Einzelnen, umsponnen hatte, und nun das Ganze hob und schob wie er eben wollte. Diese Kraft sich ein Publikum zu unterjochen, es zu heben, tragen und fallen zu lassen, mag wohl bei keinem Künstler, Paganini ausgenommen, in so hohem Grad anzutreffen sein. – In Sekundenfrist wechselt Zartes, Kühnes, Duftiges, Tolles: das Instrument glüht und sprüht unter seinem Meister. – Es ist nicht mehr Klavierspiel dieser oder jener Art, sondern Aussprache eines kühnen Charakters überhaupt, dem zu herrschen, zu siegen das Geschick einmal statt gefährlichen Werkzeugs das friedliche der Kunst zugetheilt.« –


In diesem Koncert wirkte die auf der Sonnenhöhe ihres Ruhmes stehende Schröder-Devrient mit. Begleitet von Liszt sang sie zwei Lieder Schubert's, von denen der Vortrag des »Erlkönig« durch das Zusammenwirken dieser beiden, gleich Souveränen über alle inneren und äußeren Mittel ihrer Kunst herrschenden Geister eine dämonische Gewalt des Ausdrucks erreichte, wie sie wohl nie wieder gehört worden ist. – Das übrige Programm lag in Liszt's Händen. Wie seine Vorträge hinrissen, so machte diese Ausdauer der geistigen wie physischen Kraft Sensation. Und wie ein Wunder staunte man es an, daß ihm nach der Ausführung des Programmes dennoch die Fähigkeit für Extragaben nicht versagte und er am Ende des Koncertes noch über gleiches Feuer, gleiche Kraft, Leichtigkeit und Grazie gebot, wie bei seinem Anfang. In den Mauern Dresdens hat nie ein Virtuos größere Wirkung hervorgerufen.

Anderntags reiste Liszt nach Leipzig, wo bereits manche Vorspiele Verstimmung gegen ihn hervorgerufen hatten. Dennoch harrte man seiner mit Ungeduld. Am Tag seines ersten Koncertes am 17. März herrschte bei dem Leipziger, namentlich bei dem koncertbesuchenden Stammpublikum eine höchst gewohnheitswidrige Aufregung. Zunächst hatte es sich erhitzt an Notizen des »Tageblatts«. Sie sprachen »von der Ehre«, welche dem musikalischen Leipzig durch den Besuch des Künstlers bevorstehe. Dieses verwohnte Publikum sah sich hierdurch in seiner eigenen Selbstschätzung angegriffen und in seinem bevorzugten Recht verletzt. Dazu wollte der Zufall, daß er in Prag zurückgehalten wurde, die Presse heute seine baldige[62] Ankunft meldete, morgen sie zurücknahm – eine abermalige Beleidigung. Und die doppelten Eintrittspreise! Als nun gar gegen allen Brauch die altehrwürdige Ordnung der Sitzreihen in den Räumen des Gewandhaussaals, wie verlautete, einige Änderungen erfuhr, auch das Podium mit Stühlen besetzt wurde, steigerte sich der Ärger bis zur thätlichen Verstimmung. Dazwischen platzten aufreizende Artikel aus der Feder eines jener Literaten18, von denen Schumann bei dieser Gelegenheit äußerte, daß es »zu allen Zeiten Pedanten und Schelme gegeben, die am Großen und Bedeutenden gerüttelt haben«, und schürten das Feuer der Ärgernisse zum ausgeprägten Mißton. Wie bei dem Publikum, herrschte auch bei den Musikern und Kritikern Voreingenommenheit. Als Künstler war er ihnen nur durch seine Übertragungen und Klavierstücke bekannt. Da aber sahen sie Dinge, von denen die Geister des achtzehnten Jahrhunderts geschwiegen. Dieses reckte sich in ihnen gegen das neunzehnte. Die musikalischen Traditionen Leipzigs bäumten sich.

Als Liszt nun im Koncertsaal erschien, war der Saal übervoll. Und was dem hochstehenden, gefeierten Künstler nirgends widerfahren, widerfuhr ihm hier: keine Hand regte sich zu seinem Empfang. Als er auf dem Podium vortrat und im Begriff war, sich vor dem Publikum zu verbeugen, ertönten Zischlaute. Wie vom Blitz getroffen schnellte der Beleidigte wieder in die Höhe und maß stolzen Blickes das Publikum. Die rechte Hand auf die Balustrade, die linke in die Seite gestützt, verharrte er in dieser Stellung, bis die Zischer übertönt, der übliche Empfang ihm gezollt wurde. Nun verbeugte er sich und nahm gemessen vor dem Flügel Platz.

Als Eingangsnummer hatte er die in Wien mit vollem Verständnis für seine Intentionen aufgenommene Übertragung des Scherzo und Finale der Pastoralsymphonie Beethoven's gewählt, zwei Sätze, die ihm besonders am Herzen lagen. Es liegt nahe zu glauben, daß er sie als Eingangsnummer gewählt hatte, um dem berühmten Publikum bestes zu bieten. Sie reihten sich seinen bedeutendsten Leistungen ein. Nicht bezüglich der Bravour und des Virtuosenglanzes: hier lagen die Accente auf andern Momenten. Der Künstler hatte bei ihnen, wie bei seinen[63] früheren Klavier-Partituren, der Idee nachgestrebt, das Orchester dem Klavier einzuverleiben und das Klavier selbst zur Vielseitigkeit und zum Vollklang des Orchesters zu erheben.

Historisch bedeutsam ist hierbei, daß sich in diesen Übertragungen zum ersten Mal jener Zug zum Großen verkörperte, der die engen Schranken des Klaviers brach und es mitten hinein in das musikalische Universum trug. In ihnen liegt der Ausgangspunkt, um nicht zu sagen: die Vorstufe, zu dem großen Styl der Klaviermusik, den er zu schaffen berufen war.

In Wien erkannte man in den beiden Symphoniesätzen »gelöste Probleme«; in Leipzig aber ahnte man traditionell-befangen nicht, daß zur Durchführung jener kolossalen Idee ein Künstler gehörte, der dem Original gegenüber kongeniale Empfindung und reproducirende Schöpferkraft im höchsten Grad besaß, abgesehen von aller Virtuosität der Ausführung. Ihm war es ein Arrangement mehr unter den hundert anderen, nur schwerer zu spielen als diese. Er machte Fiasko. Das Publikum blieb kühl, mäßig sein Applaus, trotzdem es über die Geschicklichkeit des Virtuosen verblüfft war. Liszt fühlte, daß etwas nicht in Ordnung sei. Das mochte ihn reizen. Sein Spiel ging bei der nächsten Nummer – Niobe-Fantasie – ins Gewaltige, bis zur verwegensten Kühnheit. Wie im Sturm riß er nun das Publikum mit sich fort. »Und doch«, meinte Schumann bezüglich seiner Bravour, »so groß sie ist, ich hätte sie opfern mögen für die zauberhafte Zartheit, wie sie sich in der folgenden Etüde19 aussprach.« Er schloß mit dem »Chromatischen Galop«, dem er für den nun tobenden Beifall dankend seinen Bravourwalzer folgen ließ.

Anderntags sollte Liszt's zweites Koncert sein. Aber noch im Laufe des Nachmittags sagte er es ab; er war vor Ärger krank geworden. Die böse Stimmung im Publikum war indessen durch sein Spiel keineswegs überwunden, wozu mancherlei zusammenwirkte; möglicherweise auch Ungeschicklichkeiten seines Sekretärs, in dessen Obliegenheit die äußeren Koncertangelegenheiten lagen. Vor allem hetzte ein Theil der Lokalpresse gegen ihn. Der Künstler hatte sich dem geschäftsmäßigen Recensententhum gegenüber souverän gestellt – das heißt: er gab keine Freibillete, was wieder so viel hieß, als: »ich brauche Euch nicht!« Schon in Paris hatte er[64] gegen die Unmündigkeit der musikalischen Tagesreporter, gegen den Zwang und die Ausbeute der Freikarten gekämpft. Die Tagespresse sollte in Kunstsachen auf ein höheres Niveau sich stellen – oder der Künstler sich nicht um sie kümmern. Die Presse, die ihre Stellung begriffen, verwirft den Billethandel. Diesen Ansichten gemäß strich Liszt für seine gesammten Reisen diesen Theil der Freibeuterei. »Der Jammer hat sich bereits zehn norddeutschen Blättern mitgetheilt!« lachte ein rheinisches Blatt.20 Der schon erwähnte Reporter aber, noch immer durch kein Freibillet besänftigt, schrieb für das »Dresdener Wochenblatt« einen bösen Bericht21 »Liszt in Leipzig«, welcher der Handlungsweise des Künstlers die niedrigsten Motive unterschob.

Mendelssohn äußerte sich über diesen Vorfall gegen seine Mutter: »Man hatte fast eben so viel Ärger wie Freude von seinem Aufenthalt. Doch – fügte er hinzu – war die letzte zuweilen übergroß.« Ähnliches berichtete auch Schumann an Clara22:


»Das ginge nicht in Bücher, was ich Dir alles über den Wirrwarr hier zu erzählen hätte. Das zweite Koncert gab er noch nicht und legte sich lieber in's Bette und ließ zwei Stunden zuvor bekannt machen, er wäre krank. Daß er angegriffen ist und war, glaub' ich gern. Lieb war es mir, weil ich ihn nun den ganzen Tag im Bette habe, und außer mir nur Mendelssohn, Hiller und Reuß zu ihm können.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Glaubst Du wohl, daß er in seinem Koncert ein Härtelsches Instrument gespielt hat, das er vorher noch niemals gesehen. So etwas gefällt mir nun ungemein, dies Vertrauen auf seine guten zehn Finger.«23


Zwei Tage später fuhr Schumann an Clara fort:


»– – – Dir aber sag' ich's, Liszt erscheint mir alle Tage gewaltiger. Heute früh hat er wieder bei Raimund Härtel gespielt, daß wir alle zitterten und jubelten, Etüden von Chopin, ein Stück aus den Rossini'schen Soiréen und Mehreres noch. Um ihm eine Auszeichnung[65] zu machen und dem Publikum merken zu lassen, mit was für einem Künstler es zu thun hat, hat Mendelssohn einen hübschen Einfall gehabt. Er giebt ihm nämlich morgen Abend (gerade auch Bach's und J. Paul's Geburtstag) ein ganzes Koncert mit Orchester im Gewandhaus, zu dem nur Wenige eingeladen sind und in dem mehrere Ouvertüren von Mendelssohn, die Symphonie von Schubert und das Triple-Koncert von Bach (Mendelssohn, Liszt und Hiller) daran kommen sollen. Ist das nicht sein von Mendelssohn?


Diesem liebenswürdigen Einschreiten Mendelssohn's gelang ein Umschlag der Stimmung. Er selbst schrieb hierüber an seine Mutter:


»Mir fiel ein, daß die schlechte Stimmung vielleicht am besten zu beseitigen sein würde, wenn die Leute ihn einmal in der Nähe besähen und hörten, und ent schloß mich kurz und gab ihm eine Soirée von 350 Personen, mit Orchester, Chor, Bischof, Kuchen, Meeresstille, Psalm, Triplekoncert von Bach (Liszt, Hiller und ich), Chöre aus Paulus, Fantasie sur la Lucia di Lammermoor, Erlkönig, Teufel und seine Großmutter, und da waren alle so vergnügt und sangen und spielten mit solchem Enthusiasmus, daß sie schwuren, sie hätten noch keinen lustigeren Abend erlebt, und mein Zweck wurde dadurch glücklich und auf eine sehr angenehme Art erreicht.«


Was Leipzig an Künstlern und musikalischen Nobilitäten aufzuweisen hatte, war bei diesem Fest, halb Rout, halb Koncert, zugegen. Liszt selbst bezauberte durch seine Person und Musik. Alle Mitwirkenden thaten ihr bestes. »Drei glückliche Musikstunden waren es«, rief Schumann über diesen Abend aus, »wie sie sonst Jahre nicht bringen!«

Im zweiten Koncert, am 24. März, zeigte sich die Nachwirkung dieses Festes. Liszt begann mit Weber's »Koncertstück.« Noch unter dem Eindruck, daß »etwas nicht in Ordnung sei«24, hatten seine Finger, ihm unbewußt, einige Takte des Tutti leise nachgespielt und das Publikum vergessend ward er lauter. Alls er es gewahr wurde, konnte er nicht plötzlich aufhören. Da – mit dem Blitz des Genies setzte er es wie im Wettkampf mit dem Orchester fort, bis er in Feuer und Kraft es überflügelt hatte und an seiner Spitze stand, ein Feldherr der Heerschaaren. Diese überwältigende Wirkung, so aus der Situation emporgeschossen, verleibte der Künstler durch seine Vorträge dem »Koncertstück« ein. Schumann berichtete über diesen Moment:


[66] »Wie Liszt gleich das Stück anfaßt! mit einer Großheit und Stärke im Ausdruck, als gälte es eben einen Zug auf den Kampfplatz, so führt er es von Minute zu Minute steigernd fort bis zu jener Stelle, wo er sich wie an die Spitze des Orchesters stellt und es jubelnd selbst anführt. Schien er doch an jener Stelle dieser Feldherr selbst, dem wir ihn an äußerer Gestalt verglichen, und der Beifall darauf an Kraft nicht unähnlich einem:Vive l'empereur!«25


Mit Liszt's Vortrag des »Koncertstücks« brachen alle Dämme der Zurückhaltung. Beim »Erlkönig« stand die Hälfte des Publikums auf den Stühlen, um seine Hände besser sehen zu können. Die »Lucia-Fantasie« verdrehte vollends die Köpfe. Ein Staunen, Bewundern, Entzücktsein. Am Schluß des Koncertes war ein Toben ohne gleichen, die Musiker bliesen Tusch und eine beliebte Sängerin Leipzigs überreichte dem Künstler den wohlverdienten Lorbeer.

Sichtlich erfreut über den Empfang, der ihm jetzt geworden, und immer geneigt Unangenehmes zu vergessen äußerte er sich bereit, noch ein Koncert für eine milde Stiftung zu geben. Mendelssohn ergriff diese Gelegenheit, den Orchestermusikern, deren Nöthe wie allerorts keine kleinen waren, die Einnahme zuzuwenden. Nachdem Liszt in Dresden ein drittes Koncert, dessen Ertrag der städtischen Armenpflege zufiel, gegeben, folgte ein drittes m Leipzig am 30. März zum Besten des Pensionsfonds für arme und kranke Musiker.

Seiner freundschaftlichen Gesinnung Ausdruck gebend hatte er Mendelssohn's Dmoll-Koncert, Schumann's »Karneval« und Etüden von Ferdinand Hiller hierbei zum Vortrag gewählt – Kompositionen, die er sämmtlich erst in Leipzig kennen gelernt hatte und mit einer unbeschreiblichen Meisterschaft vom Blatt spielte! Im Glanze seiner Virtuosität zeigte er sich im Schlußstück, dem Hexameron, den er mit Orchester vortrug und den Wünschen seiner Hörer gemäß zum Theil wiederholte. Als auch jetzt der Beifall endlos war, gab er noch seinen »Galop chromatique«.

Tags darauf verließ der Künstler die Stadt. Die Aufregung aber vibrirte noch lange nach – allein weniger als enthusiastische Stimmung des Publikums. Die Kritiken zersetzten diese und hinterließen untilgbare Spuren auf Jahrzehnte hinaus. Die Beziehungen wollten sich hier in keiner Weise mit dem Künstler knüpfen und[67] ihr Charakter, den musikalischen Traditionen Leipzigs entsprechend, behauptete sich nahezu ein halbes Jahrhundert hindurch. Leipzig besaß da mals zwei Musikzeitungen, deren eine Schumann's noch wenig Einfluß und Verbreitung besitzende »Neue Zeitschrift f. Musik« war, während die andere, schon seit 1798 bestehend, unter dem Schutz der Firma Breitkopf & Härtel erschien: die »Allg. musik. Zeitung« – die älteste und einflußreichste aller existirenden Musikzeitschriften, ja die europäische Hauptquelle musikalischer Lokalkritiken. Diese Zeitung war in der Epoche der musikalischen Klassicität entstanden, jene aus fortschrittlichen Bestrebungen, und während die letztere den Ideen der Neuzeit Bahn zu brechen versuchte, hielt die erstere nur um so fester an der klassischen und specifisch leipziger, den trockenen Organistenton vertretenden Richtung. Von hier aus bewegte sich die hauptsächliche Gegenströmung gegen Liszt. 1840 fing sie an. Gleichsam principiell ward sie erst mit dem Rücktritt G.W. Fink's von der Redaktion der »Allg. musik. Zeitung«26.

Sollte einmal eine Geschichte der musikalischen Kritik Leipzigs geschrieben werden, so würden von hier aus sonderbare Streiflichter auf den Entwickelungsgang der Musik unseres Jahrhunderts und ihre Stellung zu unserer Kultur fallen. Die oft unbegreiflich schiefe Stellung einer großen Künstler- oder Kunsterscheinung hängt nicht selten an dem Faden eines Einzelnen, der ihn nicht rechtzeitig mit jener oder mit der Zeit selbst geknüpft hat. Es braucht nicht immer persönliche Gehässigkeit zu sein, die daran hindert. Die Bornirtheit richtet gleiches Unheil an, besonders wenn Weltblätter Arbeiter anstellen, die für einen solchen Posten weder weit- und scharfsichtig noch hochsinnig genug sind. Das ist ein wunder Fleck – heute noch[68] ebenso wie vor fünfzig und vor hundert Jahren. Nach Fink's Abgang von der »Allg. musik. Zeitung« zeichnete sich dieses musikalische Weltblatt in Folge der Artikel eines seiner fleißigsten Mitarbeiter durch eine beschränkteste Zustimmung für Klassicität und klassisches Epigonenthum aus, welche ihm allmählich die höhere Anwartschaft auf ein den Zeitbedürfnissen entsprechendes Urtheil entzog.

Liszt wurde bezüglich seiner allgemeinen. Beurtheilung als Künstler auf lange hinaus eines seiner Opfer. Schon der erste Bericht nach seinen Leipzig-Koncerten gab den Ausschlag. Derselbe war um so wirksamer, als er – um so gefährlicher – den Schein der Objektivität wahrte. Diesem nach überwog das Lob den Tadel. Doch klang das Lob gezwungen, der Tadel zurückhaltend, versteckt im Lob.


»Noch nie vielleicht« – heißt es da – »hat ein Virtuos sich eines so glänzenden, weit verbreiteten Ruhmes zu erfreuen gehabt als Herr Franz Liszt. Durch die ungeheueren Lobpreisungen der Journale waren die Erwar tungen bei uns, wie wohl überall, auf das höchste gespannt, vielleicht etwas überspannt worden und man sah dem baldigen Erscheinen des Gepriesenen mit um so größerer Sehnsucht entgegen. Da dasselbe sich immer mehr von einer Zeit zur andern verschob, vorzüglich aber, weil man die bisher gedruckten Kompositionen des Herrn Liszt, ungeachtet des Interesses, welches man allerdings an ihnen nehmen mußte, doch mit seinem ungeheueren Künstlerruhm nicht ganz in Einklang zu bringen wußte. Als daher endlich am 17. dieses Monats im Saale des Gewandhauses ein eigenes Koncert desselben stattfinden sollte, war der Zudrang außerordentlich, und kaum dürfte ein berühmter Künstler jemals mit größerer Spannung bei uns empfangen worden sein als Herr Liszt, in welchem man eine von allen gewohnten Kunsterscheinungen völlig verschiedene, in ihrer Größe und Genialität wahrhaft bewundernswerthe Erscheinung zu finden hoffte und den öffentlichen Nachrichten zufolge, hoffen konnte. Diese Erwartungen sind bis jetzt noch nicht vollständig erfüllt worden; Herrn Liszt's Spiel hat außerordentliches Interesse erregt, es ist bewundert und angestaunt worden, aber diese Wirkungen sind nicht so tief in die Seele gedrungen, um den nachhaltigen Enthusiasmus hervorzubringen, welchen eine wahrhaft geniale, in jeder Hinsicht vollkommene Kunstleistung hervorbringen muß und wird.«


Im Weiteren spricht er sich über Liszt's Behandlung des »Koncertstücks« aus, die von da an zu einer Art Zankapfel unter den Recensenten wurde. Da in dieser sich Liszt's gesammte spätere Bearbeitungen der Klavierkompositionen Weber's, auch[69] Schubert's27 charakterisiren, ist es unumgänglich, hier der ersten derselben besonders zu gedenken und deren Entstehungszeit vorausgreifend zugleich auszusprechen, daß Liszt bei sämmtlichen nichts positiv geändert, nur bei Stellen gleichsam nachgeholfen hat, wo die frühere Behandlungsweise des Klaviers offenbar den Komponisten hinter seinen Intentionen zurückhielt und in Folge dessen die schönsten Inspirationen dem Veralten anheim zu fallen drohten. Bezüglich des »Koncertstücks« konnte es seinem dem Heroischen und Großen zugewendeten Sinn nicht entgehen, daß der Komponist anderes gewollt, als die gebräuchliche Spieldosenmanier des Vortrags bei der Wiedergabe der Passagen es ausdrückte, daß diese, von ihm feurig und kraftvoll empfunden, das traditionelle Klavierspiel weit überragten, ohne dabei – und das war die Achillesferse der Weber'schen Zeit! – den traditionellen Klavierstyl überwinden zu können. Bei Takten und Stellen daher, wo Weber mehr andeutete als erreichte, wo seine Kraft der Empfindung keineswegs durch eine gleichlautende Fülle des Klanges ausgedrückt war, ja, wo die Dünne des letzteren ihr sogar widersprach, wo überhaupt durch eine der Weber-Hummel'schen Periode noch verschlossene Technik ein offenbarer Bruch zwischen dem kraftvollen Gefühl und seiner Darlegung hervor trat –: bei solchen Stellen griff Liszt ein und suchte durch Verdoppelungen der Passagen, sowie akkordliches Pointiren der wesentlichen Accente die Steigerungen zu erreichen, welche zu finden dem Komponisten noch nicht gelungen war. Namentlich die Passage wurde durch ihn, um in Schumann's Feldherrnbild zu bleiben, das blinkende Schwert in der Hand des Helden. Im Ganzen aber hatte er gegenüber dem »Koncertstück« aus einem farbenreichen Bild, dessen kräftig empfundene Linien sich mit Spuren des Stifts noch mengen, diese Spuren entfernt, richtiger gesagt: sie durch Kraft und Fülle der Farbe überwunden. Diese Zuthaten, unserem heutigen Ohr und Auge ebenso einfach wie naturgemäß, erschienen damals neu, überraschend, hinreißend; dem klassisch-disciplinirten Gewohnheitsohr aber waren sie ebenso ketzerisch, ähnlich wie der Wohllaut der Terzklänge dem Papst Johann XXII. kirchenschänderisch war.

Nach der »Allg. musik. Ztg.« hatte Liszt das »Koncertstück« mit unglaublicher Sicherheit, Präcision und trotz seines schnellen[70] Tempos »mit Deutlichkeit« gespielt. Seine Verdoppelungen und Erweiterungen der Passagen nannte sie »fast immer« mit Geschmack gemacht, »dem Geist des Stückes nicht eben unangemessen«; doch – fährt sie belehrend fort – solle der Virtuose »durch die Art und den Geist der Auffassung und des Vortrags« die Wirkung erzielen.

Somit wurde Leipzig 1840 ein böses Blatt in Liszt's Künstlergeschichte. Die Lokalreferenten anderer Städte reflektirten das leipziger Urtheil der Konservativen, das allmählich in jeder seiner Kompositionsäußerungen während seiner Virtuosenwanderschaft und später ein Dokument sah, das sein mangelndes Talent für die Komposition darlege. Sie hat, hierbei unterstützt von den Tendenzen des Gewandhauskoncertes und des später errichteten Konservatoriums, die seine Kompositionen von ihrem Repertoire ausschlossen, in Deutschland bei der Masse die Saat gestreut zu dem lange dauernden Unglauben an seinen höheren Beruf als Komponist. Neben dem begeistertsten Urtheil über seine Virtuosität konnte man immer und immer wieder hören: »Ja – aber das leipziger Gewandhaus hält nichts von seinen Kompositionen.« Selbst die krittelnde Auffassung seines Klavierspiels, seiner Interpretation der Meisterwerke fand während seiner glanzvollen Reiseperiode 1840–1847 dort ihre Hauptstütze. Wenn jetzt, Dank der »Neuen Zeitschrift für Musik« und ihren hervorragenden Kämpfern für die Principien und die Idee unseres Jahrhunderts sich in derselben Stadt ein deutscher Liszt-Verein (seit 1885) mit der Tendenz gebildet hat, die Werke des Meisters zu popularisiren, in demselben Sinn wie die Bach-, Beethoven-, Wagnervereine die Werke Bach's, Beethoven's, Wagner's zu ihrem Mittelpunkt gemacht haben, so ist das nicht eine Bresche gegen altes Bollwerk: es ist der freie Ausdruck einer Richtung, die sich frei gemacht von traditionellen Einflüssen und Einseitigkeiten, aber auch – eine geschichtliche Korrektur, die sich das musikstolze Leipzig selbst geschaffen hat.

Der ihm gewordenen Opposition entgegen waren Liszt's Beziehungen zu Schumann und Mendelssohn. Diese drei für ihre und die folgende Zeit so hochbedeutenden Künstler hatten sich in dem einem Jeden von ihnen eingeborenen Quell echter Musik und in einer reinen Freude am Strömen dieses Quells zusammengefunden. Wenn trotzdem und obwohl alle drei von der geistigen Revolution, die seit den dreißiger Jahren neue Ringe zog und auf jedem Gebiet ihre Mitarbeiter hatte, mehr und weniger ergriffen[71] oder auch erfüllt waren, sie sich doch nicht so tief berührten, um gemeinsam auf die Entwickelung der Tonkunst zurückzuwirken, so lag das in der Verschiedenheit ihrer geschichtlichen Aufgaben. Die Mendelssohn's war eine zwischen seiner Zeit und den edleren Aufgaben der Tonkunst vermittelnde. Zudem deckte ihn die Erde, als Liszt die Vorstufen seiner Aufgabe überwunden hatte und diese selbst ergriff. Schumann, dessen Genie seiner Natur nach ergänzend zu dem Liszt's hätte treten können, war innerlich nicht mehr frei genug. Liszt, namentlich als Führer der Wagnersache, hatte den Fühler in ihm nicht mehr finden können; denn Schumann erlag mehr und mehr seiner Subjektivität, die schon 1840 bei aller Bewunderung für Liszt doch gegen Clara in die Worte ausbrach: »Aber Clara, diese Welt ist meine nicht mehr. Die Kunst, wie Du sie übst, wie ich auch oft am Klavier beim Komponiren, diese schöne Gemüthlichkeit gäb' ich doch nicht hin für alle seine Pracht; und auch etwas Flitterwesen ist dabei«28. Und nun da Liszt dieses letztere abgestreift hatte, war Schumann zu verdüstert, um das erkennen und dem großen Aufflug folgen zu können, den die Musik durch ihn von Weimar aus nahm.

Mit Mendelssohn verkehrte Liszt nur noch zweimal: als er im nächsten Jahr wieder Leipzig besuchte und kurz darauf in Berlin. Hier war ihre letzte Begegnung29. Mit Schumann blieb er in Beziehung bis zu dessen Tod. Er seinerseits gab als Dirigent und als Schriftsteller seiner Anerkennung Schumann's während seiner Weimarperiode vielfach bahnbrechend Ausdruck30. Auch während seiner Virtuosenepoche war er bestrebt gewesen auf Schumann's Genie aufmerksam zu machen. Es bedürfe zur Erlangung seines europäischen Rufes nichts weiter, als daß er in eine Weltstadt verpflanzt werde31, äußerte er sich in Paris. Mit der von ihm mehrfach versuchten Einführung von Schumann's Klavierkompositionen hatte er jedoch wenig Glück. Für den Salon und die Unterhaltung zu ernst und tief, entbehren sie für den Koncertsaal des breiten glänzenden Styls, des großen Flusses der Empfindung, um hier wirksam sein zu können. Liszt schrieb über seine Versuche nach Schumann's Tod an Wasielewski32:


[72] – – »In Leipzig verkehrte ich mit Schumann tagtäglich (zu Anfang des Jahres 1840 nämlich) und tagelang – und mein Verständniß seiner Werke wurde dadurch ein noch vertrauteres und innigeres. Seit meinem ersten Bekanntwerden mit seinen Kompositionen spielte ich in den Privatzirkeln Mailands, Wiens pp. mehrere davon, ohne aber zu vermögen, die Zuhörer dafür zu gewinnen. Sie lagen glücklicher Weise der damalig absolut täuschenden flachen Geschmacksrichtung viel zu ferne, um daß man sie in den banalen Kreis des Beifalls hätte hineinzwingen können. Dem Publikum schmeckten sie nicht, und die meisten Klavierspieler verstanden sie nicht. Selbst in Leipzig, wo ich in meinem dritten Koncert im Gewandhaus den Carneval vortrug, gelang es mir nicht, den mir gewöhnlich zukommenden Applaus zu erringen. Die Musiker nebst denen, die als Musikverständige galten, hatten (mit wenig Ausnahmen) noch eine zu dicke Maske über die Ohren, um diesen reizenden, schmuckvollen, in künstlerischer Phantasie so mannigfaltig und harmonisch gegliederten Carneval zu erfassen. Späterhin zweifle ich nicht, daß dies Werk in der allgemeinen Anerkennung seinen natürlichen Platz zur Seite der 33 Variationen über einen Diabelli'schen Walzer von Beethoven (denen er meiner Meinung nach sogar an melodischer Erfindung und Prägnanz voransteht) behaupten wird.

Das mehrmalige Mißlingen meiner Vorträge von Schumannschen Kompositionen, sowohl in kleineren Zirkeln als auch öffentlich, entmuthigte mich dieselben in meinen so rasch aufeinanderfolgenden Koncert-Programmen – die ich theils aus Zeitmangel, theils aus Nachlässigkeit und Überdruß meiner klavierspielerischen »Glanz-Periode« nur in äußerst seltenen Fällen selbst angab und bald diesem bald jenem zur beliebigen Wahl überließ – aufzunehmen und festzuhalten. Das war ein Fehler, den ich später erkannt und wahrhaft bereut habe, als ich einsehen gelernt hatte, daß für den Künstler, der dieses Namens würdig sein will, die Gefahr dem Publikum zu mißfallen eine weit geringere ist als die, sich durch dessen Launen bestimmen zu lassen – und dieser Gefahr bleibt jeder ausübende Künstler insbesondere preisgegeben, wenn er nicht entschieden und principiell den Muth faßt, für seine Ueberzeugung ernstlich und konsequent einzustehen und die von ihm als die besseren erkannten Sachen vorzuführen, mag es den Leuten gefallen oder nicht.

Gleichviel also, in welchem Grade meine Zaghaftigkeit in Betreff Schumann's Klavier-Kompositionen durch den alles beherrschenden Tagesgeschmack vielleicht zu entschuldigen wäre, habe ich, ohne es zu verneinen, dadurch ein schlechtes Beispiel gegeben, welches ich kaum wieder gut zu machen im Stande bin.

Der Strom der Angewohnheit und die Sklaverei des Künstlers, der zur Erhaltung und Verbesserung seiner Existenz und seines Renommés auf den Zuspruch und den Applaus der Menge angewiesen, ist so bändigend, daß es selbst den besser Gesinnten und Muthigsten, unter welche ich den Stolz habe mich zu rechnen, äußerst schwierig wird ihr besseres[73] Ich vor allen den lüsternen, verworrenen und trotz ihrer großen Zahl unzurechnungsfähigen. Wir zu wahren.«


Die künstlerische Bedeutung, die beide Meister sich gegenseitig beimaßen, ist am deutlichsten ausgesprochen durch die Kompositionen, die sie sich gewidmet haben. Schumann dedicirte Liszt seine große Fantasie opus 1733, eine Widmung, die dieser mit seiner Hmoll-Sonate34 beantwortete. Beide Schöpfungen sind Kolosse, von denen der eine Schumann's Muse in ihren schönsten Momenten verkörpert, der andere, der Zukunft zugewandt, von so gewaltigen Dimensionen ist, wie die gesammte Klavierliteratur kein zweites Werk besitzt. Vielleicht, daß ein späteres Urtheil beide Werke durch ihre Gegensätzlichkeit als zusammengehörend betrachtet.

Im Laufe der Jahre übertrug Liszt mehrere Lieder und Liederhefte sowohl Schumann's als Mendelssohn's dem Klavier, die meisten auf Anregung der Verleger. Der Übersichtlichkeit wegen seien sie hier angeführt, wobei bezüglich ihrer Übertragung als solcher auf ein früheres Kapitel: I. Band, XXVI, hingewiesen sei. – Die Klavierübertragungen der Lieder Mendelssohn's gehören Liszt's Aufenthalt in Leipzig 1840 an. Sie sind ein Erinnerungsblatt der im Mendelssohn'schen Hause verlebten Stunden, das er Cécile, der von seinen Freunden hochgeschätzten Gattin Mendelssohn's widmete.


1840: Lieder von Mendelssohn Bartholdy.35

Madame Cécile Mendelssohn

freundschaftlichst gewidmet.

(Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1840.)


  • 1) Auf Flügeln des Gesanges (aus opus 34).

  • 2) Sonntagslied (aus opus 34).

  • 3) Reiselied (aus opus 34).

  • 4) Neue Liebe (aus opus 19).

  • [74] 5) Frühlingslied (aus opus 47).

  • 6) Winterlied (aus opus 19) und Suleika (aus opus 34).


Später übertrug er:


1848: Mendelssohn's Wasserfahrt und Der Jäger Abschied (aus opus 50).

(Leipzig, Fr. Kistner. 1849 – Nr. 3 der

Transkriptionen).


Sein nicht erlöschendes Interesse jedoch schenkte Liszt der Musik zum »Sommernachtstraum«. Er führte sie mehrmals in Weimar auf und übertrug im Anschluß an diese Aufführungen den:


1849: »Hochzeitsmarsch und Elfenreigen«.

(Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1850.)


Desgleichen schrieb er noch 1854 einen Aufsatz:»Mendelssohn's Sommernachtstraum« etc.36, welcher gleich den Aufsätzen über Robert Schumann37 in der »Neuen Zeitschrift für Musik« erschienen ist und mit denen über Schumann der Bedeutung beider eine neue Beleuchtung gab.

Die von Liszt übertragenen Lieder R. Schumann's gehören späteren Zeiten – der ersten und zweiten Weimarepoche des Meisters – an:


1848: »Liebeslied« (Widmung) von R. Schumann

(aus opus 25)

(Leipzig, Kistner. 1848.)


1863: »An den Sonnenschein und Rothes Röslein«.

Zwei Lieder von Rob. Schumann.


(Leipzig, J. Schuberth & Co. 1863.)


1872: »Frühlingsnacht«.

Lied von R. Schumann.

(Leipzig, Gustav Heinze. 1872.)38[75]


1874/75: Lieder von Clara und Robert Schumann.

(Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1875.)


  • 1) Weihnachtslied.

  • 2) Die wandelnde Glocke.

  • 3) Frühlingsankunft.

  • 4) Des Sennen Abschied.

  • 5) Er ist's!

  • 6) »Nur wer die Sehnsucht kennt«.

  • 7) »An die Thüren will ich schleichen«.

  • 8) »Warum willst Du Andre«.

  • 9) »Ich hab' in Deinem Auge«.

  • 10) »Geheimes Flüstern hier und dort«.


An die Ausgabe der erstgenannten Übertragungen Mendelssohn'scher Lieder knüpften sich die bis über seinen Tod hinaus währenden Beziehungen des Künstlers zu der großen Verlagsfirma Breitkopf & Härtel, deren damalige Leiter die um Künstler und Kunst vielfach verdienstvollen Dr. Hermann Härtel und Raymund Härtel waren. Außer jenen Liedern veröffentlichte diese Firma die wohl bei Liszt's erstem leipziger Besuch entstandene Übertragung der:


Adelaide von Beethoven.

(Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1840.)


Desgleichen übernahm sie die so bedeutungsvollen:


Klavier-Partituren

der V. und VI. Symphonie Beethoven's.

(Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1840.)


Die Veröffentlichung und Vollendung der anderen Symphonie-Übertragungen erfolgte nach der Virtuosenepoche Liszt's, worauf wir zurückkommen werden.

Ein kleines liebenswürdiges


Albumblatt

für Klavier


– in geschlossener dreitheiliger Liedform für Schumann's »Sammlung von Musikstücken alter und neuer Zeit als Zulage zur N.Z.f.M.« (XV. Heft, publicirt 1841) – dürfte ebenfalls noch bei dem ersten leipziger Aufenthalt des Künstlers zu registriren sein.

Fußnoten

1 Das Gmoll-Koncert.


2 Siehe I. Bd., S. 467, 473.


3 Siehe Liszt's Gesammelte Schriften. II. Band. XII. Brief.


4 In einem Brief von J.P. Pixis an Hofmeister in Leipzig, datirt Paris, 21. Febr. 1834, schrieb dieser: »Vor ein Paar Tagen hat Liszt, dem ich Schumann's Variationen brachte, dieselben vorgelesen; aber so etwas kann sich kein Mensch vorstellen!« u.s.f. Dann: »Schumann wäre außer sich gewesen, hätte er sein Werk so vortragen hören! Liszt ist sehr damit zufrieden und hat mich gebeten, ihm ja alle Werke dieses jungen Tonsetzers kommen zu lassen.«


5 Nach einem Brief Berlioz's an Schumann, datirt: Paris, 3. März 1837. Siehe: Die Davidsbündler von F.G. Jansen. Anmerkungen. 57.


6 Liszt bezeichnete in seinem verbreiteten Brief an Wasielewski obigen Zeitpunkt als den, der ihn zum ersten Male mit Kompositionen Schumann's bekannt gemacht habe. Auch mir gegenüber äußerte er gesprächsweise dasselbe. Gegenüber den von Jansen mitgetheilten Daten jedoch kann kein Zweifel mehr darüber aufkommen, daß Liszt sich geirrt hat.


7 »Gesammelte Schriften« Franz Liszts, II. Bd.: »Kompositionen für Klavier von R. Schumann«.


8 18. November 1837.


9 »Jugendbriefe von R. Schumann«. Nach den Originalen mitgetheilt von Clara Schumann (Leipzig, Breitkopf & Härtel 1885), S. 272.


10 Nach dem Briefwechsel Schumann's mit Fischhof und Clara Wieck (Wasielewski etc., Jansen etc., Clara Schumann etc.).


11 Liszt's »Gesammelte Schriften«. II. Bd. XII. Brief.


12 »Jugendbriefe« etc. S. 281.


13 Siehe »Jugendbriefe« etc. S. 310.


14 Das war ihm buchstäblich mit dem gediegenen Musikschriftsteller Ferd. Graf Laurencin – dem ich diese Anekdote danke – in Wien passiert. Er saß mit diesem, der voll Erwartung der Kunstgespräche, die da kommen sollten und doch nicht kamen, bis nach Mitternacht in einem Bierlokal, trank ein Glas nach dem andern, sah vor sich hin und sprach endlich aufstehend obige Worte zu dem Verblüfften, die einzigen des ganzen Abends.


15 Leipziger »Allgem. musik. Zeitung« 1840, Nr. 13.


16 »Gazette musicale« de Paris 1840, Nr. 35.


17 »Neue Zeitschrift f. Musik« 1840, Nr. 26. Desgl. »Gesammelte Schriften« Schumann's, III. Bd., S. 231.


18 Aus der Feder des »alten Wieck«, wie es bald darauf öffentlich bekannt und von einer späteren Presse bestätigt wurde.


19 »Harmonies du Soir«.


20 »Das Rheinland«. Mainz, 1840 Nr. 55.


21 1840, Nr. 24–26. Hieran ließen sich die Gehässigkeiten nicht genügen: geschriebene Pasquille wurden versandt. Ein solches, datirt Leipzig, den 20. März, befindet sich noch im Großherzogl. Archiv zu Weimar. Vermuthlich war es an die Intendanz des Hoftheaters gerichtet.


22 »Jugendbriefe« etc. S. 311.


23 Härtel's Instrumente waren als sehr schwer in Anschlag bekannt. Auch spielten sich die Virtuosen vor ihrem Auftreten auf ihrem Instrumente erst ein. Clara Schumann z.B. übte am Tag ihres Auftretens meist drei Stunden auf dem Flügel, den sie des Abends benutzte.


24 Der Künstler hat diesen Vorgang häufig erzählt, auch der Verfasserin.


25 Schumann hatte im selben Bericht ihn mit Napoleon verglichen.


26 G.W. Fink war kein Herold der Romantik, aber auch keineswegs dem Neuen gegenüber so verständnißlos, wie die musikalischen Stürmer und Dränger jener Jahre es behaupteten. Der Wahrheit gemäß muß gesagt werden, daß er den Dingen oft tiefer auf den Grund sah, als seine im Ganzen friedfertige Natur es aussprach. Liszt gegenüber fühlte er genau, daß mehr als Virtuosität im Hintergrund sei. Bei Besprechung der Mendelssohn'schen Lieder-Transkriptionen machte er die vortreffliche Bemerkung:


»Aber Kern der Empfindung und Kraft der Erfindung, mit einem Wort: innere Musik muß in ihm sein: sonst hätte er dergleichen auf so ausgezeichnete Art nicht nachschaffen können. So ist denn auch zu erwarten, daß er, einmal ruhiger, gehaltener im Geiste selbst geworden, mit derselben innewohnenden, jetzt auf anderes gerichteten Kraft auch eigenthümlich Selbständiges im Bereich der Töne in voller Schönheit zu tage fördern wird.«


27 Stuttgart, bei J.G. Cotta.


28 »Jugendbriefe« etc. Brief datirt 18. März 1840. S. 310.


29 Kapitel: »Ein großes Jahr«.


30 Siehe: II. Abtheilung dieses Bandes.


31 Augsburger »Allg. Zeitung« (1840. Paris 5. Mai.


32 Siehe seine Biographie Rob. Schumann's.


33 Komponirt 1838. »Das nächste im Druck sind dann Phantasien, die ich aber zum Unterschied von den Phantasiestücken »Sturm«, »Siegesbogen«, »Sternbild« und »Dichtungen« genannt habe. Nach dem letzten Wort suchte ich schon lange, ohne es finden zu können. Es ist sehr edel und bezeichnend für musikalische Kompositionen, denke ich. – – –« (An Clara.)


34 Komponirt 1853.


35 Eine zweite, nochmals von Liszt durchgesehene und vielfach veränderte Ausgabe erschien ebendaselbst 1877.


36 »Gesammelte Schriften Liszt's«, III. Band. 1.


37 Ebendas. IV. Band.


38 Peters-Edition: No. 1157.

Quelle:
Ramann, Lina: Franz Liszt. Als Künstler und Mensch, Band 2.1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1887, S. 54-76.
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