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[48] Neapel den 5ten Junij 1770.


Dein schreiben vom 18ten May habe richtig heut den 5ten Junij erst empfangen. Nun wird Dein Catharr wohl hofent: vorbey seyn. Es nimmt micht sehr wunder, dann erst seit 8 tägen habe angefangen das dicke flannel-Leibl abzulegen und ein dinneres mit dem karcheten Ermeln zu nehmen, und trage noch 2 hemden: und den 3ten Junij habe angefangen zu fusse in einem seidenen Kleide auszugehen. Es war auch hier noch immer Morgens und abends sehr kalt, und den 2ten Junij ein erschreckliche Regen und Riselwetter, diese Witterung ist für Neapl etwas sehr fremdes. Nun wirst du auch meine 4 vorigen Briefe aus Neapl in händen haben. Unser Concert ist sehr gut abgeloffen; von Hof kann dir doch nichts schreiben. Die Prinzipessa da Francavilla hat uns auch ein schönes present gemacht, und wir haben zu noch ein paar kleinigkeiten Hoffnung. Du wirst übl zufrieden seyn, daß ich Dir unsere Einnahme nicht umständlicher schreibe. Ich thue es darum nicht, weil man in Salzb: nur die Einnahme ansiehet, und auf die Ausgaabe nicht denket, ja wenige, und sehr wenige sind die wissen, was Reisen Kostet. Es wird Dir genug seyn, daß wir an nichts, gott lob, mangel haben, was immer uns nothwendig ist unsere Reisen mit aller Ehre fortzusetzen. Eines der schönsten sachen ist der tägliche paßeggio, wo die Nobleße in einigen hundert Kutschen alla Strada nuova e al Molo abends bis nach ave Maria spatzieren fährt. Die Königin1 fährt öfters mit, aber alle Sontage und feyertäge gewiß. Da diese spazierfarth am Meer ist; so schiesst man auf den schiffen, wenn die Königin mitfährt, und rechts und Links halten die Kutschen stille, und grüssen die Königin, wenn sie durchfärth. so bald es ein wenig abend ist, werden bey allen Kutschen die Flambos angezindet, um eine Art von Illumination zu machen. Da wir täglich mitfahren und allezeit durch einen herrschaft: Wagen bedienet werden, so habe allezeit 2 Flambos, namlich der bedient von der Herrschaft, so uns bedient, hat seineFlambo [49] und der unsere das seine. Das ist aber kein grosser unkosten, indem die Flambo hier sehr wohlfeil sind und manche Kutsche mit 4 Flambos so 4 lauffer tragen bedient wird. Se M: die Königin grüsset uns allezeit mit ganz besonderer freundlichkeit. Am Pfingstsoulage waren wir beym grossen Ball den der Französ: gesandte; wegen der Vermehlung des Dauphin2 gabe. Wir waren durch 2 Billets dazu eingeladen. Mein Entschluss ist noch immer den 16 mit demProcaccio, oder glaublich er, wenn ich eine gewisse Sedia bekomme, den 20 mit Sr E: dem Kayserlichen ge sandten gr: Kaunitz per posta nach Rom zu gehen.

Was den h: Otto in Franckfort betrift, hättest Du aus meiner Nota, die ich in Salzb: Dir zurückgelassen, ersehen können, daß ich ihm mehr nicht als 12 Bücher der violinschule geschicket habe. und aus seinem Briefe, und der darinn stehenden Berechnung hättest Du sehen können, daß er bey Einsendung der 18 f 26 xr die 12 bücher bezahlt hat, folglich ist kein Anstand ihm 15 bis 20 St: zu schicken. allein wie? das weis ich nicht. herr Wallner kann einige 12 St: vielleicht unter der zeit packen x: oder wenn er kommenden herbst reiset. Es ist aber in dieser kleiner Berechnung ein fehler von 2 f, die h: Otto mir noch zahlen muß. mit nächstem werde ein klein briefl an ihn beyschlüssen. Ich kisse Dich und die Nannerl 1000 mahl und bin Dein alter

Mzt


An alle in und ausserm Hause alles erdenkliches!

Ich glaube gern daß es Dir Lustiger bey uns wäre, und kann mich nicht genug wundern, dass in Salzb: alles Theuerer wird. Man denkt halt in Salzb: gar nicht daran, daß, wenn das Systema in einer Sach ändert, man darauf bedacht seyn muß auf einer andern Seite ein Systema zu formiren, so das das ganze in seinem nötigen gleichgewicht erhält. Es läst sich auf einen kleinen fleck Papier nicht schreiben. und was würde es helfen?

Fußnoten

1 Die herrschsüchtige Königin Caroline Marie, eine Tochter Maria Theresias.


2 Ludwig (XVI.) mit Marie Antoinette.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 50.
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