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[76] Mayland den 20ten octob: 1770.


Den 18ten sind wir, Gott Lob, glücklich und gesund in Mayland abends um 5 uhr angelanget. wir musten einen ganzen Tag in Parma bleiben, weil durch die erstaunlich schweren Regenwetter die flüsse so sehr angelauffen, daß niemand überfahren konnte. Den 14ten fuhren wir den ganzen Nachmittag in einem erstaunlichen Donnerwetter und fürchterlichen schweren Regen; und dennoch ist meine Bagage nicht nass geworden: ich hatte sie nämlich mit doppelter waxleinwath verwahret. Ich hatte am rechten arm schon bey 3 wochen einen sehr schmerzhaften Revmatismum, und diesen nahm ich auf die Reise mit. Es wurde aber nicht schlechter, sondern vielmehr merklich besser, obwohl ihn noch nicht gänzlich weg habe. NB ich brauche aber auch gar nichts, und habe nichts gebraucht. Er soll gehen, wie er gekommen ist. Die Bewegung der Sedia that mir gar nicht wohl; allein ich dachte mir immer: übel muß man mit übl vertreiben. Es war also wegen dem Donnerwetter und starken Regen eine etwas verdrüssliche, und wegen meinem arm eine etwas nahmhaftes schmerzhafte Reise.

Wir sind um ein paar täge später in Bologna abgereiset, indem die Accademia Philharmonica dem Wolfg: mit einhelliger Stimme in ihre Gesellschaft aufgenommen, und ihm das Patent als Accademico Philharmonico überreicht. Es ist solches aber mit allen nötigen umständen und vorausgegangener Prüfung geschehen. Er muste nämlich den 9ten octb: nachmittag um 4 Uhr auf dem accademischen Saal erscheinen; alda gab ihm der Princeps accademiae und die 2 Censores (die alle alte Capellmeister sind) in gegenwart aller [76] Mittglieder eine antiphona aus einem antiphonario vor, die er in einem Nebenzimmer, wohin ihn der Pedellus führte und die thüre zuschloss, 4 Stimmig setzen muste. Nachdem er solche fertig hatte, wurde solche von den Censoribus und allen Capellmeistern und Compositoribus untersucht, und alsdann darüber Votiert, welches durch weis und schwarze Kugeln geschieht. Da nun alle Kugeln weis waren; so wurde er gerufen, und alle Klatschten bey seinem Eintritte mit den Händen und wünschten ihm glück, nachdem ihm vorher der Princeps der accademiae im Nahmen der Gesellschaft die aufnahme angekündigt hatte. Er bedankte sich, und dann war es vorbey. h: Prinsechi und ich waren unterdessen auf einer andern Seyte des Saals in der accademischen Bibliotheck eingesperrt. alle verwunderten sich, daß er es so geschwind fertig hatte, da manche 3 Stunde mit einerAntiphona von 3 zeihlen zugebracht. NB Du must aber wissen, daß es nichts leichtes ist, indem diese Art der Composition viele sachen ausschlüsset die man nicht dariñe machen darf, und das man ihm vorhero gesagt hat. Er hatte es in einer starken halben stunde fertig. Das Patent überbrachte uns alsdann derPedellus ins haus. Es ist lateinisch, und sind unter andern diese Worte dariñc: – – – testamur Dominum Wolfgangum Amadeum x: – sub die 9 Mensis octobris anni 1770 inter accademiae nostrae Magistros Compositores adscriptum fuisse x: – Es macht ihm dieses um so mehr Ehre, als die ackademia schon über 100 Jahre alt ist und außer dem P: Martino und anderen ansehnlichen Leuten Italiens auch die ansehnlichsten Männer anderer Nationen Mittglieder der accademiae Bonnoniensis sind.

Deinen Brief vom 5ten octob: hat man mir beym hineinfahren in Mayland am thor überreicht, dann er war in h: Trogers Briefe eingeschlossen, den er am thor ließ. ich hab also deine Briefe, wie Du aus meinen vorigen antworten sehen wirst, alle empf: Es ist mir Lieb, daß h: Breitkopf bezahlt hat. Alle Bücher die Du verkaufst, oder die Dir bezahlt werden, oder was du weggeschickest, kurz! alles schreibe auf, damit ich bey meiner Ankunft weis, wie ich mit allen diesen Leuten stehe. [77] Lebt beyde wohl, wir Küssen euch 100000 mahl, und bin Dein

Mozart


an alle freunde und freundinen alles erdenkliches

War es wegen dem Callender nicht ein guter gedanken? – – nun kann ich in 4 oder 5 briefen 2 Callendert bekommen, wenn auch nur 2 oder 3 monat hineinkommen, ich bekomme es frühe genug, die Hauptsache habe itzt schon.

Herrn Hagenauer und frau Hagenauerin will ich durch ein Condolenzschreiben die wunde nicht eröffnen. was nicht zu ändern ist, muß man gott anheimstellen. was ist andres zu machen? –

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 76-78.
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