96.

[127] Mannheim den 29ten Novbre 1777

abends


Mon trés cher Pére!


Heute vormittag habe ich ihren briefe vom 24ten richtig erhalten, und daraus ersehen, daß sie sich nicht in glück und unglück schicken könnten, wenn wir allenfals so etwas übern hals bekommeten; bis dato waren wir alle vier, wie wir sind, niemahl glücklich noch unglücklich, und dafür dancke ich gott. sie machen uns beyden vielle vorwürfe, und ohne daß wir es verdienen. wir machen keine ausgaben die nicht notwendig sind; und was auf der Reise nothwendig ist, wissen sie so gut, und besser als wir. Daß wir uns in München so lange aufgehalten, ist kein Mensch ursach als ich; und wenn ich allein gewesen wäre, so wäre ich ganz gewis in München geblieben. Daß wir uns in augspurg 14 täge aufgehalten? – – ich sollte fast glauben sie hätten meine briefe aus augspurg nicht bekommen? – – ich wollte ein Concert geben – ich wurde angesezt; da waren 8 täge weg. ich wollte absoulement vereisen. man liess mich nicht. man wollte ich sollte ein Concert geben; ich wollte gebeten seyn. es geschahe auch. ich gab ein Concert. Da sind nun die 14 täg. Daß wir gleich nach Mannheim sind? – – Dieß habe ich in meinem lezten brief beantwortet. daß wir noch hier sind? – – ja, – – können sie denn glauben, daß ich ohne ursach wo bleiben würde? – – aber man könnte doch dem [127] Vatter – – gut, sie sollen die ursache, ja den ganzen hergang der sachen wissen. aber bey gott, ich wollte davon nichts schreiben, weil ich (so wenig als heute) etwas ausführliches schreiben konnte, und sie folglich mit einer ungewisen nachricht, (wie ich sie kenne,) in sorgen und kummer gesezt hätte, welches ich allzeit zu vermeiden suchte; wenn sie aber die ursach, meiner nachlässickeit, sorglosickeit und faulheit zuschreiben, so kann ich nichts als mich für ihre gute Meinung bedancken, und von herzen bedaueren, daß sie mich, ihren sohn, nicht kennen.

Ich bin nicht sorgloß, ich bin nur auf alles gefast, und kan folglich alles mit gedult erwarten, und ertragen – – wenn nur meine Ehre und mein guter Namen Mozart nicht darunter leidet. Nun weil es halt so seyn muß, so seye es. ich bitte aber in voraus sich nicht vor der zeit zu freuen, oder zu betrüben; denn es mag geschehen, was da will, so ist es gut, wenn man nur gesund ist; denn die glückseelickeit bestehet – – blos in der einbildung. Den vergangenen Dienstag 8 täg den 18ten nemlich den tag vor Elisabeth gieng ich vormittag zum graf savioli, und fragte ihn, ob es nicht möglich wäre, daß mich dlr C: ihrot dfloln wfntlr hier blumtltl? – – ich wollte dfl fhngl ulrrocumit fnotrhfln1. er sagte; ja ich will es dem C: ihrotlnPrspsnfrln2; und wenn es bey mir besteht so geschieht es gewis. Nachmittag war ich bey Canabich, und weil ich auf sein anrathen zum grasen gegangen bin, so fragte er mich gleich, ob ich dort war? – ich erzehlte ihm alles. er sagte mir. mir ist es sehr lieb wenn sie dln wfntlr bly hno belfbln3, aber noch lieber wäre es mir, wenn sie faalr hnd rlcutt fn dflnotln wärln4. ich sagte. ich wollte nichts mehr wünschen, als daß ich immer um sie seyn könnte, aber auf blotmndfg5 wüste ich würcklich nicht wie das möglich wäre. sie haben schon zwly kmpplealfotlr6, ich wüste also nicht wmo fcu olyn ksntl7, denn dem Vsgelr8 möchte ich nicht nachstehen! Das sollen Sie [128] auch nicht sagte er. hier steht kein alnocu vsn dlrahofc unter dem kmplemfotlr9, nicht einmahl unter dem Intlndmnt. Dir C: ihrot ksuntl ofl fm zha kmaalr-Csapsoftlhr10 machen. warten sie, ich werde mit dem grmiln dmrhblroprlculn11. Donnerstag darauf war grosse accademie. als mich dlr grmi12 gesehen hatte, bat er mich um Verzeyhung daß er noch nichts glrldlt umt13, indemme iezt die gmeem-tmg14 sind; so bald aber dsl gmeem15 vorbey seyn wird, nemlich Moñtag, so wsrd lr glwso rldln16. ich ließ 3 täg vorbey gehen; und als ich gar nichts hörte, so gieng ich zu ihm, um mich zu erkundigen. Er sagte; Mein lieber Mr-Mozart, (das war freytag, nemlich gestern) heut war fingd, astuhn umbi fcu dla C: ihrolln sunaögefcu irmgln ksnnln17; aber morgen um die zeit werde ich funln glwfo ifel mntwsrt omgln ksnnln18. ich bat ihn, er möchte doch nicht vergessen. Die wahrheit zu gestehn, so war ich, als ich weg-gieng, ein wenig aufgebracht, und entschloff mich also, mein leichteste 6 variat: über den fischer Menuett (die ich schon eigenst wegen dieß hier aufgeschrieben habe) dla fhngle grmiln zh brfngln19, um gelegenheit zu haben, ast dla C: ihrotln olebot zh rldln20. als ich hin kam, so können sie sich die freude nicht vorstellen von der gshvlrnmntl21. ich ward sehr höflich empfangen. als ich die variat: herauszog, und sagte daß sie für dln grmiln22 gehören, sagte sie. O das ist braf; aber sie haben ja doch für dsl Csatlool23 auch was? – – iezt noch nicht, sagte ich, wen ich aber noch so lange hier bleibe, daß ich etwas zu schreiben zeit habe, so werde ich – – appropos, sagte sie, das freuet mich, sie belfbln dln gmnzln wfntlr uflr24. – – Ich? – – da weis ich nichts! – – Das wundert mich. das ist Curios. mir sagte es neulich dir C: ihrot olebot25. appropos. sagte er, dlr [129] aszmrt belfbt dln wfntlr uflr26. Nu, wenn er es gesagt hat, so hat es derjenige gesagt, der es sagen kann. Denn ohne den C: ihrotln kann ich natürlicherweise nfcut uflr belfbln27. ich er zehlte ihr nun die ganze geschichte. wir wurden eins das ich morgen als heute nach 4 uhr hinkommen würde und für dsl Csatlool28 etwas mitbringen würde. sie werden (ehe ich komme) aft dln C: ihrotln rldln29 und ich werde fun30 noch mntrliiln31. ich bin heut hin-gegangen, aber er ist heut nicht gekommen. Morgen werde ich aber hingehen. ich habe für dflCsatlool32 ein Rondeau gemacht. habe ich nun nicht ursache genug hier zu bleiben, und das ende abzuwarten? – – sollte ich etwa iezt, wo der gröste schritt gethan ist, abreisen? – – iezt habe ich gelegenheit mit dln C: ihrotln olebot zh rldln. dln wfntlr gemhbl ich werde wohl vermuthlich uflr belfbln. Dinn dir C: ihrot umt afcu eflb. umet vfble mhi afcu; hnd wlfo wmo fcu kmñ33. ich hoffe Ihnen in künftigen brief eine gute nachricht geben zu können. ich bitte sie noch einmahl sich nicht zu früh zu früh zu freuen oder zu sorgen, und die geschichte keinen Menschen als h: bullinger und meiner schwester zu vertrauen. hier schicke ich meiner schwester das allegro und Andante von der sonate für die Madelle Cannabich. DasRondeau folgt nächstens. es wäre zu dick gewesen, alles zusamm zu schicken. sie müssen schon mit demoriginal vorlieb nehmen; sie können sich es leichter um 6 k: den bogen abschreiben lassen, als ich um 24 k: finden sie das nicht theuer? – – addieu. ich küsse ihnen 100000 mahl die hände, und meine schwester umarme ich von ganzem herzen, und bin dero gehorsamster sohn

Wolfgang Amadé Mozart


sie werden wohl ein klein bischen von der sonata gehört haben, denn beym Canabich wird sie des tages gewis 3 mahl, gesungen, geschlagen, gegeigt, oder gepfiffen! – – freulich Nur sotto voce34.

Fußnoten

1 Auflösung der Chiffren: Der C: fürst diesen winter hier behaltete? – – ich wollte die iunge herrschaft instruiren.


2 C: fürsten Proponieren.


3 den winter bey uns bleiben.


4 immer und recht in diensten wären.


5 beständig


6 zwey kappelmeister.


7 was ich seyn konte.


8 Vogler.


9 Auflösung der Chiffren: mensch von der music unter dem kapelmeister.


10 Intendant. Der C: fürst konnte sie ia zum kammerCompositeur.


11 grafen daruber sprechen.


12 der graf.


13 geredet hat.


14 galla-tag.


15 die galla.


16 wird er gewis reden.


17 iagd, mithin habe ich dem C. fürsten ohnmöglich fragen konnen;


18 ihnen gewis eine antwort sagen konnen.


19 dem iungen grafen zu bringen.


20 mit dem C: fürsten selbst zu reden.


21 gouvernante.


22 den grafen.


23 die Comtesse.


24 bleiben den ganzen winter hier.


25 der C: fürst selbst.


26 Auflösung der Chiffren: der mozart bleibt den winter hier.


27 C: fürsten ... nicht hier bleiben.


28 die Comtesse.


29 mit den C: fürsten reden.


30 ihn.


31 antreffen.


32 die Comtesse.


33 den C: fürsten selbst zu reden. Den winter glaube .... hier bleiben. Denn der C: fürst hat mich lieb. halt viel auf mich; und weis was ich kann.


34 Auf dem Briefumschlag einige Sätze der Mutter. – Antwort des Vaters: 8. Dezember.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 130.
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