*227. [an L. Hagenauer in Salzburg]

[192] Wien den 30ten octobris 1762.


Glück und glaß! wie bald bricht ein Essig Krug! Ich dachte es fast, daß wir 14 Täge hinter einander gar zu glücklich waren, gott hat uns ein kleines Kreuz geschicket, und wir danken seiner unendlichen Güte, daß es noch so abgelauffen ist, den 21. waren wir Abends um sieben Uhr abermals bey der Kaiserinn Maiestl. unser Woferl war aber schon nicht recht wie sonst; und ehe wir dahin fuhren, wie auch, da er zu Bette gieng, klagte er f. v. den Hintern und die Hüfte. Als er im Bette war, untersuchte ich die orte, wo er die Schmerzen zu füllen vorgab; und ich fand etliche flecken in der grösse eines Kreutzers, die sehr roth und etwas erhoben waren auch bey dem Berühren ihm Schmerzen verursachten. Es waren aber nur an beyden Schinbeinen, an beyden Ellenbogen und ein paar am Podex; auch sehr wenig. Er hatte Hitzen, und wir gaben ihm Schwarz Pulver und Margrafen Pulver. Er schlief etwas unruhig. Den folgenden freytag wiederholten wir die Pulver in der fruhe und Abends, und wir fanden, daß sich die flecken mehr ausgebreitet hatten; sie waren obwohl grösser, doch nicht mehrer. Wir musten zu allen Herrschaften schicken, wohin wir schon auf 8 Täge hinausbestellet waren, und Tag für Tag absagen lassen. Wir fuhren fort das Margrafen Pulver zu [192] geben, und am Sonntag kam er in einen Schweiß, den wir uns gewunschen, dann bishero waren die Hitzen mehr Trucken. Ich begegnete dem hl. Medicum der gräfin v. Sinzendorf (die eben nicht hier war) und erzählte ihm die umstände. Er kam gleich mit mir. es war ihm Lieb, daß wir so verfahren hatten; er sagt: es seine eine Art Scharlach Ausschlag [...]

Gott Lob, nun ist er so gut, daß wir hoffen, er werde übermorgen, wo nicht Morgen an seinem Namens Tag, aus dem Bethe kommen, und das erstemal aufstehen. Er bekam zu gleicher zeit einen Stockzahn, das ihm eine geschwulst an dem Linken Backen verursachte. Die Herrschaften hatten nicht nur die gnade täglich sich um die Umstände des Buben sich erkundigen zu lassen; sondern sie empfahlen ihn den Medico auf das eifrigste: so, daß der hl: Doctor Bernhard (so heißt er) unmöglich mehr besorgt seyn könnte, als er wirklich ist. Entzwischen ist mir diese Begebenheit ganz gering gerechnet, 50 Dukaten schade. Doch danke ich gott unendlich, daß es so abgelauffen: dann diese Scharlachflecken sind hier denen Kindern als eine Mode Krankheit gefährlich: und ich hoffe, daß sich der Woferl nun naturalisirt hat; denn nur die Luft veränderung war daran die Haupt Ursache. Der frau gemahlin bitte nebst meiner gehorsamen Empfl. zu melden, daß ich sie neuerdings plagen muß: und zwar, möchte sie die Gnad haben, und veranstalten, daß 3. heil: Messen zu Loreto beym heil: Kindl, und 3. heil: Messen in Bergl beym heil.Francisco de Paula gelesen werden. Ich werde alles mit Dank ersetzen. [...]

Ich bitte Sie thun Sie alles mögliches um zu erfahren, was seine Hoch: gnaden denn endlich machen werden, und was Ich endlich wegen der vice capellmeister Stelle zu hofen habe. Ich frage nicht vergebens. Sie sind mein freund. Wer weis was ich thue: wenn ich nur weis, wo es endlich hinaus will, daß ist einmahl gewis, daß ich mich in solchen Umständen befinde, die mir auch hier Brod verschaffen.

Ich ziehe Salzburg noch immer allen andern Vortheil vor: allein man muß auch mich nicht zuruck setzen. Ich bitte sie nochmals: den sonst lasse ich mich, ich weis selbst nicht zu was, bereden. [...]

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 192-193.
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