195.[102] 1

Salzb: den 24ten Sept: 1778


Mein lieber Sohn!


Dein schreiben vom 11ten diesß habe mit dem grösten vergnügen gelesen, alles was Du mir in Betreff dlr blwhotln Plrosn ocurlfblot olzlt afcu fn klfnl grsool vlrwhndlrhng, wlfe afr olfnl Brfliil ocusn faalrohsplct wmrln:2 und Du hättest sehr gut gethann, wenn Du mir eher dieses alles geschrieben hättest. fcu ocurlfbl ulhte gmr nfcut alur mn fun, wlfe fcu fua ocusn dln vsrelztln Psottmg glocurflbln3 habe. Du wirst auch den Brief vom 17 erhalten haben. Nun must Du wissen, daß hl: B: v grimm mir geschrieben hatte, daß er für Deine Reise nach Strasburg sorgen werde. Ich bemerkte aus dessen schreiben, daß er Dir geld müsse vorgestreckt haben, – ich schrieb also, daß ich alles bezahlen wollte, er möchte mir nur eine anweisung nach augsp: geben. Im Nahmen gottes! ich musste es schreiben, wie konnte ich Dich denn stecken lassen: er antwortete mir aber: je ne veux pas entendre parler de remboursement dans ce moment ci, quand vous serez plus à votre aise, nous solderons [102] nos comptes. Je vous l'ai dit, je vous être en état de faire une pension à votre fils x: mein lieber Sohn, das ist doch sehr höflich, und Du siehest, daß er allen Credit für uns hat. weiter – ne vous inquiétez pas de m'envoyer de l'argent, mais tracez à votre fils tout ce qu'il doit faire pendant sa route. je vous le livrerai jusqu'à Strasbourg; si vous lui faites trouver là de l'argent pour continuer sa route par augsp: et Salzbourg x: Dieses zeiget in der That keinen MissCredit, sondern alles vertrauen gegen mich an. Dieses beruhigte mich auch sehr; weil er, der viel gereist hat besser wissen muß, wie Du am sichersten und bequemsten von Paris, ohne grosse kösten, nach Strasburg kommen kannst, weil er den Weg kennet, ich aber nicht, und die Reisekösten über sich nehmen will. ist das nicht viel vertrauen? – überdenke es! ist das nicht die gröste Erleuchterung für mich, die ich nur wünschen kann? – Denn wo nehme ich sonst geld genug her? – Er will mir zu warten – NB da wir so weit entfernt sind, und da er überdas weis, wie vfle fcu blrlfto ocuhedln zh blzmueln4 habe; denn ich hatte ihm längst alles geschrieben – und doch will er mir noch diesen Credit machen? – da er seinen Brief mit diesen worten schlüsset: Employez donc l'argent, que vous voulez m'envoyer, à son Voyage depuis strasbourg à salzbourg x: Du wirst hieraus urtheilen, ob Du in diesem Punkt nicht zu voreiligen argwohn hattest. Dieses war auch die ursache, daß ich ganz getrost durch hl: Hafner die anstalt machte, und Dir ein Billet an hl: Johannscherz in Strasburg beyschlosß, der Dir das übrige geld bis augspurg geben und in allem mit Rath und That an die Hand gehen soll. warum aber nur bis augspurg? – weil man den Kaufleuten (aggio) zahlen muß, und ich Dir in augspurg ohne den aggio zu bezahlen geld verschaffen kann: worüber ich schon meinem Bruder ordre geben werde. was nun also die Reise nach Strasburg anbelanget, so musst Du natürlicher weise von dem vernünftigen Rath derjenigen abhangen, die mehr Erfahrung [103] haben als Du. Es sind oft Lehngutscher von Strasburg da, Ritorni – die in gewissen wirthshäusern einkehren, wo man bequemm und um weniger geld nach Strasb: kommen kann. Man muß halt nachfrage halten. so ist hl: Dr: Prex von Paris nach Strasb: gereiset. hl: B: grimm muß doch auch schon eine Idée gehabt haben wie er Dich dahin bringen will. Man muß nicht schlechterdings, aus voruhrtheil etwas verwerffen. Du könntest Dir, schreibst Du, Dir ein hüpsches Capriolet schenken lassen. mein lieber Wolfg: das wird ein Wunsch bleiben; und scheint mir auch wider die geld Ersparung zu seyn; denn etwas recht gutes schenkt man nicht so leicht weg. und ist das Capriolet Baufällig oder in Rädern und etwa in der Achse x: schlecht, so bricht alle augenblick etwas, man bleibt auf der Strasse sitzen, verzehrt sich, muß daran reparieren lassen und kosten die Aufenthaltung und reparationen mehr, als etwa der ganze Plunder werth ist über alles dieses giebt es in Paris vielleicht niemand, oder wenige die als Lehngutscher fahren, und hat man sein eigenes gefährt, so, daß sie nur die Pferde anspannen därffen, so muß man sie theurer bezahlen, weil sie auf keine Leute zum zurückfahren antragen und als Ritorno nichts gewinnen können und mit leeren Pferden zurückgehen müssen ohne wagen. Dann müste ein solcher fuhrmann ein vertrauter Mann seyn, weil man ganz alleine bey ihm ist. Mit der Post würde es erstaunlich geld kosten, indem von Paris nach Strasb: 55 und eine halbe Post sind: für iedes Pferd 25 sols, folglich für 2 Pferd 50 sols das ist 2 livres und 10 sols bezahlt werden – ohne Trinkgeld. Kurz in dieser Sache kann ich nicht rathen, ich bin zu entfernt, und es kommt auf umstände und ausrechnung, und sonderheit: auf den guten Rath derjenigen an, die Kenntnisse und Erfahrenheit haben. hl: gschwendner ist auch, glaube, von Strasburg nach Paris gereiset. Du brauchst nichts zurück zu lassen, das ist meine Meinung nicht, und war es auch nicht, sondern, wenn Du kannst, einige Musik gleich verkauffen. was Dir keine Ehre macht, ist besser wenns nicht bekannt wird, desswegen habe von Deinen Sinfonien nichts hergegeben, weil ich vorauswuste, daß Du mit reiffern Jahren, wo die [104] Einsicht wächst, frohe seyn wirst, daß sie niemand hat, wenn Du gleich damals, als Du sie schriebst, damit zufrieden warest. man wird immer heickler. der gedanke nach Mañheim zu reisen fällt weg, weil Ende dieses Monats schon alles nach München kommt, was nicht schon da ist. Dein Wunsch 1000 fl jährlich für die Weber: familie ist erfüllt, dann ich hatte schon unterm 15 Sept: Nachricht aus München daß der gr: Seau die Msle Weber mit 600 f zum Teutschen Theater engagiert hat. des vatters 400 f dazu, sind 1000 f. Nun muß ich Dich recht schön bitten alle delicatessen, die für unser Salzb: Musik übertrieben sind auf die Seite zu setzen. Du glaubst ich hätte eine schriftl: versicherung auf die Capellmeister Stelle für Dich fordern sollen? – – glaubst Du denn es ist mir so viel an dieser Stelle für Dich gelegen? – – keineswegs! bleibt man nicht immer an so einem kleinen Hofe in seiner natürlichen freyheit weg zu gehen? – – ferner sagst Du –: keinen geiger gebe ich nicht mehr ab. – vormahls warst Du aigentlich nichts als geiger und das als Concertmeister; nun bist Du Concertmeister und Hoforganist und die Hauptsache ist das accompagnement beym Clavier. Das violinspiel zum Exempl bey der ersten Sinfonie wirst Du wohl auch als Liebhaber, so wie der Erzbischof selbst, und itzt alle Cavallier, die mitspielen, Dir nicht zur schande rechnen. hl: Haydn ist doch ein Mann dem Du seine verdienste in der Musik nicht absprechen wirst. Ist er desswegen als Concertmeister ein Hofbratschen geiger, weil er bey der den kleinen Musiken die viola spielt? – – das thut man zur unterhaltung; und ich versichere Dich, daß, da die Musik itzt so kurz ist, und nur in 4 Stücken bestehet, eine solche zur unterhaltung dient, da man den abend nicht weis, was man sonst thun soll. kommt etwas vor! eh bien! so bleibt man aus, – wie es andre gemacht haben. und ich wette darauf, daß, ehe Du Deine Composition verhudeln lässt, du greiffest selbst zu. Das folgt aber nicht daraus, daß man als ein geiger da stehet, andre feyern lässt und ihre Trio und quartetti spielt. bey leibe nicht! Meine Hauptzufriedenheit bestehet darinne, daß durch Deinen und meinen verbesserten gehalt wir in sichere umstände versetzt werden, unsere [105] ocuhedln5 zu bezahlen, und bequemm leben zu können. Du kommst mit Ehre zurück, wlfe6 iederman weis, dmo amn dfcu glohcut7 hat, und die ganze Statt rühmt Deinen Entschluß, daß Du, da Dein vatter seine Frau verlohren, zu seiner Hilfe und in seinem alter nötigen unterstützung zurück kehrest. gott erhalte Dich gesund und gebe Dir eine glückl: Reise! es ist eine starke Reise! Sorge für Deine gesundheit! mache auf der Reise mit niemand genaue freundschaft, traue niemand! behalte deine Medicin zur Noth im Nachtsack. sey beym Einsteigen und Aussteigen für Deine Bagage besorgt. zeige niemand Dein geld. und überlege wohl, ob Du Dich in Donauöschingen beym Fürst von Fürstenberg aufhalten, oder von Strasb: dahin vorausgehen und dort die Dilligence erwarten kannst? – oder ob Du vorbeygehen willst? In augsp: gehest Du gleich zum heil: Kreuz, der Prelat hat mirs 3 mahl schreiben lassen, da kannst Du ausrasten. Mache meine Empfehlung an den hl: B: v grimm, hnd amcul afr klfnln hnusiefculn otrlfcu8. ich werde ihm schreiben, wenn ich höre, daß Du abgereiset bist. Wir zehlen die täge Dich zu umarmen. Das Mensch die tresel der Narr hat abermahl 6 Capaunen gekaufft, und gestern hat die Nannerl ein paar wunderschöne spitzdatzel für Dich eingehandelt. Die Madme de Follard wird bald aus einem Antwortschreiben vom Fürst in Chiemsee ersehen, daß ich die aufgetragene Commission abgelegt habe. hl: Bullinger, hl: Deibl. Ifr: Mitzerl und Tausend andre empfehlen sich, ich und die Nannerl küssen Dich millionmahl und bin Dein Dich bald zu sehen Hofnungsvoller vatter

Mzt

Fußnoten

1 Antwort auf Wolfgangs Brief vom 11. September.


2 Auflösung der Chiffren: der bewusten Person [= Grimm] schreibest sezet mich in keine grosse verwunderung, weil mir seine Brieffe schon immer suspect waren:


3 ich schreibe heute gar nicht mehr an ihn, weil ich ihm schon den vorlezten Posttag geschrieben


4 Auflösung der Chiffren: viel ich bereits schulden zu bezahlen


5 Auflösung der Chiffren: schulden


6 weil


7 das man dich gesucht


8 und mache mir keinen unhoflichen streich.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 106.
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