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[62] vienne ce 28 d'avril 1781


Mon très cher Père!


Sie erwarten mich mit freude, mein liebster vatter! – das ist auch das einzige was mich zum Entschluß bringen kann, Wienn zu verlassen – ich schreibe das alles nun in der Natürlichen teutschen sprache, weil es die ganze Welt wissen darf und soll, daß es der Erzbischof von Salzburg nur ihnen, Mein Bester vatter zu danken hat, daß er mich nicht gestern aus immer (versteht sich, für seine Persoñ) verloren hat – gestern war grosse accademie bey uns – vermuthlich die lezte; – die [62] accademie ist recht gut ausgefallen, und trotz all den Hindernüssen seiner Erzbischöflichen gnaden habe ich doch ein besseres orchestre gehabt, als Brunetti, das wird ihnen Ceccarelli sagen; – denn wegen diesen arrangement habe so vielle verdruß gehabt – o, das läst sich besser reden als schreiben; doch, wenn, wie ich aber nicht hoffen will, wieder so was vorgehen sollte, – so kann ich sie versichern, daß ich die gedult nicht mehr haben werde, und sie werden mir es gewis verzeihen – und das bitte ich sie, mein liebster vatter, daß sie mir erlauben künftige faste zu Ende Carneval nach Wieñ zu reisen – nur auf sie kömmt es an, nicht auf den Erzbischof – denn will er es nicht erlauben, so gehe ich doch, es ist mein unglück nicht, gewis nicht! – O, könnte er dieß lesen, mir wäre es ganz recht; – aber sie müssen es mir im künftigem briefe versprechen, denn – nur mit dieser bedingnüss gehe ich nach Salzburg; – aber gewis versprechen, damit ich den Damem hier mein Wort geben kann – Stefani wird mir eine teutsche oper zu schreiben geben – Ich erwarte also ihre antwort hierüber. – der gylofsky hat mir bis dato noch kein fürtuch gebracht – wird er mir es bringen, so werde ich nicht ermangeln es sauber platt mitten in dem koffer zwischen die Wäsche zu legen, damit es nicht verbogen und verdorben wird. ich werde auch auf die bänder nicht vergessen –

wann und wie ich abreise, kann ich ihnen noch nicht schreiben – es ist doch trauerig daß man bey diesen Herrn nichts wissen kann – auf einmal wird es heissen, allons weg! – bald sagt man, es ist ein Wagen beym machen, worinnen der Controleur, Ceccarelli und ich nach hause reisen sollen, bald heist es wieder mit der Diligence, bald wieder, man wird Jedem das Diligence geld geben, und da kann Jeder reisen wie er will – welches mir auch in der that das liebste wäre. bald in 8 tägen, bald in 14, bald in 3 wochen, dann – wieder noch eher – gott! – man weis nicht wie man darann ist, man kann sich in nichts helfen; – künftigen Postage hoffe es ihnen doch so – à peu prés schreiben zu können –

Nun muß ich schliessen, denn ich muß zur gräfin schönborn – gestern haben mich die Damen nach deraccademie eine ganze stunde [63] beim clavier gehabt – ich glaube ich sässe noch dort, wenn ich mich nicht davon gestohlen hätte – ich dachte, ich hätte doch genug um sonst gespiellt –

Adieu – ich küsse ihn: 1000mal die hände, und meine schwester umarme ich von herzen, und bin Ewig dero gehos: Sohn

W: A: Mozart


P:S: an alle gute freunde und

freund: meine Empfehlung – den

Jungen Marchand1 umarme

ich vom herzen. –

meine schwester laß ich bitten, mir die gefälligkeit zu erweisen, daß, wenn sie ohnehin der Madelle Hepp schreibt, ihr 1000 Complimenten zu entrichten, und die ursache daß ich ihr so lange nicht geschrieben, seye, weil ich ihr schreiben müste, daß sie mir nicht antworten sollte, bis sie nicht ein anders schreiben von mir erhielte – und auf diese weise – da ich ihr in den zweyten auch nichts anders schreiben könnte, würde ich nimmer (da ich mich in einer solchen ungewisheit befinde) nimmer mehr einen brief von ihr in Wienn erhalten – und das wäre mir unausstehlich – so aber – habe ich doch kein recht einen zu erwarten. – bevor ich abreise werde ich ihr schreiben. Adieu.

Fußnoten

1 Ein Schüler Leopold Mozarts.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 62-64.
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