Mozart bei der Arbeit

[199] Bericht von Joseph Lange, dem Schwager Mozarts, in seiner Selbstbiographie; Wien 1808 Nie war Mozart weniger in seinen Gesprächen und Handlungen als ein großer Mann zu erkennen, als wenn er gerade mit einem wichtigen Werke beschäftiget war. Dann sprach er nicht nur verwirrt durch einander, sondern machte mitunter Späße einer Art, die man an ihm nicht gewohnt war, ja er vernachlässigte sich sogar absichtlich in seinem Betragen. Dabey schien er doch über nichts zu brüten und zu denken. Entweder verbarg er vorsetzlich aus nicht zu enthüllenden Ursachen seine innere Anstrengung unter äußerer Frivolität, oder er gefiel sich darin, die göttlichen Ideen seiner Musik mit den Einfällen platter [199] Alltäglichkeit in scharfen Contrast zu bringen und durch eine Art von Selbstironie sich zu ergetzen. Ich begreife, daß ein so erhabener Künstler aus tiefer Verehrung für die Kunst seine Individualität gleichsam zum Spotte herabziehen und vernachlässigen könne.
Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 199-200.
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