Der erste Bericht von der Reise

[65] Aus einem Briefe Wolfgangs;

Wasserburg, am 23. September 1777


Mon trés cher Pére!


Wir sind, Gott Lob und Dank, glücklich zu Wagin, Stain, Ferbertshaim und Wasserburg angekommen; nun eine kleine Reisebeschreibung: gleich, als wir zum Tor kamen, mußten wir fast eine viertel Stunde warten, bis uns das Tor ganz aufgemacht wurde; denn man war im Arbeiten. Zu Schinn endlich sahen wir einen Wagen, der still stunde und Ecce – – unser Postillon rief also gleich – – Da müssen wir wechseln[65] – – meinetwegen, sprach ich. Dies Postwechseln war mir sehr ungelegen, denn ich hätte dem Postillon gern von Wagin aus einen Brief mitgegeben. Nun hatten wir die Ehre (nachdem wir zu Wagin ein wenig gegessen hatten), von den nämlichen Pferden fortgezogen zu werden, mit welchen wir schon anderthalb Stund bis Stain gefahren sind. Zu Wagin war ich allein auf einen Augenblick bey dem Herrn Pfarrer. Er machte große Augen; er wußte von unsrer ganzen Histori nichts. Von Stain fuhren wir mit einem Postillon, der ein erschröcklicher phlegmaticus war. NB: im Fahren. Wir glaubten nicht mehr auf die Post zu kom men. Endlich kamen wir doch an. Von Ferbertshaim bis Wasserburg ging alles ganz gut. Viviamo come i Principi. Uns gehet nichts ab als der Papa, je nu, Gott wills so haben. Es wird noch alles gut gehen. Ich hoffe der Papa wird wohl auf seyn und so vergnügt wie ich, ich gebe mich ganz gut drein. Ich bin der anderte Papa. Ich geb auf alles acht. Ich habe mir auch gleich ausgebeten, die Postillone auszuzahlen, denn ich kann doch mit die Kerls besser sprechen als die Mama. Zu Wasserburg beym Stern ist man unvergleichlich bedienet. Ich sitze da wie ein Prinz. Vor einer halben Stund klopfte der Hausknecht an und fragte sich um allerley Sachen an und ich antwortete ihm mit aller meiner Ernsthaftigkeit, wie ich in Porträt bin; ich muß schließen, meine Mama ist schon völlig ausgezogen. Wir bitten alle zwey, der Papa möchte Achtung geben auf seine Gesundheit, nicht zu früh ausgehen, sich nicht selbst Verdruß machen, brav lachen und lustig seyn und allzeit mit Freuden, wie wir, gedenken, daß der Mufti H.C. ein Schwanz24, Gott aber mitleidig, barmherzig und liebreich seye. Ich küsse dem Papa 1000mal die Hände und umarme meine Schwester Canaglie so oft, als ich heut schon – – – Tobak genommen habe. [66] Ich glaube, ich habe zu Haus meine Dekreter vergessen? – – Ich bitte, mir selbe in Bälde zu schicken.


P.S. Die Feder ist grob und ich

bin nicht höflich.

gehorsamster Sohn

Wolfgang Amadé Mozart


Wasserburg, den 23. Sept.

1777. undecima hora nocte tempore

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 65-67.
Lizenz:
Kategorien: