Ankunft in Wien

[10] Aus Leopold Mozarts Brief an Lorenz Hagenauer6;

Wien, am 16. Oktober 1762


... Nun sind wir schon 3 Täge hier und wissen noch nicht, wo die Sonne in Wien aufgeht: denn bis diese Stunde hat es nichts als geregnet und unter einem beständigen Wind zuzeiten ein wenig geschnien, daß wir sogar ein bischen Schnee auf den Dächern sahen. Dabey war es auch und ist wirklich noch, wo nicht rechtschaffen kalt, doch rechtschaffen frostig. Eins muß ich in Sonderheit anmerken, daß wir bey der Schanzlmaut gänzlich dispensirt worden. Daran war auch unser Herr Woferl schuld: denn er machte also gleich seine Vertraulichkeit mit dem Herrn Mautner, zeigte ihm das Clavier, machte seine Einladung, spielte ihm auf dem Geigerl ein Menuett und hiemit waren wir expedirt. Der Mautner bat sich mit der größten Höflichkeit die Erlaubnis aus, uns besuchen zu dürfen, und notierte sich zu diesem Ende unser Quartier ...

... Nun sind wir schon aller Orten im Ruf und als ich alleine den 10ten in der Opera war, hörte ich den Erzherzog Leopold aus seiner Loge in eine andere hinüber eine Menge Sachen erzählen, daß ein Knab in Wien seye und so trefflich das Clavier spielte etc., selbigen Abend noch um 11 Uhr erhielt ich Befehl, den 12ten nach Schönbrunn zu kommen. Den andern Tag aber erhielt ich neuen Befehl, den 13ten dahin zu gehen, weil am 12ten das Fest Maximiliani, folglich ein unruhiger Galatag war, dann, wie ich höre, will man die Kinder gelegentlich hören. Hauptsächlich erstaunet alles ob dem Buben und ich habe noch niemand gehört, der nicht sagt, daß es unbegreiflich seye ...

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 10-11.
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