Wachsende Not

[219] Aus Mozarts Briefen an den Freund und Logenbruder Michael Puchberg; Wien, am 17. Juni, anfangs Juli 1788 Verehrungswürdiger O: B: Liebster, bester Freund! – Die Überzeugung, daß Sie mein wahrer Freund sind und daß Sie mich als einen ehrlichen Mann kennen, ermuntert mich, Ihnen mein Herz ganz aufzudecken und folgende Bitte an Sie zu tun. – Ich will ohne alle Ziererey nach meiner angebornen Aufrichtigkeit zur Sache selbst schreiten. – Wenn Sie die Liebe und Freundschaft für mich haben wollten, mich auf 1 oder 2 Jahre mit 1 oder 2 tausend Gulden gegen gebührenden Interessen zu unterstützen, so würden Sie mir auf Acker und Pflug helfen![219] – Sie werden gewiß selbst sicher und wahr finden, daß es übel, ja ohnmöglich zu leben sey, wenn man von Einnahme zu Einnahme warten muß! – – wenn man nicht einen gewissen, wenigstens den nötigen Vorrat hat, so ist es nicht möglich in Ordnung zu kommen. – Mit nichts macht man nichts. Wenn Sie mir diese Freundschaft tun, so kann ich 1mo (da ich versehen bin) die nötigen Ausgaben zur gehörigen Zeit, folglich leichter entrichten, wo ich itzt die Bezahlungen verschieben und dann eben zur unbequemsten Zeit meine ganze Einnahme oft auf einmal hinausgeben muß. – 2do kann ich mit sorglosern Gemüt und freyern Herzen arbeiten, folglich mehr verdienen. Wegen Sicherheit glaube ich nicht, daß Sie einigen Zweifel haben werden! – Sie wissen so ungefähr, wie ich stehe – und kennen meine Denkungsart!...
* Meine Sachen habe ich mit Mühe und Sorge soweit gebracht, daß es mir darauf ankömmt, mir auf diese 2 Versatzzettel etwas Geld vorzustrecken. Ich bitte Sie bey unserer Freundschaft um diese Gefälligkeit, aber es müßte augenblicklich geschehen. – Verzeihen Sie meine Zudringlichkeit, aber Sie kennen meine Lage. – Ach! hätten Sie doch das getan, um was ich Sie bat! – Tuen Sie es noch – so ging alles nach Wunsch.
Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 219-220.
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