Viertes Kapitel

Rückblick auf die Jahre 1807–9.

Beethovens Charakter. Reichardts »Vertraute Briefe«. J. L. Stoll. Beethovens Religiosität.

Die Gemüter der Menschen sind so verschieden geartet, daß zwei ehrliche Forscher nach der Wahrheit häufig über dieselben Tatsachen und Zeugnisse sich Ansichten bilden können und wirklich bilden, welche einander gerade entgegengesetzt sind. Für beide sind ihre betreffenden Anschauungen so klar und befriedigend, daß keiner von ihnen sich vorzustellen vermag, durch welchen geistigen Prozeß der andere zu seinen Schlußfolgerungen gelangt sei. Häufig läßt sich die Entstehung dieser Verschiedenheit auf folgende Ursache zurückführen: Der eine ist so eingenommen durch einige wenige überraschende und in die Augen fallende Punkte, daß er gegen die Gewalt entgegengesetzter Tatsachen und Zeugnisse in einem gewissen Grade blind wird; unbewußt ignoriert oder ändert und verdreht er sie, damit sie sich seiner Annahme fügen. Der andere gründet seine Ansicht auf eine sorgfältige Erwägung aller erreichbaren Tatsachen und nimmt keine Hypothese an, welche nicht eine genügende Erklärung der am meisten einander widersprechenden Punkte zuläßt. Die erstere Methode gibt jedenfalls der Einbildungskraft ein bei weitem größeres Feld sich zu entfalten, und man nimmt mitunter gerade aus diesem Grunde häufig an, daß sie einen eindringenderen Scharfsinn und eine tiefere Einsicht beweise. Ob man aber diese mit Recht als tiefsinnig preisen und die andere als oberflächlich schelten soll, darf bezweifelt werden.

Eine weitverbreitete Vorstellung von Beethovens Charakter, nach welcher eine Anlage zu Trübsinn und Melancholie den Grundzug desselben gebildet hätte, beruht auf der ersten jener beiden Untersuchungsmethoden; der Verfasser sieht in derselben einen großen Irrtum. Die Frage ist nicht, was er in seinen späteren Jahren wurde – tempora mutantur et nos mutamur in illis –, sondern welches die regelmäßige Beschaffenheit seines Gemütes in dieser Hinsicht gewesen sei. Übertriebene Erzählungen von seiner Niedergeschlagenheit und seinem [179] Unglücke während des letzten Drittels seines Lebens kamen gerade vor dem Schlusse desselben in Umlauf und bewirkten, daß das Publikum den melancholischen Briefen und Schriftstücken seiner früheren Jahre, welche von Zeit zu Zeit ans Licht gebracht und veröffentlicht wurden, eine ungebührliche Wichtigkeit beilegte. Der Leser wird bei näherer Prüfung überrascht sein zu finden, wie gering die Zahl derselben ist, in wie großen Zwischenräumen sie geschrieben sind, und wie leicht es ist, den Ton derselben zu erklären.

Beethovens Kindheit war eine in hohem Grade trübe gewesen – wenn auch nicht ganz so freudelos, wie es früher dargestellt worden ist1; und so schmeichelhaft es auch für ihn war, schon im Alter von 12 Jahren den Platz eines Mannes im Theater und in der Kapelle auszufüllen, so konnte seine Knabenzeit doch nicht eine glückliche genannt werden. Die hellsten Tage in seinem Leben bis zur Mitte seines siebzehnten Jahres waren unzweifelhaft jene, welche er 1787 in Wien zubrachte – und gerade dies ist die Zeit der frühesten jener schriftlichen Äußerungen aus seiner eigenen Feder, auf welche die verbreitete Annahme über seinen Charakter sich gründet. Nun hat aber der Brief an Dr. Schaden (Bd. I. S. 167, 2. Aufl. S. 200), welcher geschrieben war, um die Nichtzahlung einer Schuld zu erklären und zu entschuldigen, seinen Ton nicht durch irgendwelche Anlage zu Trübsinn oder Melancholie erhalten, sondern durch die mannigfachen Verlegenheiten, welche ihn gerade damals bedrängten; durch die bittere Enttäuschung, so plötzlich von Wien zurückgerufen zu werden; durch den Tod seiner Mutter, die hoffnungslose Armut seiner Familie, und infolge davon den Stachel verwundeten Stolzes und verletzter Selbstachtung; endlich durch die vollständige Hoffnungslosigkeit, mit der Zeit irgendeine Änderung zum Besseren zu erfahren – eine Änderung, wie sie ihm trotzdem der Verlauf eines einzigen Jahres bringen sollte2.

[180] Jemand, der es wissen konnte, beschrieb, als er von der größten Klavierspielerin unserer Zeit sprach, die unbeugsame Strenge der väterlichen Zucht, unter welcher sie sich entwickelt hatte, und fügte die trüben Worte hinzu: »Sie hatte keine Kindheit!« In gewissem Grade galt dies auch von Beethoven. Welch ein Kontrast zwischen diesen Vätern und Leopold Mozart, dessen große, aber weise Liebe zu Sohn und Tochter die Kindheit derselben, wenngleich im höchsten Grade arbeitsvoll, doch zugleich heiter und freudenreich gestaltete.

Offenbar hatte Beethovens Charakter sich nicht regelmäßig entfalten können, ehe er von seinem Vater in einem gewissen Grade unabhängig geworden war. Dennoch waren gewisse Eigenheiten, die aus seiner Knabenzeit über ihn erzählt werden, wahrscheinlich weniger das Resultat einer angeborenen Richtung seines Charakters, als vielmehr die Folge dieser in ungünstigen Umständen begründeten Hindernisse und Beschränkungen. Bald nach dem Briefe an Dr. Schaden trat der Wendepunkt in dem Geschicke seines Knabenalters ein. Wenn die Axt die Riesen des Waldes niederlegt, werden die kleinen Bäumchen, deren Wachstum durch die Mutterstämme gehemmt und geschwächt war, der Sonne, den Lüften, dem ernährenden Regen geöffnet; sie beginnen ein neues Leben, entwickeln die in ihnen ruhende Kraft und wachsen zu stattlichen Bäumen heran. So war Beethoven nun vollständig von seinem Vater emanzipiert; seine Talente öffneten ihm einen höheren Gesellschaftskreis von feinerem Tone, seine Liebe zur besten Literatur wurde erhöht, vielleicht erst begründet; und es verging nicht lange Zeit, da machte ihn die wachsende moralische Schwäche seines Vaters förmlich und vollständig zum Haupte seiner Familie. Die edleren Eigenschaften seines Verstandes und seines Herzens empfingen nunmehr eine Pflege, welche vorher unmöglich gewesen war; sein Charakter konnte endlich seine regelmäßige Entwickelung finden und fand sie. In der ganzen nun folgenden Zeit von 14 Jahren, während welcher der jugendliche Organist von Bonn Schritt vor Schritt sich zum ersten Klavierspieler und zu dem meistversprechenden unter den jungen Komponisten Wiens erhob, sucht man vergebens irgendeine Spur jener angeblichen angebornen Neigung zur Melancholie. Dann folgen wieder die tief ergreifenden Briefe an Wegeler und das Testament von 1802 – düster, traurig, ja verzweifelnd. Diese waren aber sämtlich unter dem ersten Drucke einer Krankheit geschrieben, welche, wie er mit Grund vorausahnte, ihn mit der Zeit für die Geselligkeit im allgemeinen unfähig machen und ihn von jedem Gebiete musikalischer Tätigkeit und [181] künstlerischen Ehrgeizes, die Komposition ausgenommen, ausschließen sollte. Vielleicht darf hier noch an eine andere wohlbekannte Erscheinung im geistigen Leben erinnert werden. Auf die Vollendung irgendeines großen Werkes in Literatur und Kunst, welches einige Zeit hindurch die ganze Aufmerksamkeit beschäftigt, die Gedanken vollständig in Anspruch genommen und die Kräfte angespannt hat, pflegt häufig eine gewisses Erlahmen der geistigen Tätigkeit, und als weitere Folge eine Niederdrückung des Mutes zu folgen. Gerade in eine solche Periode der Reaktion, nämlich unmittelbar nach der Vollendung des ersten seiner größeren Werke, seiner zweiten Symphonie, fällt das Testament von 1802. Das Testament ist allerdings ein Aufschrei des tiefsten Schmerzes. Aber auch dann, wenn der Fieberwahn heftigen physischen Leidens zu solchem Aufschrei führt, beweist dies ja noch nicht eine von Natur schwache oder mangelhafte Beschaffenheit des Körpers; Kranke letzterer Art leiden weniger, aber sie sterben. Hätte Beethovens Gemütsart wirklich jene angenommene trübsinnige und melancholische Richtung gehabt, dann würde Selbstmord, Wahnsinn, oder, indem er zeitweise Erleichterung seiner geistigen Leiden in sinnlichen Genüssen suchte, moralischer Schiffbruch bald seine Laufbahn beendigt haben. »Kraft ist die Moral der Menschen, die sich vor Anderen auszeichnen, und sie ist auch die meinige«, schrieb er an seinen liebsten »Baron Dreckfahrer« (vgl. Bd. II2 S. 115). »Beethoven war eigentlich die personifizirte Kraft«, sagte der bejahrte Dichter Castelli dem Verfasser. Auf den Gedanken an Selbstmord spielt er sowohl in dem Testamente wie in dem Briefe an Wegeler an; bei ihm aber war das »Sein oder Nichtsein« nur eine momentane und vorübergehende Frage; und zwar nicht, weil (wie Hamlet sagt) »das Gewissen uns all' zu Memmen macht«, sondern infolge einer angeborenen männlichen Kraft, »die Pfeil' und Schleudern des schmählichen Geschicks« mit Mut und Tapferkeit zu ertragen, bis Zeit und Ausharren ihn zur Resignation führen sollten. Als im Herbst 1806 die Frage nach dem Besitze der Theater zu ungunsten Brauns entschieden wurde, hatte Beethoven Grund zu der Hoffnung, daß eine Wendung seiner Verhältnisse zum Besseren bevorstehe; denn die Stellung von Lobkowitz, sowohl. die gesellschaftliche als die zu den Theatern, gab dessen Andeutung, daß der Komponist für ein dauerndes Engagement gewonnen werden könnte, beinahe die Kraft eines Versprechens, daß er dasselbe erhalten werde. Blickt man jedoch auf Beethovens Abneigung gegen jede Einschränkung seiner persönlichen Freiheit, so wird man schwerlich geneigt sein zu glauben, daß die schließliche [182] Nichtannahme seiner Vorschläge ihm irgendwelche ernste und dauernde Enttäuschung verursacht hätte.

Mag dies nun so gewesen sein oder nicht, mag sich immer die Ungewißheit seiner Aussichten für die Zukunft in die Länge gezogen und gelegentlich jene charakteristischen Klagen in seinen Briefen hervorgerufen haben: jedenfalls waren diese drei Jahre 1807–9 ohne Frage die glücklichsten in der zweiten Hälfte seines Lebens. Daß sie eine Periode außergewöhnlicher Tätigkeit und Produktivität repräsentieren, welche eine Erhöhung und Ausbreitung seines Ruhmes bewirkte und ihm einen belebten und angenehmen gesellschaftlichen Verkehr eintrug, weiß der Leser bereits. Es ist jedoch eine Sache von Wichtigkeit für unsere weitere Darstellung, daß der Leser von dem Tone, welcher in dieser Zeit in Beethovens Gedanken und Gefühlen vorherrschte, eine so deutliche und wahrheitsgetreue Vorstellung erhalte, wie sie nur irgend durch die zu Gebote stehenden Mittel gewonnen werden kann.

Schon früher haben wir die Ankunft Reichardts in Wien (24. Nov. 1808) erwähnt und aus seinem Buche: »Vertraute Briefe, geschrieben auf einer Reise nach Wien und den Oesterreichischen Staaten zu Ende des Jahres 1808 und zu Anfang 1809« einzelne wichtige Stellen angeführt. Reichardt gehörte damals zu den großen musikalischen Namen; sowohl als Komponist wie als Schriftsteller über die Kunst stand er in der vordersten Reihe. Sein persönlicher Charakter war unbefleckt, seine geistigen Fähigkeiten bedeutend und auf anderen Gebieten, ebenso wie in der Musik, in hohem Grade ausgebildet; auch war seine Entlassung aus der Stellung eines Königlichen Kapellmeisters bei Friedrich Wilhelm II. nicht aus Gründen geschehen, welche seinen Ruf nach außen hatten gefährden können. So waren ihm alle, selbst die höchsten musikalischen Kreise von Wien geöffnet. Vieles hatte er in den vorausgehenden 12 Jahren erlebt, was ihm durch den Kontrast die Aufmerksamkeiten, die ihm jetzt erwiesen wurden, doppelt erfreulich machte; jede Seite seines Buches ist voll von dieser Genugtuung. Jede Sache stellt er in rosigem Lichte dar; sich selbst aber stellt er dabei immer in den Mittelpunkt. Er »spricht sich aus über alles, was ihm irgend vor- oder auch bey dem Vorkommenden nur in Erinnerung kam, und spricht als Mann von Kopf, von mannigfaltigen Kenntnissen, von viel Welt, spricht mit großer Gewandtheit und noch größerer Lebhaftigkeit; die Unbequemlichkeit des eigenen Denkens mutet er seinen Lesern nirgends zu; die Menge der kleinen Schilderungen, Anecdoten, Bemerkungen über berühmte oder doch [183] vornehme Personen, und vielerley andere Dinge – bringt ebenmäßig die Breite in die Länge, und die, wiewohl seltenen ausführlichen Betrachtungen, namentlich auch über Musik, enthalten soviel treffendes, daß die große lesende Welt über dem allen, und (nochmals sei's erwähnt) über der Lebhaftigkeit, die von einem Orte, von einem Schmauße, Concerte, Schauspiel zum andern, fort, immer fort treibt, die großen Schwächen – z.B. die gänzliche Unbedeutendheit in so vielem, was berichtet wird, die immer hervor sich drängende, allzuliebe Ichheit, die Fehlerhaftigkeit des Styls etc. gern vergeben, oder auch nicht einmal bemerken wird3

Nur eine übermäßige Selbstschätzung, nur eine beinahe grenzenlose Eitelkeit konnte diese »vertrauten Briefe« ohne eine gründlichere Durchsicht und ohne Weglassungen dem Drucke übergeben; doch ist dies für unsere jetzige Generation ein Gewinn. Wir sind Reichardt zu großem Danke verpflichtet für das lebendigste und vollständigste Bild von dem musikalischen Leben Wiens in jener Periode, welches wir besitzen, und insbesondere für seine Mitteilungen über Beethoven, deren Zeitpunkt (Winter 1808–9) ihren Wert verdoppelt. Auf diese müssen sich unsere Auszüge natürlich beschränken. Der Eindruck, von welchem Reichardt in dem ersten derselben spricht, daß es ihm nämlich große Schwierigkeiten bereitet habe, Beethoven »endlich« gefunden zu haben, ist freilich ein seltsamer und völlig unrichtiger; diese Schwierigkeit bestand lediglich darin, daß er in vier oder höchstens fünf Tagen nach seiner Ankunft in Wien zufällig keinem begegnete, der ihm sagen konnte, daß des Meisters neue Wohnung bei der Gräfin Erdödy sei.

Die Daten an der Spitze der Auszüge sind die der Briefe, aus welchen sie genommen sind. Natürlich überspringen wir hier den bereits im vorigen Kapitel (S. 82) mitgeteilten Bericht über die Akademie vom 22. Dezember.


(30. Nov. 1868.) »Auch den braven Beethoven hab' ich endlich ausgefragt und besucht. Man kümmert sich hier so wenig um ihn, daß mir niemand seine Wohnung zu sagen wußte, und es mir wirklich viel Mühe kostete, ihn auszufragen. Endlich fand ich ihn in einer großen, wüsten, einsamen Wohnung. Er sah anfänglich so finster aus, wie seine Wohnung, erheiterte sich aber bald, schien eben sowol Freude zu haben, mich wieder zu sehen, als ich an ihm herzliche Freude hatte; äußerte sich auch über Manches, was mir zu wissen nöthig war, sehr bieder und herzig. Es ist eine kräftige Natur, dem Aeußern nach cyklopenartig, aber doch recht innig, herzig und [184] gut. Er wohnt und lebt viel bei einer Ungarischen Gräfin Erdödy, die den vorderen Theil des großen Hauses bewohnt, hat sich aber von dem Fürsten Lichnowsky, der den obern Theil des Hauses bewohnt, und bei dem er sich einige Jahre ganz aufhielt, gänzlich getrennt. Ich wollte diesen auch besuchen, der auch mir ein alter Bekannter ist, und seine Gemahlin, eine Tochter der vortreffli chen Gräfin von Thun, der ich den größten Theil der Annehmlichkeiten meines ersten Wiener Aufenthaltes verdanke; fand aber beide nicht, erfuhr auch bald, daß die Fürstin sehr eingezogen lebe.«

(5. Dezbr.) »Zu einem andern recht angenehmen Diner ward ich durch ein sehr freundliches herzliches Billet von Beethoven, der mich persönlich verfehlt hatte, zu seiner Hausdame, der Gräfin Erdödy, einer Ungarischen Dame, eingeladen. Fast hätte mir da zu große Rührung die Freude verdorben. Denkt Euch eine sehr hübsche, kleine, seine fünf und zwanzigjährige4 Frau, die im fünfzehnten Jahre verheirathet wurde, gleich vom ersten Wochenbett ein unheilbares Uebel behielt, seit den zehn Jahren nicht zwei, drei Monate außer dem Bette hat sein können, dabei doch drei gesunde liebe Kinder geboren hat, die wie die Kletten an ihr hängen; der allein der Genuß der Musik blieb, die selbst Beethovensche Sachen recht brav spielt, und mit noch immer dick geschwollenen Füßen von einem Fortepiano zum andern hinkt, dabei doch so heiter, so freundlich und gut – das Alles machte mich oft so wehmüthig während des übrigens recht frohen Mahles unter sechs, acht guten musikalischen Seelen. Und nun bringen wir den humoristischen Beethoven noch ans Fortepiano, und er fantasirt uns wohl eine Stunde lang aus der innersten Tiefe seines Kunstgefühls, in den höchsten Höhen und tiefsten Tiefen der himmlischen Kunst, mit Meisterkraft oder Gewandtheit herum, daß mir wohl zehnmal die heißesten Thränen entquollen, und ich zuletzt gar keine Worte finden konnte, ihm mein innigstes Entzücken auszudrücken. Wie ein innig bewegtes glückliches Kind hab' ich an seinem Halse gehangen, und mich wieder wie ein Kind darüber gefreut, daß ihn und alle die enthusiastischen Seelen, auch meine Götheschen Lieder glücklich zu machen schienen.«

(10. Dezbr.) »Einige Tage später hatte mir Beethoven die Freude gemacht, dasselbe angenehme Quartett5 zur Gräfin von Erdödy einzuladen, um mir etwas Neues von seiner Arbeit hören zu lassen. Er spielte selbst ein ganz neues Trio für Fortepiano, Violin und Violoncell von großer Kraft und Originalität, überaus brav und resolut.

Auch trug das Quatuor einige der ältern sehr schweren Beethovschen Quartette sehr gut vor. Herr Schupanzig zeigte eine besondere Geschicklichkeit und Fertigkeit im Vortrag der schweren Beethovschen Compositionen; in denen oft die Violine in den schwersten Klavierfiguren mit dem Fortepiano wetteifert, wie dieses wieder im Gesange mit der Violine.

Die liebe kränkliche und doch so rührend heitre Gräfin, und eine ihrer Freundinen, auch eine Ungarische Dame, hatten solchen innigen, enthusiastischen Genuß an jedem schönen kühnen Zuge, an jeder gelungenen seinen Wendung, daß mir ihr Anblick fast eben so wohl that als Beethovens meisterhafte [185] Arbeit und Execution, Glücklicher Künstler, der solcher Zuhörer gewiß sein kann! – – – –

Einem Liebhaberkonzert, das für den Winter angegangen ist, habe ich hier auch schon beigewohnt, das mich seiner äußern Einrichtung nach aber fast getödtet hat, ungeachtet die Gesellschaft sehr angenehm war. In drei ziemlich kleinen Zimmern, wie ich sie hier fast noch nie gesehen hatte, war eine große Menge Zuhörer aus allen Ständen und eine fast eben so große von Musikern zusammengepfropft, daß mir Lust und Gehör verging. Zum Glück verging mir nicht das Gesicht auch; denn es waren zum Theil sehr hübsche Damen da, von denen einige auch sehr artig sangen. Aber selbst sehr gute Sachen von Beethoven, Romberg, Pär u.a. konnten keine Wirkung thun, da man in dem engen Raum von dem Lerm der Trompeten und Pauken und allen möglichen Blaseinstrumenten ganz betäubt ward. Indeß bekam ich doch etwas sehr Vollkommnes zu hören, das denn auch ganz hieher paßte, und dadurch um so wohlthätiger wirkte. Es war ein Neapolitanischer Guitarrenspieler6, der so vollkommen spielte, daß er mir oft die schöne alte Zeit des echten Lautenspiels zurückrief; ich habe nie etwas so Vollkommnes auf einem so unvollkommnen Instrument gehört. Dann sangen noch zwei Italiener mit ihm, mit angenehmer Tenor- und Baßstimme, eine kleine französische Romanze: La Sentinelle, die vor dem Feinde in heller Nacht auf dem Posten steht und seine Wünsche und Betheurungen den Winden an sein Mädchen giebt, daß er für sie nur wache, lebe, fechte, sterbe. Eine allerliebste, marschmäßige Melodie hatte der seine Italiener, der auch ein sehr schöner junger Mann, ein wahrer Antinous war, sehr artig für die Guitarre eingerichtet und mit lebhaften Zwischenspielen bereichert. Das paßte gang fürs Zimmer und für die Gesellschaft, die auch davon entzückt war; es aber nicht zu fühlen schien, daß der ganze angenehme Eindruck durch Beethovens übermächtige gigantische Ouverture zu Collin's Coriolan, wieder zerstört wurde. Gehirn und Herz wurden mir von den Kraftschlägen und Rissen in den engen Zimmern fast zersprengt, die sich Jeder bemühte so recht aus Leibeskräften zu verstärken, da der Componist selbst gegenwärtig war. Es freut mich sehr, den braven Bethoven selbst da und sehr fetirt da zu sehen, um so mehr, da er die unselige hypochondrische Grille im Kopf und Herzen hat, daß ihn hier Alles verfolge und verachte. Sein äußeres störrisches Wesen mag freilich manchen gutmüthigen lustigen Wiener zurückscheuchen, und Viele unter denen, die sein großes Talent und Verdienst auch anerkennen, mögen wol nicht Humanität und Delikatesse genug anwenden, um dem zarten, reizbaren und mißtrauischen Künstler die Mittel zur Annehmlichkeit des Lebens so anzubringen, daß er sie gerne empfänge und auch seine Künstlerbefriedigung darin fände. Es jammert mich oft recht herzinnig, wenn ich den grundbraven, trefflichen Mann finster und leidend erblicke, wiewol ich auch wieder überzeugt bin, daß seine besten originellsten Werke nur in solcher eigensinnigen, tief mißmuthigen Stimmung hervorgebracht werden konnten. Menschen, die sich seiner Werke zu erfreuen im Stande sind, sollten dieses nie aus den Augen lassen und sich an keine seiner äußern Sonderbarkeiten und rauhen Ecken stoßen. Dann erst wären sie seine echten wahren Verehrer.«


[186] Es ist zu beachten, daß diese Bemerkungen über Beethovens grillenhaftes und störrisches Wesen vom 10. Dezember datiert sind. Gerade damals stand Beethoven unter dem ersten Eindrucke der Notwendigkeit, die Frage in ernstliche Erwägung zu ziehen, ob er alle die Bande, welche ihn seit 16 Jahren an Wien fesselten, zerreißen und in eine kleine und entfernte Provinzialstadt übersiedeln solle, um dort eine Anstellung zu erhalten, deren Dauer im besten Falle von dem ununterbrochenen Emporsteigen der verhaßten Bonapartes abhing.


(16. Dezember.) »Am Donnerstag [den 15.] habe ich das schöne Quartett wieder gehört. Es wurden drei Quartetts, eins von Haydn, dann eins von Mozart, und zuletzt eins von Bethoven gespielt; dies letzte ganz besonders gut. Es war mir sehr interessant, in dieser Folge zu beobachten, wie die drei echten Humoristen das Genre, so jeder nach seiner individuellen Natur, weiter ausgebildet haben. Haydn erschuf es aus der reinen hellen Quelle seiner lieblichen originellen Natur. An Naivetät und heiterer Laune bleibt er daher auch immer der Einzige. Mozarts kräftigere Natur und reichere Phantasie griff weiter um sich, und sprach in manchem Satz das Höchste und Tiefste seines innern Wesens; er war auch selbst mehr exekutirender Virtuose, und muthete daher den Spielern weit mehr zu; setzte auch mehr Werth in künstlich durchgeführte Arbeit, und baute so auf Haydns lieblich phantastisches Gartenhaus seinen Pallast. Bethoven hatte sich früh schon in diesen Pallast eingewohnt, und so blieb ihm nun, um seine eigene Natur auch in eignen Formen auszudrücken, der kühne trotzige Thurmbau, auf dem so leicht keiner weiter etwas setzen soll, ohne den Hals zu brechen. Mehrmalen ist mir dabei Michel Angelo's stolzer kecker Gedanke eingefallen, das herrliche Pantheon als Kuppel auf seine Peterskir che zu setzen. – –

Auch ein Morgenkonzert haben wir wieder gehabt im kleinen Redoutensaale. Eine Madame Bigot, deren Mann, ein braver gebildeter Berliner, Bibliothekar bei dem Grafen von Rasomovsky ist, gab das Konzert, und spielte mit großer Virtuosität das Fortepiano. Fürs große Publikum war die Wahl der Stücke zwar nicht gut getroffen; denn sie hatte eins der schwersten Konzerte, und die allerschwersten bizarrsten Variationen von Bethoven über ein sonderbares Thema von Acht Takten7 gewählt. Dem Kenner zeigte sie aber desto sicherer eine recht fest gegründete Virtuosität. Ihr Vortrag war überall, auch bei den größten Schwierigkeiten, vollkommen deutlich und rein, und besonders zeigte sie eine seltene große Fertigkeit und Sicherheit in der linken Hand. Das ganze Konzert bestand fast aus lauter Musik von Bethoven, der ihr Heiliger zu sein scheint. Zum Anfange ward eine sehr glänzende Symphonie von Bethoven recht brav und kräftig gespielt, und zum Schlusse seine herkulische Ouverture zum Coriolan, die sich hier im großen Saale besser ausnahm, als letzt im engen Zimmer. Mir kam dabei die Bemerkung, daß Bethoven sich selbst noch besser darin dargestellt, als seinen Helden. Die schöne Böhmin8 sang doch auch [187] wieder eine Arie mit ihrer schönen hellen Stimme, und ein Duett mit Hrn. Radichi, worin dieser ganz besonders vortheilhaft und angenehm erschien.«

(25. Dezember.) »Bei einer kleinen nach dem Diner veranstalteten Nachmittagsmusik habe ich bei dem Fürsten Lobkowitz – bei dem fast jede Stunde des Tages ihre musikalische Anwendung hat – einen sehr braven jungen Künstler, Herrn Rieß, kennen gelernt. Er ist ein Schüler, und wie man sagt, der beste Schüler von Bethoven, und spielt sehr brav und auch sehr zart das Fortepiano. Auch zur Komposition hat er ein entschiedenes Talent: er ließ uns einige seiner Trios für Fortepiano und Violin hören, die von Erfindung und Fleiß zeugen. Auch in dem letzten Quartett bei Schupanzig hört' ich ein schönes ideenreiches Quintett von seiner Arbeit. Er scheint auch ein angenehmer gebildeter Mann zu sein, dem ein zweijähriger Aufenthalt in Paris in jeder Rücksicht wohlgethan haben mag.«

(31. Dezember.) »Einen zwiefachen musikalischen Abend habe ich wieder gehabt. Erst ein Quartett bei der Gräfin Erdödy. Bethoven spielte ganz meisterhaft, ganz begeistert, neue Trios, die er kürzlich gemacht, worin ein so himmlischer kantabler Satz (im Dreivierteltakt und in Asdur) vorkam, wie ich von ihm noch nie gehört, und der das Lieblichste, Graziöseste ist, das ich je gehört; er hebt und schmilzt mir die Seele, so oft ich daran denke. Er wird die Trios nächstens in Leipzig stechen lassen.«

(15. Januar 1809.) »Dem Nachmittage folgte auch noch ein recht großmusikalischer Abend bei der Gräfin Erdödy, wo Bethoven wieder neue herrliche Sachen spielte und wundervoll phantasirte, und die Damen auch meinen Göthe und Petrarca hören wollten. Diese petrarchischen Canzonetten und Sonetten finden hier mehr als irgendwo das rechte Gehör, und ich habe sie seit ihrer Entstehung nicht so oft gesungen, als ich sie hier schon singen mußte. Doch erfüllt es mich jederzeit mit tiefer Wehmuth, wenn ich an die edle hohe Seele dabei gedenke, die mich zuerst dazu begeisterte.«

(6. März.) »Freitag [3. März] Abend hatten wir dann eine große vollständige Konzertaufführung meiner Bradamante9 im Konzertsaal des Fürsten, der auch die Erzherzöge, der größte Adel und die feinsten Kenner und Dilettanten Wiens aus allen Ständen, sammt allen hiesigen Kapellmeistern, beiwohnten. Ich hatte das Vergnügen da Salieri, Bethoven, Weigl, Clementi10, Kozeluch, Girowez, Umlauf, Ries und fast Alles, was sonst noch von Kapellmeistern und Komponisten hier ist und sich eben hier aufhält, zu Zuhörern zu haben. Theilnehmende Freunde haben beobachtet, daß dieser wichtige Areopag nicht nur dem Komponisten seinen ausgezeichneten Beifall bewiesen haben, sondern die ganze Gesellschaft schien mit dem Werke, wie der Dichter, sehr zufrieden zu sein, und äußerte ihren enthusiastischen Beifall bei jeder effektthuenden, oder ihnen gefälligen Stelle auf eine sehr erfreuliche Weise.«

(27. März.) »Daß Bethoven den Ruf des Westfälischen Hofes nicht angenommen, und daß ihm hier der Erzherzog Rudoph, Fürst Lobkowitz [188] und Fürst Kinsky, eine jährliche Pension von viertausend Gulden auf die edelste schmeichelhafteste Weise angetragen und zugesichert haben, bloß um ihn hier zu behalten, habe ich Dir wol noch nicht gemeldet. Sobald der Erzherzog in den Besitz seines Bisthums tritt, wird er den großen Künstler ganz als Kapellmeister an sich attachiren. Man hat nun den braven jungen Künstler Ries, Bethovens Schüler, an dessen Statt nach Cassel vorgeschlagen und empfohlen.«11


»Sieben und dreißigster Brief« (ohne Datum).


»Freilich hab' ich in Gesellschaften und großen Zirkeln lange nicht so häufig Gelehrte und Künstler gefunden, als in Berlin. Die eigentlichen, bei der Universität und andern großen Anstalten angestellten Gelehrten, scheinen hier mehr ihren Geschäften und ihrem eigenen Kreise zu leben. Sie selbst und die ihnen anvertrauten Anstalten, werden sich vermuthlich sehr wohl dabei befinden. Selbst Männer, wie Bickenstock, Hormeier, Fetzer, Stoll u.a. m. hab' ich mir aufsuchen müssen. Aber ich habe doch auch Frank, Sonnenfels, Collin, Schlegel, Hammer, Füger, Bethoven u.a. m. in Gesellschaften angetroffen. Jene Männer sind auch durch ihre bürgerlichen Aemter sehr beschäftigt, und waren es in jetziger unruhiger Zeit wol noch mehr, als gewöhnlich.«


Über einen der hier genannten Männer müssen wir noch einige Worte beifügen.

Joseph Ludwig Stoll, welchen Reichardt zu den ersten literarischen Persönlichkeiten des damaligen Wien rechnet, hatte das Mißgeschick gehabt, seinen Vater, den berühmten Arzt, zu einer Zeit zu verlieren, als er noch zu jung war, um von dem großen Vermögen, welches er ererbt hatte, einen weisen Gebrauch zu machen. Freilich war das, was während einiger Reisejahre, während längeren Aufenthalts in Jena und an anderen norddeutschen Bildungsstätten und im gesellschaftlichen Verkehr mit Männern wie Schiller notwendigerweise verbraucht worden war, zum Zwecke geistiger Ausbildung weise und ehrenvoll verwendet worden. Er ging jedoch über diese Grenze hinaus; er vergeudete sein Vermögen und kehrte im Jahre 1807 als »ein hübscher schlanker Mann, blond und blaß« ohne alle Mittel nach Wien zurück. Da er kein bestimmtes Fach studiert hatte, suchte er sich die Mittel zu seiner Existenz durch Ausübung seines poetischen und kritischen Talents zu verschaffen; durch die Direktoren der Theater erhielt er eine Anstellung und verband sich unter ihren Auspizien mit Seckendorf zur Herausgabe des »Prometheus, eine Zeitschrift, der höheren Bildung des Menschen gewidmet (2 Bände, Wien 180812)«.

[189] In jenen Jahren konnte in Wien niemand von seiner Feder leben; wir kennen wenigstens keine Ausnahme von der Regel, daß die namhaften österreichischen Schriftsteller entweder Männer von Vermögen waren oder in Staats- oder Privatdiensten eine Stellung einnahmen, die ihnen ein festes Einkommen sicherte. Das Talent Stolls, wenngleich er ein »Dichter voll Beruf« genannt wird, war doch nicht derart, um ihn zu befähigen, immer und bei allen Gelegenheiten auf Bestellung Gedichte und Werke für die Bühne zu liefern; und als unter dem Drucke der Zeit der Prometheus eingehen mußte, war der arme Stoll, um seine Lebensbedürfnisse zu befriedigen, auf die Güte seiner Freunde angewiesen. Da sich sein Ehrgefühl hiergegen empörte, beschloß er, sich um eine Professur in dem neuen Königreiche Westfalen zu bemühen, an einem jener Lehrinstitute, die er in glücklicheren Tagen besucht hatte. Dieser Mann von »kindlichheiterm Charakter«, der wohlbekannte Verfasser von »gar lieben und lustigen Sachen voll Witz und froher Laune«, fand an Beethoven einen warmen Freund und Bewunderer, und so geschah es, daß


(An Hammer-Purgstall.)


»Verzeihen Sie, mein werther H. indem ich Ihnen noch nicht den Brief nach Paris gebracht: eben jetzt überhäuft mit so mancherlei, konnte ich das Schreiben dahin nur von einem Tage auf den andern aufschrieben. Morgen unterdessen erhalten Sie den Brief, wenn es mir auch nicht möglich sein sollte, Sie selbst, was ich mir so sehr wünschte, besuchen zu können.

Noch eine andere Gelegenheit möchte ich Ihnen ans Herz legen, vielleicht wäre es möglich, daß Sie für einen armen unglücklichen, nämlich für den Hrn. Stoll, Sohn des berühmten Arztes, wirken könnten. Es ist wohl bei manchem anderen Menschen die Rede, wie einer unglücklich geworden durch eigne oder fremde Schuld, das wird jedoch nicht der Fall bei Ihnen und bei mir sein; genug, der Stoll ist unglücklich, sieht sein einziges Heil in einer Reise nach Paris, weil er voriges Jahr wichtige Bekanntschaften gemacht hat, die ihn dazu führen werden, von dort aus eine Professur in Westphalen zu erhalten: Stoll hat deswegen mit einem Hrn. v. Neumann der bei der Staatskanzlei ist, gesprochen, um mit einem Courier nach Paris fortzukommen, aber der Courier wollte ihn nicht anders, als für eine Summe von 25 Louisd'or mitnehmen. Nun frage ich Sie, mein Lieber, ob Sie nicht mit diesem Hrn. v. Neumann reden wollten, daß dieser es möglich mache, daß ein solcher Courier den Stoll unentgeltlich oder doch nur für eine ganz geringe Summe mitnehme. Indem ich Sie von dieser Sache unterrichte, bin ich überzeugt, daß Sie gern, wenn Sie sonst nichts hindert, sich für den armen Stoll verwenden werden.

Ich gehe heute wieder aufs Land, doch hoffe ich, bald so glücklich zu sein, einmal eine Stunde in Ihrer Gesellschaft zubringen zu können. Bis [190] dahin empfehle ich mich Ihnen und wünsche, daß Sie sich überzeugt halten von der Achtung


Ihres ergebensten Dieners

Ludwig van Beethoven.«


In diesem Falle kam nun der Berg zu Mahomet; Napoleon kam nach Wien, und unter dem Eindrucke, daß das Gesuch um ein Gnadengehalt zu Ehren des Vaters Stoll erfolge, gewährte er dem Sohne jährlich 500 Franken, welche dieser, soviel wir wissen, bis zu seinem 1815 erfolgenden Tode bezog13.

Den armen Seckendorf aber hatten die Franzosen am 3. Mai 1809 an der Traunbrücke bei Ebersberg getötet.

Vor uns liegt ein dicker Band »aus der Bibliothek des Dichters Friedr. Kind«, betitelt: »Prometheus. Eine Sammlung deutscher Original-Aufsätze berühmter Gelehrter. Herausgegeben von Joseph Ludwig Stoll. Wien und Triest, 1810. Bei Geistinger.« Ob dies eine neue Ausgabe oder eine Fortsetzung des früheren »Prometheus« war, können wir nach den uns zu Gebote stehenden Mitteln nicht entscheiden. Er besteht aus 5 Nummern, die erste beginnt mit »Pandora's Wiederkunft, ein Festspiel von Goethe«; die dritte enthält: »Sehnsucht von Goethe, componirt von L. v. Beethoven«, welches unmittelbar auf das Gedicht Collins auf das Fest zu Ehren Haydns14 folgt.

Schließlich noch ein Wort über die Kompositionen dieser Jahre.

Die Meinung, daß wir in den Schönheiten der Oper »Leonore« vorzugsweise den Nachklang einer alten unglücklichen Neigung zu Eleonore von Breuning oder einer noch unglücklicheren jüngeren Leidenschaft für Julia Guicciardi zu erkennen haben, ist an ihrer Stelle als einer ernstlichen Widerlegung unwert bezeichnet worden. Aber wir haben nirgendwo in unserer Darstellung behauptet oder auch nur angedeutet, daß der sittliche und geistige Zustand des Menschen in Beethoven nicht seinen natürlichen und gesetzmäßigen Einfluß auf ihn als Komponisten üben mußte. Nun prüfe man das Verzeichnis der Kompositionen am Schlusse der vorhergehenden Kapitel und sage, ob wohl ein anderer als ein starker, gesunder, elastischer Geist dieselben habe hervorbringen können. Um nur die größten einzeln anzuführen, so entstand im Sommer und Herbst 1806 die ruhige und heitere 4. Symphonie, in der Form [191] vielleicht die vollendetste von allen, und das herrliche Violinkonzert; 1807 die Coriolan-Ouvertüre und die C-Dur-Messe; 1808 die C-Moll-Symphonie, die Pastoral-Symphonie, die Chorphantasie und die Trios Op. 70; und 1809 das Es-Dur-Konzert, das Es-Dur-Quartett Op. 74 usw.

Sind das etwa Erzeugnisse eines melancholischen und düsteren Temperaments oder eines verschmähten und schwermütigen Liebhabers, welcher seufzt gleich glühenden und schmelzenden Sonetten auf die Augenbrauen seiner Herrin? –

Hippels Landpfarrer (in den »Lebensläufen«) sagt zu seinem Sohn Alexander: »Ein poetischer Kopf darf nur vieles durchbildern, von allen nimmt er Zoll. In der ganzen Natur schreibt er Schatzung aus. Er befindet sich in den Wissenschaften auf Reisen, wo ihn oft was aufhält, worauf der Eingeborne, das Landeskind, der Philosoph nicht kommt.« Und an einer andern Stelle: »Wenn ein Genie allein auf dem Lande geht, bleibt es nicht lange allein, die Natur geht ihm an die Hand. Sie faßt es an, und es versteht die Blume, wenn sie sich neigt, und den liebevollen Hopfen, der sich hinaufranket. Es bewundert den Regenbogen, das Ordensband, das Gott der Erde als ein Gnadenzeichen umhing. Da sehen dann Genies einen gewissen Zusammenhang zwischen Gott und dem Menschen, und sind Seher, von Gott angehaucht. Dies ist unendlich mehr, als ein Autodidaktos, ein Selbstgelehrter. Dieser lernt aus Büchern, ein Seher lernt von Gott und aus seiner für ihn aufgeschlagenen Welt.«

Aber jener »poetische Kopf«, jenes »Genie« Beethoven war während der 15 Jahre seit Wegelers vergeblichem Versuche, ihn zum Hören von Vorlesungen über Kant zu bewegen, in einem bemerkenswerten Grade ebenfalls ein »Autodidaktos« geworden; er hatte vieles gelesen und studiert, und hatte sich von den verbreitetsten literarischen Erscheinungen der Zeit eine Kenntnis verschafft, welche ihn berechtigte, eine sein Verständnis philosophischer Schriften in Frage stellende Bemerkung G. Chr. Härtels mit Stolz abzuweisen15.

Überraschend ist in dieser Hinsicht das Interesse, welches Beethoven in diesem und den folgenden Jahren an den orientalischen Untersuchungen von Hammer (vgl. S. 64ff.) und seinen Genossen nimmt. Seine Briefe und Auszüge beweisen eine sehr ausgedehnte Kenntnis ihrer Übersetzungen, sowohl der veröffentlichten als der handschriftlichen; und überdies war diese fremde Literatur vielleicht noch anziehender für ihn wegen ihrer religiösen [192] Beziehungen als wegen ihres Charakters als Erzeugnisse der lyrischen und dramatischen Poesie. In diesen, größtenteils allerdings aus Büchern gemachten Auszügen, und in dem Unterstreichen von Lieblingsstellen in denselben offenbart Beethoven ein scharfes Verständnis und einen seinen Geschmack für das Hohe und Erhabene, weit über den Bereich irgend einer gewöhnlichen und ungebildeten Anschauung hinaus. »Das moralische Gesetz in uns und der gestirnte Himmel über uns. Kant!!!« ist eine jener kurzen Notizen von seiner Hand, welche zuweilen den langweiligen und undankbaren Versuch, die Konversationsbücher zu entziffern, erquicken. Folgende Worte, die wir hier nach seiner eigenen Handschrift geben, enthalten vielleicht das Schönste unter diesen Abschriften »aus der indischen Literatur«: »Gott ist immateriell; da er unsichtbar ist, so kann er keine Gestalt haben. Aber aus dem, was wir von seinen Werken gewahr werden, können wir schließen, daß er ewig, allmächtig, allwissend und allgegenwärtig ist. Was frei von aller Lust und Begier, das ist der Mächtige. Er allein – kein größerer ist als er.«

»Brahma: sein Geist ist verschlungen in sich selbst. Er der Mächtige ist in jedem Theile des Raumes gegenwärtig – seine Allwissenheit ist von eigener Eingebung und sein Begriff begreift jeden andern. Von allen viel begreifenden Eigenschaften ist die Allwissenheit die größte – Für sie gibt es keine dreifache Art des Seins – Sie ist von allen unabhängig. – O Gott, du bist das wahre ewig seelige unwandelbare Licht aller Zeiten und Räume. Deine Weisheit erkennt tausend und mehr als tausend Gesetze und doch handelst du allezeit frei und zu deiner Ehre. Du warst vor allem was wir verehren. Dir sei Lob und Anbetung. Du allein bist der wahrhaft Seelige (Bhagavan): du das Wesen aller Gesetze, das Bild aller Weisheit, der ganzen Welt gegenwärtig, trägst du alle Dinge.

Sonne, Aether. Brahma (diese Worte sind durchstrichen).


Hymne16.


Geist der Geister, der, durch jeden Raum

Und durch die endlose Zeit verbreitend

Über alle Schranken des emporkämpfenden Gedankens erhaben

[193] Dem Aufruhr befahlst zur schönen Ordnung zu werden

Ehe Himmel (Welten) waren warst du.

Ehe Sphären unter und über uns rollten,

Ehe die Erde im himmlischen Äther schwamm

Warst du allein, dis durch deine geheime Liebe

Das, was nicht war, zum werden sprang

Und dankvoll Lob dir sang.

Was trieb dich an zu äußern deine Macht,

Güte ohne Gränzen! welch glänzend Licht

Lenkte deine Kraft? Weisheit ohne Maaß!

O! hebe ihn aus dieser schweren Tiefe.«


Den Genuß, welchen Beethoven aus der persischen Literatur schöpfte, wie sie ihm in den Übersetzungen und Abhandlungen von Herder und v. Hammer enthüllt wurde, wird der Leser nunmehr leicht begreifen; nicht minder das Vergnügen, mit welchem er jene Sammlung ausgewählter Nachahmungen persischer Poesie mit ihrer langen Reihe damals [194] noch neuer Schilderungen von Sitten, Gewohnheiten, von Schriften und Schriftstellern aus Persien durchlas, welche einige Jahre später Goethe unter dem Titel »Westöstlicher Divan« (1819) veröffentlichte. Sogar jener lange Aufsatz »Israel in der Wüste«, der offenbar in sehr unpassender Weise in das Werk aufgenommen ist, in welchem der Charakter des Moses in einer so gehässigen Weise behandelt ist, welcher die 40 Wanderjahre der Juden auf weniger wie zwei zurückführt, und den Tod Mosis Josua und Kaleb zur Last legt, »um die seit einigen Jahren ertragene Regentschaft eines beschränkten Mannes zu endigen« – behandelte einen Gegenstand, für welchen Beethoven bereits ein neugieriges Interesse hegte. Das geht aus einer seiner Abschriften hervor, deren Inhalt er, wie Schindler versichert, »für den Inbegriff der höchsten und reinsten Religion hielt«. Diese Abschrift hat folgenden Ursprung. Der hebräische Chronist beschreibt den großen Gesetzgeber seines Volkes als »erfahren in aller Weisheit der Ägypter«. Dies führte Schiller in seinem Aufsatze »Die Sendung Moses« zu einer Erörterung über Natur und Charakter dieser Weisheit, in deren Verlaufe er folgende Bemerkung macht: »Die Epopten erkannten eine einzige höchste Ursache aller Dinge, eine Urkraft der Natur, das Wesen aller Wesen, welches einerlei war mit dem Demiurgos der griechischen Weisen. Nichts ist erhabener als die einfache Größe, mit der sie von dem Weltschöpfer sprachen. Um ihn auf eine recht entscheidende Art auszuzeichnen, gaben sie ihm gar keinen Namen. Ein Name, sagten sie, ist bloß ein Bedürfnis der Unterscheidung: wer allein ist, hat keinen Namen nötig, denn es ist keiner da, mit dem er verwechselt werden könnte. Unter einer alten Bildsäule der Isis las man die Worte: ›Ich bin, was da ist‹, und auf einer Pyramide zu Sais fand man die uralte merkwürdige Inschrift: ›Ich bin alles, was ist, was war, was sein wird; kein sterblicher Mensch hat meinen Schleier aufgehoben‹. Keiner durfte den Tempel des Serapis betreten, der nicht den Namen Jao oder I-ha-ho – ein Name, der mit dem hebräischen Jehovah fast gleichlautend, auch vermutlich von dem nämlichen Inhalt ist – an der Brust oder Stirn trug; und kein Name wurde in Ägypten mit mehr Ehrfurcht ausgesprochen, als dieser Name Jao. In dem Hymnus, den der Hierophant oder Vorsteher des Heiligtums dem Einzuweihenden vorsang, war dies der erste Aufschluß, der über die Natur der Gottheit gegeben wurde: ›Er ist einzig und von ihm selbst, und diesem Einzigen sind alle Dinge ihr Dasein schuldig‹.«

[195] Die hier unterstrichenen Gedanken »hat Beethoven mit eigener Hand, abgeschrieben und sie in einem Rahmen unter Glas stets vor sich auf dem Schreibtische gehabt«17.

Diese orientalischen Studien führten bekanntlich bei manchen Forschern in den verschiedenen christlichen Ländern zu Erörterungen über die Entstehung einzelner christlicher Dogmen und insbesondere der Dreieinigkeitslehre18. Ob jedoch die daraus hervorgegangenen neuen Ansichten von den Gelehrten in Wien angenommen wurden, oder in welcher Ausdehnung dies geschah, kann aus ihren Schriften nicht mit völliger Sicherheit ermittelt werden. Auch wurde durch scharfe Zensur, durch Prozesse und Strafen jede öffentliche Besprechung der von der Staatskirche festgehaltenen Grundsätze und jede offene Abweichung von denselben unterdrückt, mit Ausnahme jener, welche man mit Widerstreben den Anhängern der beiden andern Religionsparteien zu gewähren sich verpflichtet gesehen hatte. Daher sucht man in der Wiener Literatur jener Tage, soweit dieselbe unserer Beobachtung zugänglich gewesen, vergebens irgend einen Wink selbst von der Existenz der neuen religiösen Meinungen und Kontroversen, welche dem Studium der orientalischen Literatur ihre Entstehung verdankten. Allerdings hatte auch bei äußerer Übereinstimmung mit einer der festgesetzten Religionen die Freiheit der Meinung bei den gebildeten Klassen einen weiten Spielraum; aber dies gewährte keinen Anstoß, solange selbst Männer von extremen Ansichten sich den Gebräuchen, die ihnen gelegentlich auferlegt wurden, fügten; und dies taten sie ohne Schwanken, unter dem Vorwande, daß diese Gebräuche und Zeremonien, an sich gleichgültige Dinge, für sie als gute Bürger verbindlich seien. Wenn Beethoven zu dieser Klasse gehört haben sollte, so hatte er den besten Grund, in seinem Verkehr mit sehr jungen Männern wie Schindler die Religion zu erklären für ein »in sich abgeschlossenes Ding, über das man nicht weiter disputieren solle«.

Beethoven stand nunmehr in dem Alter, in welchem Männer von denkendem und unabhängigem Sinne sich über wichtige Gegenstände, welche ihre Aufmerksamkeit erregt haben, feste Ansichten gebildet haben; unter diesen aber nimmt die Religion für alle Menschen den hervorragendsten [196] Platz ein. Wenige ändern ihren Glauben nach dem vierzigsten Jahre, und wir haben keinen Grund zu der Annahme, daß Beethoven dies getan hätte; demnach wird sich keine passendere Stelle finden, als diese, um über einen Gegenstand zu sprechen, auf welchen uns die vorhergehenden Betrachtungen unmittelbar hinleiten, über Beethovens religiöse Ansichten. Ob die Tatsache, daß er früh in den Freimaurerorden eintrat.– er hörte freilich nach dem Verluste seines Gehörs auf, die Loge zu besuchen – mit unsrer Frage im Zusammenhange steht, darüber mögen Eingeweihte urteilen.

Schindler sagt im Anhange zu seiner Biographie (S. 161): »Beethoven war in der katholischen Religion erzogen. Daß er wirklich innerlich religiös war, bezeugt sein ganzer Lebenswandel und sind in dem biographischen Teil nicht wenig Belege dafür angeführt. Daß er niemals über Religionsgegenstände, oder über die Dogmen der verschiedenen christlichen Kirchen gesprochen, um seine Ansichten darüber mitzuteilen, war eine der besonderen Eigenheiten. Mit ziemlicher Gewißheit kann aber gesagt werden, daß seine religiösen Anschauungen weniger auf dem Kirchenglauben beruhten, als vielmehr im Deismus ihre Quelle gefunden haben. Ohne eine gemachte Theorie vor Augen zu haben, erkannte er doch zu offenbar Gott in der Welt, wie auch die Welt in Gott. Die Theorie hierzu bildete sich für ihn in der gesamten Natur und scheint das mehrfach genannte Buch: Christian Sturms Betrachtungen der Werke Gottes in der Natur, nebst den aus den philosophischen Systemen der griechischen Weisen geschöpften Belehrungen zumeist sein Wegweiser auf dieser Bahn gewesen zu sein. Es wäre schwer, das Gegenteil zu behaupten, wenn man gesehen, wie er sich den betreffenden Inhalt jener Schriften zu innerem Leben zunutze gemacht hat.«

Als ein Argument gegen Schindler und einen Beweis von Beethovens Rechtgläubigkeit in den Grundsätzen der römisch-katholischen Kirche hat man die glühende Empfindung und die erhabene Andacht, welche in der Missa solemnis ausgedrückt ist, hervorgehoben; jedoch bildeten die Worte der Messe einfach einen Text, welcher ihm Gelegenheit gab, alle Mittel seiner Kunst zum Ausdrucke seiner religiösen Gefühle zur Anwendung zu bringen. Man sollte nicht vergessen, daß die einzige Messe, welche mit der Beethovenschen in D auf eine Stufe gestellt werden kann, die Komposition des entschiedenen Lutheraners I. S. Bach war, und daß das große epische Gedicht auf die christliche Dreieinigkeit von dem Arianer John Milton herrührte.

[197] Vielleicht wollte Schindler, daß seine Leser mehr zwischen den Zeilen lesen sollten, als deutlich ausgesprochen ist. Vielleicht wollte er sagen, daß Beethoven nicht an das Dogma der Dreieinigkeit geglaubt habe, und daß die Gottheit seines Glaubens ein persönlicher Gott, ein allgemeiner Vater gewesen sei, welchen seine Menschenkinder in Zeiten der Versuchung, der Not, der Sorge voll Vertrauen um Vergebung, um Hilfe und Trost anrufen könnten. Wenn dies Schindlers »Deismus« war, so kann der Verfasser unbedenklich versichern, daß alles auf diesen Gegenstand Bezügliche, was ihm bekannt geworden ist, Schindlers Ansicht bestätigt.

Beethoven hatte die Gewohnheit, in Augenblicken der Versuchung oder des Leidens kurze Gebete um göttliche Hilfe und Beistand niederzuschreiben, deren viele erhalten sind; aber weder in diesen noch in seinen Tagebüchern und Unterhaltungen findet sich irgend eine Andeutung, daß er an die Notwendigkeit eines Mittlers zwischen der menschlichen Seele und dem göttlichen Vater geglaubt habe. Aber es ist in denselben ein noch tieferes religiöses Gefühl, ein noch glühenderer Geist demütiger Hingebung, ein noch festeres Vertrauen auf die Güte und die Hilfe Gottes hervorgetreten, als Schindler darin gefunden zu haben scheint.

Fußnoten

1 Auch in der ersten Auflage des ersten Bandes dieses Buches S. 113ff. (in der Neubearbeitung umgestaltet).


2 »Der Abbé de Saint Pierre erzählt uns in seinen politischen Jahrbüchern: Ich erinnere mich von dem alten Segrais die Bemerkung gehört zu haben, daß die meisten jungen Leute beider Geschlechter in einer gewissen Zeit ihres Lebens, gewöhnlich um das 17. und 18. Lebensjahr, eine Neigung haben, sich von der Welt zurückzuziehen, Er hielt dies für eine Art der Melancholie, und nannte es humoristisch die Kinderblattern der Seele, weil kaum Einer unter Tausend diesem Anfall entgehe, Ich selbst habe diese Krankheit gehabt, habe jedoch keine Zeichen derselben behalten.« D'Israeli, Literar. Charact. K. 5.


3 Allg. Musik. Zeitung, 18. Jan. 1810.


4 Sie zählte neun und zwanzig, da sie 1779 geboren war.


5 Das soeben gebildete Schuppanzighsche.


6 Mauro G. Giuliani.


7 Die in C-Moll (Chaconne). Vgl. Bd. II2, 526.


8 Josephine Killitschgy. Vgl. S. 82.


9 Vgl. S. 70f.


10 Aus dieser Notiz scheint hervorzugehen, daß Clementi noch immer in Wien war (seit September; doch muß vielleicht statt dessen [Franz] Clement gelesen werden).


11 Nach Ries' Aussage machte Reichardt selbst ihm die Offerte (S. 126).


12 So lautet der Titel in den Katalogen; die Zeitschrift selbst haben wir nicht gesehen.


13 Die beste Nachricht über die Schwäche und das Sinken Stolls findet sich in Varnhagens »Denkwürdigkeiten«. Wir werden sehen, daß 1812 sich Oliva gegenüber Varnhagen bitter beschwert, daß Stoll ihm Beethoven entfremde.


14 Vgl. S. 61.


15 Vgl., was er (S. 1601.) am 2. November 1809 an Breitkopf & Härtel schreibt.


16 Wo sich das Original dieser Hymne findet, ist noch unerforscht; aber man vergleiche damit folgende Zeilen aus einer von H. Th. Colebrookes Übersetzungen aus dem Sanskrit:


»Nor Aught nor Konght existed; yon bright sky

Was not, nor heaven's loved works outstretched above

What covered all? what sheltered? what concealed?

Was it the water's fathomless abyss?

There was not death, – yet there was nought immortal.

There was no confine between day and night.

The only One breathed breathless by itself,

Other than It there nothing since has been,

Darkness there was and all at first was veiled.

In gloom profound, an ocean without light:

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Then first came love upon it.«


Der leitende Gedanke ist in beiden derselbe; der Unterschied der Ausdrucksweise. nicht viel – wenn überhaupt – größer als der zwischen französischen und deutschen Übersetzungen aus Shakespeare, oder zwischen verschiedenen englischen Übersetzungen aus Aristophanes.

Die Kompilatoren des sogenannten Tagebuches in Fischhoffs Mskr. übergehen einige wichtige Worte dieser Blätter, fügen aber andrerseits folgende Zeilen zu dem Hymnus hinzu:


»Durch deine Kraft entzückt, damit er furchtlos streb

Aufwärts in feurigem Schwunge. Denn du

Du weißt allein, du kannst allein begeistern.«


Dann geben sie zwei oder drei Seiten später noch folgendes: »Gebückt im Schattenwiger Einsamkeit, in undurchdringliches Dunkel des Dickichts, undurchdringlich, unzugänglich, unermeßlich, gestaltlos ausgebreitet. Ehe Geister waren eingehaucht, war nur sein Geist. Wie sterbliche Augen (um endliches zu vergleichen mit unendlichem) in lichte Spiegel schauen.«


17 Schindler, Bd. II, S, 162.


18 Wir nennen hier das 1301 in Berlin in deutscher Übersetzung erschienene Buch von Volney, »Ruinen«, ferner Dupuis »L'origine de tous les cultes«. In anderer Weise Priestly, »A general history of the Christian Church to the fall of the western empire«.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 3, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1911..
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