»Musikalische Baschkiren« und »Webergesellen«

[367] Unter den ersteren heben wir das schöne, für den Bassisten Gern geschriebene Lied (in Es dur) »Frei und froh mit munterm Sinn«, das Lied von Gubitz »Liebesglühen«, und das schöne, dreistimmige Lied »Heiße, stille Liebe schwebet«, als besonders bedeutungsvoll für die Entwicklung von Weber's Liedercomposition und als holde Produkte eines jener Spiele des Genius, dem es zuweilen gefällt, Veilchen und Genzianen im Treibhause zu ziehen, deren Entstehung in der von Thee, Philosophie, Righini und Singakademie imprägnirten Atmosphäre Berlins eben so launenhaft erscheint, wie jene Composition italienischer Canzonetten beim Besegeln der Schweizerseen und des[367] Rheins. Eben so tief wie die Einwirkung war, die Weber's geistige Individualität von Berlin mit hinweg nahm, wo, durch den Verkehr mit allgemein durchgebildeten Geistern, den er hier zum ersten Male genoß, seine ganze psychische Thätigkeit eine neue spirituelle, reflectirende Richtung erhalten hatte, war der Eindruck, den er bei dem Freundeskreise, der sich um ihn gebildet hatte und unwillkürlich den jungen, genialen Künstler als seinen Mittelpunkt zu betrachten gewohnt worden war, hinterließ. Knüpften sich doch, in Scherz und Ernst, Thätigkeit und Genuß, allenthalben die reichsten und wohlthuendsten Erinnerungen an die Zeit seines Verweilens in diesem Kreise, der im holden Unsinn des Geplauders beim geselligen Beisammensitzen lebensfroher Männer sich bald die »Musikalischen Baschkiren«, bald eine Versammlung von »Musik-Webergesellen« benannte und, beim Herannahen des Scheidens des Meisters, mit demselben einen Pakt schloß, daß er mit ihm durch Bulletins und Gegenbulletins für alle Zeit in naher Berührung bleiben wollte.

Wir werden weiter unten Gelegenheit haben, den frischen, humoristischen Ton, den diese seltene Gesellschaft in ihrem Verkehr anzuschlagen gewohnt worden war und den Weber in jedem Lebensalter, als den einzig echten und belebenden für solche Kreise, überall, wo er erschien, mit hinbrachte, durch Mittheilung eines der Bulletins, die Weber an seine »Baschkiren« erließ, zu charakterisiren.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 367-368.
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