Franz Anton von Weber stirbt. 16. April 1812

[357] Mitten in die Kämpfe um die Aufführung der »Sylvana« fiel, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, ein Brief Gottfried Weber's, der Carl Maria den am 16. April erfolgten Tod seines Vaters, Franz Anton, anzeigte. Der alte 78jährige Herr, der uns im Anfange dieses Werks so vielfach beschäftigt, dessen Einwirkung auf das Leben seines Sohnes wir so ausführlich verfolgt haben, hatte in seiner kleinen Wohnung zu Mannheim sein unruhiges Haupt, dessen mit den Jahren immer wunderlicher und von der Wirklichkeit abweichender werdende Gedankenschöpfungen die Plane des Sohnes oft gekreuzt und so häufig zu Steinen des Anstoßes auf den Pfaden desselben geworden waren, zur Ruhe gelegt. Im Herzen seines edeln Sohnes wohnte kein Gedanke an das, was an seinem Vater anders hätte sein können, er erinnerte sich nur seiner Liebe, der Pflege seines Talents und seiner bedeutsamen Eigenschaften. Er ruft in seinem Notizbuche aus: »Er soll ruhig entschlafen sein! Gott schenke ihm jenseits den Frieden den er hier nicht hatte. Es ist unendlich schmerzlich für mich daß ich ihm keine glücklichen Tage mehr bereiten konnte. Gott segne ihm alle die große Liebe, die er zu mir hatte und die ich nicht verdiente und die Erziehung, die er mir geben ließ. Requiescat in pace. – –«

Das Empfinden des Verlustes des theuern Todten und des letzten[357] Restes einer Heimathsangehörigkeit trat Weber zugleich fast überwältigend nahe. Er schreibt darüber an Rochlitz:


»Berlin den 25. April 1812.


– – Wenn ich Ihnen heute sehr zerstreut und abgerissen schreibe, so rechnen Sie dies nicht mir, sondern einem traurigen Ereignisse zu, das mich niederbeugt. Mit Ihrem Briefe zusammen erhielt ich die Nachricht von dem Tode meines geliebten Vaters, und so sehr ich bei einem 78jährigen Greise darauf vorbereitet war, so sehr hat es mich doch erschüttert. Ich stehe nun ganz allein. Und nur der Trost hin und wieder in eines Freundes Brust zu leben, hält mich aufrecht. Sie haben vollkommen recht, dies lange Umherschweifen macht schlecht, und so lange ich dies noch fühle ist es gut, aber leider giebt es erstlich nur diesen Weg sich schneller bekannt zu machen, und vielseitige Bildung zu erlangen, und zweitens ist es schwer für mich einen Wirkungskreis zu finden wo ich wahrhaft der Kunst zum Nutzen leben kann, denn mich blos füttern zu lassen ohne bedeutende Thätigkeit wäre mir unerträglich. Kommt Zeit, kommt Rath. Ich gehe ruhig meinen Weg, bin so fleißig wie möglich, und suche wenigstens mir keine Vernachlässigung oder Versäumung zu Schulden kommen zu lassen. Alles Uebrige empfehle ich meinem Stern. Mit meiner Sylvana geht es langsam, wie hier alles geht. Doch wird es gehen. etc.


Ihr

Weber.«

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 357-358.
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