Freundeskreis in Berlin

[349] Inzwischen hatte sich Carl Maria's Bekannten- und Freundeskreis durch Empfehlungen, die Geselligkeit im Beer'schen Hause, die »Singakademie« und »Liedertafel« u.s.w. ungemein schnell vergrößert. Der Prinz Radziwill, selbst Componist (Faust etc.) und guter Cellist, hatte ihn mit achtungsvollstem Entgegenkommen in seinem Hause, das, vermöge des Ranges seiner Gattin, das erste Berlins und dabei eine wahre Culturstätte guter Musik war, willkommen geheißen und sich geschmeichelt gefühlt, daß Weber auf seinen Rath das Adagio in seinem Quintett (B dur), welches bei dem Fürsten aufgeführt worden war, umgearbeitet hatte. Ferner trat Weber, unerwähnt einer Menge weitläufiger Beziehungen, in nähere Verbindung mit dem lebendigen, geistreichen Dilettanten, Justizrath Wollank, dem Componisten des »Alpenhirten«, mit dem jungen, 1811 engagirten Tenoristen Grell, dem tüchtigen Bassisten und fast noch bessern Schauspieler Gern, der Pianistin und Sängerin Gröbenschütz, den künstlerisch durchgebildeten Dilettanten-Sängerinnen Koch und Voitus, dem spätern Nachfolger Zelters in der Direktion der Singakademie, Rungenhagen, dem in Pankow auf reizender Besitzung lebenden reichen Kaufmann und gastfreien Musikmäcen Pierre Jordan, dem, damals mit der edeln Schwärmerin Elise von der Recke in Berlin lebenden, greisen Tiedge, der zu jener Zeit den Text zu der Oper Himmel's »Alexis und Ida« schrieb, Lauska, dem gereisten Manne, zierlichen Clavierspieler und guten Componisten, dem glühenden[349] Musikfreunde, Fabrikant Ludwig Hellwig, der im selben Jahre der Kunst zu Liebe sein Geschäft aufgab und, wenige Monate später, Domorganist wurde, dem bekannten noch lebenden Schriftsteller Gubitz, dem geistvollen Lazarethärzte und Componisten horazischer Oden, Flemming, den er ungemein lieb gewann und dem talentbegabten Buchhalter im Schickler'schen Bankgeschäft, Kielmann, ein glücklicher Liedercomponist und drolliger Fistelsänger. Alle diese ihm werth gewordenen Personen blieben jedoch seinem Herzen ferner als zwei Wesen, deren Freundschaft und Neigung sein Leben in Berlin mit dem ganzen Zauber der Liebe in verschiedener Form durchleuchtete.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 349-350.
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