Violinist Jennizeck, Kaufmann Zahn

[97] Da nun Carl Maria, trotz mehrfachen sachverständigen Abrathens, auf dieser Anordnung des Orchesters bestand, organisirte sich sehr bald in der Kunstgenossenschaft selbst und im Publikum eine Oppositionspartei, die, mit dem Violinisten Jennizeck und dem Kaufmann Zahn dem Jüngern an der Spitze, ihm das Leben in seinem Amte in Breslau weidlich sauer machten. Desto wärmer und inniger schloß sich der Kreis der Männer um ihn, die den hohen Werth des Jünglings erkennend, und seinen frischen Jugendmuth liebend, bald zu seinen wahren Freunden wurden.

Besonders traulich gestaltete sich bald die Beziehung zwischen Carl Maria und Berner, die gleich warme Liebe zur Kunst, aber auch gleicher Drang zum Lebensgenusse vereinte. Berner bewunderte Carl Maria's hervorragendes Talent und dieser schätzte seines Freundes Kenntnisse hoch, die er bei seinen Compositions-Arbeiten häufig zu Rathe zog. Berner, der Eingebürgerte, Hochgeachtete, hatte den jungen Kunstgenossen oft in Schutz zu nehmen, wenn nicht allein gegen seine Talente, sondern auch gegen seine Moralität und seinen Charakter, Stimmen überlaut wurden und that dieß mit einer Wärme und einem Eifer, der einen Mißklang in manche gute Beziehung brachte, in der er bisher zu angesehenen Männern gestanden hatte.

Als später Weber eigne Produkte vorzuführen begann, kam er auch den Musikern und gelehrten Dilettanten gegenüber in eigenthümliche Lagen, die dem Beifalle, mit dem das Publikum meist die Werke aufnahm, ein Heer kritischer Bedenken entgegenstellten und über Wagnisse und Gewaltsamkeiten und Verstöße mancher Art sich ereiferten oder die Achseln zuckten.

»Als wollt ihr,« rief dann Berner. »Auf diesen Menschen kann niemand böse werden, mag er auch mit dem Contrapunkte manchmal[97] sich keinen Rath wissen; er macht durch eine neue, schöne Melodie Alles gut.«

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 97-98.
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