Lied im Arrest geschrieben

[135] Wer es weiß, was dieß damals zu sagen hatte, wie es meist gleichbedeutend mit Kerker und Mißhandlung war, den wird es Wunder nehmen, daß Carl Maria in seinem Arreste Seelenruhe genug behielt, sich mit Musik zu beschäftigen, das verstimmte Clavier, da ihm der Stimmhammer gebrach, mit einem Stubenschlüssel mühsam zu stimmen und sogar am 14. Oct. 1808, das schöne Lied: »Ein steter Kampf ist unser Leben« zu schreiben, das später bei Simmrock erschienen ist. Das Gewitter zog indeß an ihm vorüber, es gelang dem Einflusse des Herzog Ludwig ihm Verzeihung zu erwirken, doch blieb ihm der König stets sehr abgeneigt, wie er später zu seinem Nachtheile erfahren sollte. Carl Maria fand indeß, in leichtfertiger junger Männer Weise, Mittel, den König, wie er meinte, ohne Gefahr für sich selbst, durch manchen Aerger zu foppen. Er flocht nämlich in die Briefe des Herzog Ludwig an den König, die er zu concipiren hatte und die der Prinz selten wieder durchlas, alles ihm Zugängliche und Passende, von dem er wußte, daß es den König ärgere, ein und regte diesem die Galle oft genug dadurch auf. Leider war der König ein zu kluger Kopf, um nicht bald den eigentlichen Schreiber der Briefe seines Bruders zu erkennen und im Stillen geschah daher von höchster Hand mancher Schnitt in des jungen Geheimsecretärs Kerbholz.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 135.
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