Dienst bei der katholischen Hofkirche und an der königlichen Tafel

[124] Das Schlimmste dabei war, daß in diese Zeit, wie eben erwähnt, keine definitive Bestallung als königl. Capellmeister fiel und er nun, nach Morlacchi's Abreise, den vollen Dienst in der katholischen Hofkirche und bei der königlichen Tafel mit überkam, den bisher für ihn der Compositeur Schubert gethan hatte. Welchen Belang an Arbeitskraft der erstere Dienst aber in Anspruch nahm, das geht aus der Ordnung der Kirchenmusiken in der katholischen Hofkirche hervor. Diese fanden alle Sonn- und Festtage früh 11 Uhr zum Hochamte, unter Mitwirkung des größten Theils der Capelle, und Nachmittags um 4 Uhr an demselben Tage statt. Außerdem war alle Sonnabend und an jedem Fest-Vorabende Nachm. 4 Uhr Vesper und an den drei Tagen vor dem Feste »Christi Himmelfahrt« früh 11 Uhr sogenannte »Erndt-Musik«. Hierzu kam noch das gesungene musikalische Miserere von Aschermittwoch bis Dienstag in der Charwoche, Sonnabends Litanei und Sonntag Vesper; am Kirchenfeste aber Completorium.

Hieraus ergiebt sich, daß die Kirchenmusik den Dienst eines eifrigen, einzigen Capellmeisters weit über 150 Mal im Jahre in Anspruch nahm.

Die später abgeschaffte, von der Capelle geleistete, von dem Capellmeister selbst dirigirte Tafelmusik, bei der die besten Vokal- und Instrumentalkräfte, unter dem Klappern der Teller und Gläser, dem Geplauder der Tafelgenossen, wirken mußten, nahm die Thätigkeit weniger in Anspruch, mußte aber, zu großer Beschwerde der Mitwirkenden, in voller Hoftracht ausgeführt werden.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 124-125.
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