Thieraufzug und Scherze zur Feier des 19. Novembers

[267] In besonders heitrer Weise gestaltete sich die Feier des 19. Nov., den Weber, wie erwähnt, für sein und seiner Gattin gemeinschaftlichen Geburtstag hielt. Am Morgen schon trat ein grotesker Lilliputanerzug zu ihm in's Zimmer. Der große Jagdhund war von Carolinen, die darin ungemein viel Humor und Geschick entwickelte, zu dessen großem Unbehagen, in einen Elephanten mit Rüssel und Ohren maskirt worden, der als Decken seidne Taschentücher brachte. Nebenher schlich, tief eingebogenen Kreuzes, die alte graue Lieblingskatze als Esel, statt der Säcke ein Paar Hausschuhe über dem Rücken, und hintendrein hüpfte, höchst possirlich mit Reifrock und Federhut angethan, der Affe Schnuff, die Hände in einem großen Wachsstocke, der ihm als Muff diente. Der Aufzug erregte die höchste Heiterkeit Weber's. Die heitere Stimmung durchwob die Feier des ganzen Tages mit tausend Kindereien und als sich am Abend zur Tafel, zu Carolinens Schrecken, viel ungeladene glückwünschende Gäste einfanden, bestand Weber darauf, daß, um selbst die Langeweile der allbekannten Namen zu beseitigen, jeder einen Treffnamen führen solle, den er selbst gab. Wer Jemanden mit einem andern als diesen Namen nannte, hatte schwer auszulösende Pfänder zu geben oder es wurde ihm die Nase mit Ziegelmehl roth geschminkt, oder mit angebranntem Kork ein Schnurrbart gemalt.

So hieß Gerstäcker: Dieß Bildniß ist bezaubernd schön.

Der sehr hastige Sänger Wilhelmi: Schußbartl.

Rothe: Don Clarinetto.

Frau Wilhelmi: Sie macht ihn solid.

Miksch: Gurgelreinigungsmeister.

Bergmann: Tenoro der Xliche.[267]

Der Sänger Mayer: Hoch soll ich, tief kann ich.

Frau Gerstäcker: Tenorhälfte.

Frl. v. Biernatzka: Die schnupfende Jungfrau.

Frl. v. Hanmann: Frl. Hübscherl.

Herr v. Hanmann: Das wandelnde Geheimniß u.s.w.

Bei der Schwierigkeit diese Namen zu behalten und auszusprechen, entstand natürlich eine babylonische Sprachverwirrung und ein Durcheinanderschreien, das Weber gerade recht war. Er ließ dann »Riesen nießen«, gab die tollsten Aufgaben für die Pfänderauflösungen und war nie vergnügter, als wenn Stunden lang kein vernünftiges Wort mehr gesprochen, sondern nur gelacht und Unsinn geplaudert wurde. Er kam dann sogar dahin, sich als »Athlet« zu zeigen, was, bei seiner gebrechlichen Gestalt, höchst komisch aussah, indeß verstand er bei der großen Muskelkraft, die das Clavierspielen in seinem Unterarme entwickelt hatte; doch ein gymnastisches Kunststück, das ihm wenige starke Männer nachmachen konnten. Er faßte nämlich mit der Hand ein feststehendes Meuble und legte dann den ganzen Körper horizontal auf das Ellenbonengelenk, so daß er vollständig auf dem Unterarme schwebte.

So harmloser Scherze wurde der Componist des »Freischützen« von Herzen froh!!

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 267-268.
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